Fundbüro:Start-up will verlorene Schlüssel zurückbringen

Fundamt

Fundbüro 1.0: Verlorene Schlüssel an der Wand des Fundamts in Bremen

(Foto: Carmen Jaspersen/dpa)

Aufkleber und Anhänger sollen den Gang zum Fundbüro sparen: Zwei Gründer hatten Handys und Schlüssel verloren und ein System gebaut, um das Problem zu lösen. Auf einer Webseite können Finder nun nachschauen, wie viel Belohnung bei einer Rückgabe winkt.

Von Stefan Weber, Köln

Das Schönste sind die Dank-Mails. Wenn wieder einmal jemand überglücklich ist, dass er den verlorenen Schlüssel wiederhat. Oder das Handy mit Hunderten Kontaktdaten und persönlichen Bildern. Einmal, so erzählen Thomas Ott und Christoph Kind, beide 28, habe ihnen jemand sogar eine große Tüte Gummibärchen ins Büro geschickt - als Dankeschön für ihre Hilfe bei der Wiederbeschaffung einer abhanden gekommenen Mappe.

Die beiden Kölner betreiben ein Fundbüro. Keines der üblichen, meist städtischen Einrichtungen, bei denen in jedem Jahr mehrere tausend herrenlose Gegenstände abgegeben werden. Regenschirme, Taschen, Schlüssel, Jacken, Handys - was eben so verloren geht auf Bahnsteigen, Schwimmbädern oder Taxis und nur selten den Weg zurückfindet zum Eigentümer.

Ott und Kind haben ein System entwickelt, bei dem Verlierer ihre Wertgegenstände sehr viel schneller und mit sehr viel größerer Wahrscheinlichkeit zurückerhalten. Ein Fundbüro 2.0 sozusagen. Das funktioniert so: Die Jungunternehmer verkaufen Aufkleber und Anhänger, die mit einer individuellen Kennung versehen sind. Diese Buchstaben- und Ziffernkombination registriert der Nutzer auf einer speziellen Website (www.bringmeback.de) und legt zudem einen Finderlohn fest, für den Fall, dass ihm der Gegenstand einmal abhanden kommt.

In dem Fall kann der mögliche Finder via Internet den Besitzer identifizieren und er sieht sofort, welche Belohnung ihm bei der Rückgabe winkt. In einem Chat-Dialog können beide Seiten dann das weitere Vorgehen vereinbaren. Bezahlt wird nur einmal: Beim Kauf der Bring-me-back-Produkte.

Damit sind nach Ansicht von Ott die beiden höchsten Hürden überwunden, weshalb einmal verlorene Schlüssel oder Handys oft verloren bleiben. "Zum einen können die Sachen niemand zugeordnet werden. Zum anderen fehlt für den Finder der Anreiz, den Verlierer ausfindig zu machen."

Die Gründer sagen: viele Teile werden zurückgebracht

Die Erfolgsquote herkömmlicher Fundbüros beträgt weniger als 20 Prozent. Das heißt, noch nicht einmal jeder fünfte verlorene Gegenstand findet auf diesem Weg zum Eigentümer. Bei ihrem System dagegen, so behaupten Ott und Jung, bekämen Verlierer in neun von zehn Fällen ihre Sachen zurück. Zumindest zeigte das ein Test, den die Firmengründer durchführten: Fast alle der von ihnen im Stadtgebiet von Köln absichtlich liegen gelassenen - und mit einer Kennung von Bring me back versehenen - Wertgegenstände wurden zurückgegeben.

Eigene leidvolle Erfahrungen mit verlorenen Handys und Schlüsseln hatten die beiden Jungunternehmer vor zwei Jahren auf die Idee gebracht, nach neuen Wegen zu suchen, wie Verlierer ihre Sachen mit hoher Wahrscheinlichkeit zurückerhalten. Kind, gelernter Fachinformatiker mit einem Bachelor-Abschluss in Informatik, brachte das technische Rüstzeug mit. BWL-Student Ott kannte sich mit Zahlen aus und kümmert sich nun vor allem ums Marketing. Tipps und Hilfestellung bekommen die Jungunternehmer bis heute auch aus ihrer Nachbarschaft. Bring me back hat seinen Sitz im Entrepreneurship Center in Köln. Dort teilen sich Kind und Ott Besprechungsräume, Kopierer und Kaffeemaschinen mit Mitarbeitern anderer Start-ups. Das drückt die Kosten.

Das Geschäft floriert. Vor allem, seit die Idee des modernen Fundbüros vor mehr als einem Jahr in der Sendung Galileo, dem Wissensmagazin des Fernsehsenders Pro Sieben, vorgestellt wurde, hat die Nachfrage nach Aufklebern und Anhängern bundesweit stark zugenommen. Mehr als 15 000 Nutzer sind bei Bring me back registriert. Jeder von ihnen hat im Durchschnitt 1,3 Gegenstände auf der Website eingestellt. Meist sind das Handys und Schlüssel, die Klassiker unter den am häufigsten verlorenen Gegenständen. Für deren Wiederbeschaffung haben die Eigentümer meist Summen von 25 Euro bis 100 Euro ausgelobt. Auch Computer und Taschen werden oft mit einer Kennung des Internet-Fundbüros ausgestattet. Kuriosestes Produkt ist derzeit ein Gleitschirm. Den höchsten Finderlohn aber gibt es für einen Aktenordner: Dessen Wiederbeschaffung ist dem Eigentümer 10 000 Euro wert.

Ott und Kind haben die Vision, möglichst viele Wertgegenstände schon beim Kauf mit individueller Kennung auszustatten. Uhren und Schmuck zum Beispiel. Oder auch Fahrräder. Das Geschäft mit Privatkunden, die sich beispielsweise für 5,95 Euro einen Schlüsselanhänger kaufen, ist für die Jungunternehmer nur Beiwerk. "Daran verdienen wir nichts", betont Ott. Das besondere Augenmerk von Bring me back gilt der Zusammenarbeit mit Firmen. Denen bieten sie Marker in individuellem Design an. In den jeweiligen Hausfarben oder mit einem speziellen Aufdruck. Für Versicherungen oder Immobilienmakler beispielsweise seien solche Schlüsselanhänger ein interessantes Werbemittel, meint Kind. Auch wollen die Kölner ihr Produkt künftig stärker als Geschenkartikel vermarkten. Dass sich das lohnen kann, haben sie im vergangenen Jahr in den Wochen vor Weihnachten erlebt. "Da haben wir an der Kapazitätsgrenze gearbeitet", erinnert sich Ott. Angst vor Konkurrenz haben die beiden Jungunternehmer nicht. "In jedem Jahr kommen fünf bis zehn ähnliche Ideen auf den Markt und verschwinden auch wieder", meint Kind.

Die Fertigung der Produkte übernehmen Partnerfirmen - "aus Deutschland", wie die Gründer betonen. Finanziert haben sie den Aufbau ihrer Firma zunächst aus eigenen Ersparnissen; später hat ein Investor eine stille Einlage geleistet. Ist Bring me back profitabel? Bei dieser Frage schmunzeln die Firmeninhaber. Sie verraten aber nur so viel: "Wir verdienen damit Geld."

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