Falschmeldungen bei Wikipedia:Freiheit braucht Korrektur

Was Wikipedia-User texten, wird kaum kontrolliert. Nach dem Willen des englischsprachigen Wikis soll es damit nun vorbei sein.

David Steinitz

Wer hat John F. Kennedy ermordet? Nach Wikipedia war der amerikanische Autor und Journalist John Seigenthaler Sr. an dem Mord beteiligt - zumindest hatte dies ein Nutzer der Internet-Enzyklopädie in den Artikel über Seigenthaler geschrieben.

Falschmeldungen bei Wikipedia: 60 Millionen Amerikaner besuchen Wikipedia - im Monat.

60 Millionen Amerikaner besuchen Wikipedia - im Monat.

(Foto: Foto: ddp)

Dieser Zwischenfall löste 2005 eine heftige Diskussion über die Verantwortung von Wikipedia für seine Einträge aus. Denn die Reichweite des Internet-Lexikons ist immens: In den USA besuchen monatlich 60 Millionen Amerikaner die Seite.

Die Grundidee war ursprünglich, dass sich jedermann am wachsenden Wissen der Enzyklopädie beteiligen kann. Das führte nicht selten zu Falschbehauptungen, die oft von verschiedenen Medien aufgegriffen und weiterverbreitet wurden.

Deshalb wird das englischsprachige Wikipedia das uneingeschränkte Schreiben jetzt stärker regulieren, wie das in Deutschland schon seit vergangenem Jahr der Fall ist. Wie die New York Times berichtete, wird auch in der englischen Fassung, die dreimal so viele Einträge enthält wie die deutsche, das Überprüfen durch Lektoren in sogenannten flagged revisions notwendig, bevor ein Artikel veröffentlicht wird. Das hat die gemeinnützige "Wikimedia-Foundation" in San Francisco jetzt beschlossen.

Diese Lektoren, von denen es in Deutschland nahezu 7500 gibt, sind genau wie die Wiki-Autoren Freiwillige, aber regelmäßige und geübte Nutzer. Allerdings entfernt sich Wikipedia mit dieser Maßnahme deutlich von seinem Gleichheitsprinzip und teilt die Nutzer in eine Zwei-Klassen-Gesellschaft ein: in vertrauenswürdige und nicht vertrauenswürdige Autoren.

Vor allem die Frage nach den Auswahlkriterien für die Lektoren ist offen und wird mit Sicherheit auf der in dieser Woche in Buenos Aires stattfindenden "Wikimania"-Konferenz heiß diskutiert werden. Vor allem lebende Personen sollen vor Missbrauch geschützt werden. Wobei gerade der Tod einen wahren Ansturm auf Wikipedia auslösen kann: Der Eintrag über Michael Jackson ist seit seinem Ableben mehr als 30 Millionen Mal aufgerufen worden, allein sechs Millionen Mal in den ersten 24 Stunden nach seinem Tod.

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