Forenbetreiber müssen für Pöbeleien Schadenersatz zahlen
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Verantwortung eines Internetportals für beleidigende Kommentare seiner Nutzer bekräftigt. Der Anlass: In Estland hatten anonyme Verfasser unflätige Kommentare auf einer großen Nachrichtenwebseite hinterlassen. Estnische Gerichte hatten den Betreiber des Nachrichtenportals, die Delfi AS, deswegen 2008 zu einer Geldstrafe verurteilt. Delfi AS hatte daraufhin auf Verletzung seiner Meinungsfreiheit geklagt.
Pöbeleien auf Twitter:Zurücktrollen gegen die Sexisten
Drohungen und Beleidigungen sind auf Twitter Alltag, besonders oft trifft es Frauen und Feministen. Ein Berliner Künstler-Kollektiv will das ändern - und pöbelt zurück.
Das wehrten die Richter nun ab. Delfi habe die anstößigen Kommentare nicht schnell genug entfernt, befand der Gerichtshof in Straßburg. Auch der Schadenersatz in Höhe von 320 Euro sei angemessen. Das Geld war an einen Fährbetreiber gegangen, über den das Nachrichtenportal berichtet hatte.
Erfolgreiche Klage des Fährschiff-Betreibers
Anonyme Nutzer hatten den Fährbetreiber im Forum des Nachrichtenportals beleidigt und bedroht. Sie empörten sich darüber, dass der Einsatz von Eisbrechern für die Fährschiffe das Anlegen preisgünstigerer Autostrecken über das Eis verzögere.
Debatten im Netz:Hart aber fair
Kommentare im Netz brauchen Regeln, das ist gerade angesichts der aktuellen politischen Debatten zu spüren. Ein Plädoyer für eine bessere öffentliche Streitkultur.
Der Fährschiff-Betreiber hatte daraufhin erfolgreich gegen die diffamierenden Kommentare geklagt. Es wäre für den Betreiber kaum möglich gewesen, Klage gegen die Verfasser der beleidigenden Kommentare zu erheben, da sie sich nicht registrieren mussten und anonym bleiben konnten, befand der EGMR. Daher sei Delfi rechtlich verantwortlich für die Kommentare. Eine solche Entscheidung sei auch "vernünftig", weil das Portal die veröffentlichte Meinung kommerziell nutzen konnte.
In Deutschland gelten Prüfregeln für Provider, doch lassen diese nach Expertenmeinung viel Spielraum für Interpretation offen. Gegen das Urteil des EGMR kann Berufung beantragt werden.