Facebook:Der nächste Skandal ist nur eine Frage der Zeit

Das Facebook-Logo aus Binärdaten dargestellt.

Mark Zuckerberg hat sich mit Verspätung für den Datenmissbrauch durch Cambridge Analytics entschuldigt. Dennoch kommt Facebook nicht aus den negativen Schlagzeilen.

(Foto: REUTERS)

#DeleteFacebook? Mit einem simplen Klick lässt sich das Netzwerk längst nicht mehr entfernen. Datenmissbrauch ist Teil des Systems.

Von Michael Moorstedt 

Der Missbrauch von Facebook-Nutzerdaten durch die britische Politikberatungsfirma Cambridge Analytica war erwartbar, und ähnlich erwartbar sind die Reaktionen. Viele Medien liefern Handreichungen, die den Datenfluss eindämmen sollen. Hartgesottene nehmen den Hashtag #DeleteFacebook, löscht Facebook, wörtlich - nicht ohne ihr Vorhaben genau dort ein allerletztes Mal kundzutun.

Die große Mehrheit der Nutzer aber macht weiter wie bisher, und Facebook-Gründer Mark Zuckerberg führt die übliche Choreografie des Ertappten auf: leugnen, verharmlosen, einlenken, aber nur ein bisschen.

Mit einem simplen Klick lässt sich Facebook ohnehin nicht mehr entfernen. Viel zu tief hat sich das Netzwerk in der Infrastruktur des Web verankert. Plug-ins auf so gut wie jeder Website können den Nutzer auch dann verfolgen, wenn er sich zuvor bei Facebook ausgeloggt oder gar abgemeldet hat.

Man müsste sämtliche URLs, die über einen oder mehrere Schritte mit Facebook zu tun haben, per Hand am eigenen PC blockieren, um wirklich zu gewährleisten, dass die Spuren im Netz nicht mehr nachzuvollziehen wären. Eine Gruppe von Datenschutzaktivisten hat sie auf der Code-Plattform Git Hub zusammengetragen. Es dauert lange, bis man an ihr Ende ankommt, insgesamt sind es mehr als 1400 unterschiedliche Adressen.

Mehr als zwei Drittel aller Apps geben Nutzerdaten an Dritte weiter

Und warum bei Facebook haltmachen? Der Handel mit Nutzerdaten ist das Geschäftsmodell im Netz. Mehr als zwei Drittel aller Smartphone-Apps geben private Nutzerdaten an Dritte weiter. Der Datenmissbrauch sei kein Fehler des Systems, sondern vorgesehen, schreibt deshalb Ethan Zuckerman, Direktor des Civic Media Centers am MIT.

Nichts beweist diese Tatsache wohl besser als die Geschichte von Ian Bogost. Der Autor und Videospieldesigner hatte vor Jahren ein simples Facebook-Spiel namens Cow Clicker veröffentlicht und bekam so Zugang zu Hunderttausenden Facebookprofilen. Eigentlich war das Spiel ein Protest gegen schlichte Klickorgien wie die Landwirtschaftssimulation Farmville. Doch konnten deren Anbieter nicht anders, als Nutzerdaten zu speichern, denn Facebook verschärfte die Überprüfungsprozesse für externe Apps erst später, schreibt Bogost. Informationen über E-Mail-Adressen und andere Profildaten wurden ungefragt automatisch mitversandt. Sind die Daten erst irgendwo gespeichert, hat Facebook weder die Macht noch die Mittel, sie zu löschen. Auf ähnliche Weise kam auch Cambridge Analytica zu seinen Daten.

Die Daten von fast 200 000 Cow-Clicker-Nutzern lagern noch immer auf seinen privaten Servern, so Bogost. Zu Hochzeiten waren mehr als neun Millionen Apps mit Facebook integriert - Spiele, Rätsel, Persönlichkeitstests. Da haben sich riesige Privatsphäre-Altlasten angesammelt. Selbst wenn Zuckerberg Besserung lobt und externe Kontrollen erwägt, könnte er die Büchse diese Pandora nicht mehr schließen. Man darf auf den nächsten Skandal warten.

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