Fitness-Apps:Datenschleuder am Handgelenk

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So manchem, der erst fröhlich seine Körperdaten hat erfassen lassen, kommen später Zweifel, was eigentlich mit diesen Daten geschieht. (Foto: PR)
  • Aus den über Gesundheit- und Fitnesstracker gesammelten Körperdaten werden erst von Apps sinnvolle Aussagen errechnet.
  • Datenschützer warnen davor, die sensiblen Daten leichtfertig an Krankenkassen weiterzugeben.

Von Helmut Martin-Jung

Na, gut geschlafen? Früher waren es vielleicht die Ringe unter den Augen, die das schnell hingeworfene "ja, klar" als Lüge entlarvten. Heute ist man weiter: Kleine elektronische Geräte, die am Arm getragen werden, sind nicht bloß in der Lage zu messen, ob die Nacht ruhig und erholsam war oder unruhig. Mehr und mehr Menschen wollen auch immer mehr Daten ihres Körpers erfassen. "Habe ich mich genug bewegt, bin ich die Jogging-Runde schneller gelaufen als vergangene Woche? Und wie war die Herzfrequenz an dieser verfluchten Steigung?"

Brustgurte, die den Herzschlag erfassen können, gibt es schon länger, doch erst seit Smartphones mit ihren Sensoren verfügbar sind und seit es die kleinen Fitness-Tracker fürs Handgelenk gibt, wurde die Erfassung der Körperdaten zum Massenphänomen. Die Hardware zu bauen, ist mittlerweile keine große Herausforderung mehr. Die Bewegungssensoren etwa, winzige elektronische Bauteile, sind billig und werden in Massenproduktion gefertigt. Die Tracker erfassen den Herzschlag, registrieren Bewegungen und Beschleunigung. Manche können auch vor UV-Strahlung warnen oder haben bioelektrische Fühler.

Ein schmaler Grat zwischen witzig anspornen und auf die Nerven gehen

Aus den Rohdaten der Sensoren müssen aber sinnvolle Aussagen errechnet werden. Das ist ein Grund, warum der Software, meist in Form begleitender Apps für Smartphones, hohe Bedeutung zukommt. Ein anderer hat mit dem Silvester-Problem zu tun. Anfänglich haben die meisten wie zum Jahreswechsel gute Vorsätze und sind begeistert von ihrem Sensor-Armband. Doch nach einer Weile lässt bei vielen der Elan nach.

Die Euphorie des Anfangs zu erhalten, sieht man daher bei Jawbone als wichtigste Aufgabe an. Jawbone, eine Firma aus San Francisco, die unter anderem Fitness-Tracker herstellt, legt sehr viel Wert darauf, die Nutzer über die Begleit-App fürs Smartphone immer wieder anzusprechen und zum Weitermachen zu motivieren - ein schmaler Grat zwischen möglichst witzig anspornen und auf die Nerven gehen. Übertreibt es die App, kann das schnell aufdringlich wirken und - zack! - wird das Programm gelöscht und das dazugehörige Band schlummert in einer Schublade.

Daten dem Arzt oder der Krankenkasse zur Verfügung stellen

So manchem, der erst fröhlich seine Körperdaten hat erfassen lassen, mögen aber auch Zweifel gekommen sein, was eigentlich mit den erfassten Daten geschieht. Zwar glauben einer Allensbach-Umfrage zufolge 42 Prozent der Deutschen, dass es hilfreich sein könnte, Gesundheitsdaten von Messgeräten am Körper direkt zum Arzt zu übertragen und etwa ein Drittel kann sich auch vorstellen, der Krankenkasse einige dieser Daten zur Verfügung zu stellen - um so einen günstigeren Tarif zu erhalten.

Doch ebenso viele fürchten, dass mit den Daten nicht sorgfältig umgegangen wird. Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Andrea Voßhoff, warnt davor, über Fitness-Apps der Kassen Daten an diese zu übermitteln. Gegen die kurzfristigen finanziellen Vorteile stünden langfristig Gefahren. Und der EU-Datenschutzbeauftragte Giovanni Buttarelli fordert die Industrie dazu auf, in den Produkten Datenschutz schon per Design vorzusehen.

© SZ vom 07.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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