Enum:Handy ruft Browser

Techniker basteln schon seit Jahren an einer einheitlichen Adresse für alle Sprach- und Datendienste.

Monika Ermert

(SZ vom 18.6.2002) - Der Platz auf den Visitenkarten wird immer knapper. Zur Telefonnummer gesellen sich in der Regel noch die Zahlenkombinationen für Fax und Handy hinzu. Auch die E-Mail-Adresse und die Homepage gehören heute dazu. Damit sich die Nutzer nicht in diesem Adresswirrwarr verfangen, basteln Techniker schon seit Jahren an einer einheitlichen Adresse für alle Sprach- und Datendienste.

Enum: Enum: In Zukunft sind auch Weiterleitungen zum bevorzugten Gerät denkbar.

Enum: In Zukunft sind auch Weiterleitungen zum bevorzugten Gerät denkbar.

(Foto: Foto: Nokia)

Über "Enum-Adressen", als Internet-Domains registrierte Rufnummern im Stil von "0.3.8.1.2.8.9.9.4.e164.arpa", können Nutzer alles eintragen, von der Telefonnummer übers Handy bis zum Fax. Schon in der Adresse sind die Telefon- und die Internetwelt miteinander verbunden. Erstere ist nach dem so genannten e164-Nummernplan geregelt, der zum Beispiel Deutschland die Vorwahl 0049 zuweist. Im Internet gilt als so genannte Top Level Domain ".arpa". Einer der größten Vorteile von Enum: Über spezielle Rechner (so genannte Gateways) kann dann ein herkömmliches Telefon auch mit einem Computer telefonieren.

In Zukunft sind auch Weiterleitungen zum bevorzugten Gerät denkbar. "Technisch", sagt Rudolf Brandner von Siemens, "können wir fast alles zusammenbauen, wenn es gewünscht wird." Doch politisch knirscht es beim Zusammenwachsen von Internet- und Telefonwelt gewaltig. Vor allem Vertreter der deutschen Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation warnten auf einer Tagung der International Telecommunication Union (ITU) in Genf davor, die Schleusen zur schnelllebigen und "viel unsichereren" Internetwelt bedingungslos zu öffnen.

Rangelei um Kompetenzen

Die Telekommunikationsbehörden befürchten eine Domain-Piraterie im Telefonwesen, wie sie in der Welt des Internets längst gang und gäbe ist. Wer garantiert zum Beispiel, dass eine nach Enum-Standard erzeugte Telefondomain nicht nur vom ursprünglichen Inhaber, sondern auch von einem missliebigen Konkurrenten beantragt wird? Europaweit arbeiten deshalb die Telekommunikationsbehörden an entsprechenden Regeln und Authentifizierungsverfahren. "Man sollte Enum aber nicht komplizierter machen als es ist", sagt der österreichische Enum-Pionier Richard Stastny.

Verzögern die Telekom-Behörden die Einführung von Enum, befürchtet Stastny, könnte womöglich das klassische Rufnummernsystem von nichtstaatlichen Alternativen überholt werden. So erprobt zum Beispiel ein privates Konsortium namens "VISIONng" einen eigenen Enum-Versuch. Es möchte unter der Adresse 0.1.8.7.8.e164.arpa eine universelle Kommunikations-Nummer anbieten, die sich abseits der Ländernormen hält. Andere Anbieter kämen vermutlich hinzu, falls sich die Telekommunikations- und Internetgremien nicht auf die geplante "arpa-Domain" als Standard der Multifunktionsnummer einigen würden. Trotz der deutschen Bedenken - auch gegen "arpa" als historisch mit dem US-Militär verquickter Domain - hat man sich schließlich in Genf doch durchgerungen, zumindest einmal den Start nationaler Enum-Versuche zuzulassen.

Über die endgültige Regelung wird aber noch gestritten. "Wir wollen Enum keinesfalls blockieren," sagt Dittmar Schilling vom zuständigen Bundeswirtschaftsministerium. "Auf jeden Fall wird es auch eine nationale Absprache vor der nächsten ITU-Sitzung geben." Deutschlands kritische Haltung bei der ITU-Tagung beruhe auf einem Abstimmungsproblem mit der Regulierungsbehörde. Man unterstütze aber den jetzt langsam anlaufenden Testbetrieb der Denic, der zentralen Registrierstelle für die deutschen Internet-Adressen.

Österreich ist den Deutschen hier voraus. Längst sind Unternehmen wie Siemens und Telekom Austria im Gespräch über einen Probebetrieb mit 500 Nutzern. Hier zu Lande wollen sich Regulierungsbehörde und Denic erst noch über ein sicheres Vergabeverfahren verständigen. "Endnutzer werden wir vorerst nicht einbeziehen", sagt Carsten Schiefner vom Denic-Vorstand. Wer seine aktuelle Telefonnummer ins Domainsystem eintragen will, wird sicher noch eine Weile warten müssen.

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