Folgenreiche E-Mail-Panne:Wie das "Kürschnergate" den Bundestag lahmlegte

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Sie klickte nur auf "Allen antworten" - und brachte damit beinahe die Mailserver des Bundestags zum Zusammenbruch. Wie eine Mitarbeiterin der Grünen mit ihrer Freude über das neue Bundestagshandbuch zum Internet-Phänomen wurde.

Johannes Kuhn

Screenshot eines E-Mail-Postfachs während des Kürschnergates (Screenshot @hildwin, (http://blog.hildwin.de) (Foto: Screenshot @Hildwin, CC)

Am Mittwoch hat die freundliche Lobbygruppe "Digitale Gesellschaft" ihre Broschüre "Wie das Internet funktioniert" vorgestellt, die sie auch an alle Bundestagsabgeordneten verteilen möchte. Die interessieren sich aber mehr für den "Kürschner", ebenso wie das Netz.

Der "Kürschner" (auch liebevoll "Bundestagsbibel" genannt) ist ein papiernes Politikadressbuch und scheint ein phantastisches Werk zu sein, denn die E-Mail-Postfächer im Bundestag quollen heute vor Nachrichten mit dem Betreff "Kürschners Handbuch Gesetzliche Grundlagen, Geschäftsordnungen" beinahe über.

Die Kurzfassung, wie es zu der liebevoll mit dem Hashtag #Kürschnergate versehenen Mailüberflutung kam: Die Bundestagsverwaltung machte in einer Rundmail an alle Bundestagsverteilerlisten (ja, alle!) darauf aufmerksam, dass der neue Kürschner erschienen sei. Einzig: Die Verteilerlisten, die etwa 4000 Empfänger erreichen, standen im Cc.

Poetische Worte, große Reaktionen

Das Eintreffen der Bundestagsbibel beseelte die Mitarbeiterin einer Grünen-Abgeordneten so sehr, dass sie den poetischen Satz "Liebe Britta, wenn Ihr Euch eindeckt, bringt Ihr mir eins mit?" verfasste. Und auf "Allen antworten" klickte.

Da keine Massenmail ohne eine besserwisserische Antwort auskommt, meldete sich kurz darauf ein weiterer Mitarbeiter zu Wort. Per E-Mail verschickte er einen Hinweis auf " Goldene Regeln für schlechte E-Mails" und kurze Erläuterungen zur "Antworten an alle"-Funktion (an alle). Woraufhin sich schnell eine lebhafte Kürschner-Diskussion entspann (alle an alle), die bald den Weg zu Twitter fand.

Grüße an die Mutter

Ob Grüße an die Mutter, Nonsens-Wetterberichte, Vorschläge zum Ausdruck der Mail-Konversation oder empörte Bitten, aus dem Verteiler gelöscht zu werden (natürlich "an alle" gesendet) - im Bundestag wurden fleißig Mails verschickt. Zumindest, bis die IT-Abteilung sich in einer Mail (an alle) beschwerte, man solle doch nur dienstliche E-Mails schreiben, das Mailsystem bekomme bereits Schluckauf.

Der "Kürschner" kann übrigens auch von Normalsterblichen kostenlos online bestellt werden, wir erwarten ihn in der kommenden Woche auf der Spiegel-Bestsellerliste. Und die Mitglieder der "Digitalen Gesellschaft" haben sich wahrscheinlich gerade zusammengefunden, um ihre Broschüren "Wie das Internet funktioniert" mit dem Sticker "Inklusive ausführlichem E-Mail-Ratgeber" zu bekleben.

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