Flachbildfernseher:"Bunte Fische sind kein Qualitätskriterium"

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Das Trendthema der Funkausstellung: superflache TV-Geräte. Isabella Eigner von Stiftung Warentest erklärt, worauf Kunden achten sollten - und wieso sich das Warten auf Weihnachten lohnt.

Johannes Kuhn

Sueddeutsche.de: Die Hersteller bringen ständig neue, immer größere Flachbildfernseher auf den Markt. Bedeutet "größer" auch "besser"?

Isabella Eigner: Mehr Größe bedeutet nicht gleichzeitig ein besseres Bild, obwohl das im Geschäft oder auf der IFA natürlich oft beeindruckend aussieht. In unseren Tests gab es in allen Größengruppen gute, befriedigende und schwache Modelle. Allerdings ist es tatsächlich so, dass bei unserem letzten Test die ganz kleinen Flachbildfernseher mit 51 Zentimeter Diagonale alle etwas schlechter abgeschnitten haben, meist hatten sie einen schlechteren Ton, ein schlechteres Bild oder waren nicht so gut ausgestattet. Sie eignen sich inzwischen eher als Zweitgeräte, statt als Familienfernseher.

Sueddeutsche.de: Worauf muss ich beim Kauf von Flachbildfernsehern achten?

Eigner: Erst einmal ist es wichtig, das Gerät auf das eigene Wohnzimmer abzustimmen. Der Abstand zum Fernseher, so die Faustregel, soll bei normalem Pal-Empfang der fünf- bis siebenfachen Höhe des Geräts entsprechen. Bei einem Fernseher mit 80 Zentimeter Diagonale wären das also mindestens drei Meter Abstand, bei 106 sind wir da schnell bei vier Metern. So viel Platz gibt es nicht in jedem Wohnzimmer. Bei hochauflösendem Fernsehen darf der Abstand geringer sein, bei 80 Zentimeter Diagonale rund 1,80 Meter.

Sueddeutsche.de: Wie kann ich im Laden Schwächen von bestimmten Modellen entdecken?

Eigner: Die tollen Clips, die Sie auf den Fernsehern im Laden sehen, sagen nichts über die Qualität aus. Ob bunte Fische im Aquarium oder Models vor einem griechischen Dorf: Diese Videos sind aufwendig produziert und sehen entsprechend toll aus. Deshalb ist es wichtig, sich ein Signal auf den Wunschfernseher legen zu lassen, das meinem Signal daheim entspricht. Habe ich analoges Kabelfernsehen oder DVB-T-Antennenfernsehen, hilft es nicht, mir ein HD-Programm anzusehen. Nehmen Sie sich eine DVD mit, die sie kennen, eine Szene, die Sie sich vorher bewusst angesehen haben. Die kann man sich dann auf ein paar Fernsehern zeigen lassen, zum Beispiel sagen dunkle Szenen in Thrillern viel über die Qualität des Kontrastes aus - viel mehr als die Angaben im Prospekt.

Sueddeutsche.de: Wie erkenne ich, ob die Farben in Ordnung sind?

Eigner: Eine andere Möglichkeit wären Gesichter, die man kennt: Hat der Nachrichtensprecher einen Rotstich oder sieht er aus, als wäre ihm schlecht, sollten Sie lieber die Finger vom Gerät lassen. Sehen Sie sich den Bildschirm von verschiedenen Positionen an, einige Flachbildfernseher hatten in unseren Tests nur sehr kleine Betrachtungswinkel - das bedeutet, dass bei fünf Zuschauern auf dem Sofa die beiden äußeren eventuell ein falschfarbiges Bild sehen. Versuchen Sie gleichzeitig, die Position ihres Fernsehsessels zu simulieren - wenn der zuhause schräg zum Gerät steht, hilft im Geschäft der Blick aus der Frontale wenig.

Sueddeutsche.de: Was bedeuten Siegel wie "HD ready" oder "Full HD"?

Eigner: HD-ready ist in dem Sinne kein Gütesiegel. Es ist nur das Label der europäischen Industrie. Es bedeutet: Ein Gerät, dass dieses Label trägt, kommt mit hochauflösenden Bildquellen zurecht. Es bedeutet aber nicht, dass es gut damit zurecht kommt. Full HD ist momentan nichts anderes als eine werbewirksame Abkürzung dafür, dass ein Gerät die höchstmögliche Auflösung von 1920 x 1080 Bildpunkten meistert. Das sollte aber nur ein Kaufgrund sein, wenn der Kunde hochauflösendes Fernsehen guckt, also ein Premiere HD-Abonnement hat, spezielle Sendungen bei Pro Sieben oder Sat. 1 sieht oder einen Blu-ray- oder HD-DVD-Player besitzt. Erhält er sein Fernsehsignal im herkömmlichen Pal-Format, wird das Bild sozusagen aufgeblasen - da kann das vielgelobte Bild dann sogar schlechtere Qualität haben. Letztlich sagen mir Stichworte wie "100 Hz-Technologie" oder "Full HD" vor allem, dass ein Gerät nicht älter als ein halbes Jahr ist, dass also dabei neueste Technologien umgesetzt wurden.

Sueddeutsche.de: In den Modellen, die auf der IFA vorgestellt werden, sind Satelliten- bzw. DVB- T-Tuner meist in die Fernseher integriert, immer öfter gehören auch digitale HD-Festplattenrekorder zur Ausstattung. Was hat der Kunde davon?

Eigner: Generell ist es immer praktisch, wenn ein Fernseher mehrere Geräte integriert. Bei DVB-T-Boxen haben unsere Tests gezeigt, dass Fernseher mit integrierten Boxen eine bessere Bildqualität lieferten als über separate Boxen. Gleichzeitig besteht natürlich immer eine Gefahr bei All-in-One-Geräten: Hapert es an einer Stelle, muss der ganze Fernseher zur Reparatur. Geräte mit drei Tunern, also DVB-T, DVB-S-Satellitenbox und Kabelbox, sind vor allem für Menschen praktisch, die öfter umziehen und bei ihrem Empfang flexibel bleiben möchten. Die meisten Zuschauer werden sich wahrscheinlich auf eine Empfangsart beschränken. Bei Festplattenrekordern stellt sich beim Fernsehkauf auch die Frage, wie viel ich aufnehmen möchte. Der Speicherplatz geht mit 80 Gigabyte los, der nächste Schritt liegt schon bei 160.

Sueddeutsche.de: Wie werden sich die Preise entwickeln?

Eigner: Wenn eine Firma ein neues Modell auf den Markt bringt, sinken die jeweiligen Vorgängermodelle erheblich im Preis. Das können schon einmal um die 300 Euro oder mehr sein. Deshalb lohnt es sich, beim Händler nachzufragen, ob er noch Vorgängermodelle auf Lager hat. Weiter als ein Jahr zurückzugehen ist jedoch gefährlich - damals waren die Flachbildfernseher technisch noch nicht so ausgereift. Der Trend geht zu größeren Diagonalen und einer höheren Auflösung, also werden die mittelgroßen Modelle um 26 bis 37 Zoll wohl billiger werden. Zum Weihnachtsgeschäft könnten schon wieder die Nachfolgemodelle zu den jetzt vorgestellten Geräten angekündigt werden - und das drückt den Preis. Es dürfte sich also im Dezember durchaus einmal lohnen, nachzufragen was aus den IFA-Modellen geworden ist.

Isabella Eigner ist Fachredakteurin im Ressort "Bild+Ton" der Zeitschrift "test" bei der Stiftung Warentest. Sie schreibt unter anderem über die Tests von Flachbildfernsehern, TV-Empfängern oder MP3-Spielern.

(sueddeutsche.de)

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