Elster:Was Sie bei der Steuererklärung im Netz beachten müssen

Das Elster-Verfahren des Finanzamtes bietet online schon ausgefüllte Formulare. Klingt nach Zeitersparnis, hat aber Tücken. Einfach unterschreiben reicht nicht.

Von Berrit Gräber

Wer in diesem Jahr erstmals per Internet mit dem Finanzamt abrechnen will, stößt unweigerlich auf sie: die vorausgefüllte Steuererklärung des elektronischen Finanzamts Elster-Online. Sie wird seit 2014 angeboten, soll entlasten, Tippfehler vermeiden und Millionen Steuerbürgern richtig viel Zeit und Mühe sparen. Mit ihrer Hilfe werden Daten direkt vom Finanzamt abgerufen und gleich automatisch ins richtige Formular eingefügt, so das Versprechen. So einfach das auch klingt: Die Formulare dann nur noch zu unterschreiben, reicht trotzdem nicht, warnt Sigurd Warschkow, Jurist und Beratungsstellenleiter beim Verein Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer in Gladbeck. "Man kann sich nicht 100-prozentig darauf verlassen, dass alles ohne Fehler klappt." Steuerbürger müssten häufig doch wieder auf ihre Papierunterlagen ausweichen, alles akribisch kontrollieren, selbst tippen, nacharbeiten und Ungereimtheiten korrigieren. Wer das nicht macht, haftet für Übermittlungsfehler seines Finanzamts - und verschenkt oft auch noch Steuervorteile.

Die Elster-Variante sei keine fertige Steuererklärung, gibt auch Christina Georgiadis von der Vereinigten Lohnsteuerhilfe (VLH) zu bedenken. Und das Verfahren senke schon gar nicht automatisch die Steuerlast. Jeder muss nach wie vor selbst seine absetzbaren Aufwendungen auflisten, damit diese auch von der Steuer abgezogen werden können. "Wer hauptsächlich profitiert, ist die Finanzverwaltung", kritisiert Warschkow. "Am Anfang ist das Procedere für die meisten noch etwas schwierig, aber mit der Zeit kann es zur Entlastung werden", sagt Uwe Rauhöft, Geschäftsführer des Neuen Verbands der Lohnsteuerhilfevereine (NVL).

Bis zur Freischaltung können Tage, manchmal Wochen vergehen

Der wichtigste Nutzen bei Elster ist bislang: Wer die vorausgefüllte Variante wählt, erfährt, was das Finanzamt so alles über ihn weiß. Viel schneller oder gar einfacher, wie es die Bezeichnung "vorausgefüllt" suggeriert, klappt es mit der Steuererklärung aber meist nicht. Im Gegenteil. Wer für 2015 erstmals mithilfe der Abruf-Variante abrechnen will, muss sich auf der Internetseite www.elsteronline.de anmelden. Auch wer sich mit Elster bereits auskennt, muss sich registrieren, um Zugang zum Datenabruf zu kriegen. Die zusätzlichen Freischaltcodes kommen dann für Einsteiger per Post ins Haus. Das kostet Zeit. Bis zur Freischaltung können Tage, manchmal Wochen vergehen. Dazu kommt: Die Anmeldung ist recht kompliziert und für viele Bürger eine Herausforderung. So wird ein elektronisches Zertifikat benötigt, und das kostet manchmal auch noch Geld: Soll die Sicherheitsstufe sehr hoch sein, fallen etwa 45 bis 150 Euro an. Zwingend investieren muss aber niemand. Die Signatur in der Basisvariante ist kostenfrei, die Sicherheit hoch, so das Versprechen von Elster-Online.

Wer bereits in den Jahren zuvor die vorausgefüllte Erklärung genutzt hat, spart definitiv Zeit und kann sich mit den alten Daten direkt einklinken - wenn er seine Zugangscodes aufbewahrt hat und sie wieder findet, wie Rauhöft erläutert.

Finanzamt haftet nicht, wenn Daten falsch sind

Haben Nutzer das Anmelde-Procedere hinter sich, bekommen sie zu sehen, was das Finanzamt so alles an Daten zusammengetragen hat. Dazu gehören Name, Geburtsdatum, Adresse, Religion und Bankverbindung, die vom Arbeitgeber gemeldeten Lohnsteuerdaten, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, zu Rürup- und Riester-Verträgen oder Rentenmitteilungen. Die Daten können per Mausklick abgerufen und direkt in die Steuerformulare übernommen werden. Das klappt sowohl bei der Steuererklärung mit Elster-Online wie auch mithilfe eines Steuersoftwareprogramms. Aber: Vor Anfang/Mitte März geht in der Regel noch gar nichts. Bis zum 28. Februar haben die Versicherer, Rentenkassen oder Arbeitgeber noch Zeit, die notwendigen Angaben beim Finanzamt einzustellen.

Sind alle Daten beisammen, sollten sie unbedingt geprüft werden. "Da können sich immer wieder mal Fehler einschleichen", gibt Georgiadis zu bedenken. Mal hat vielleicht der Arbeitgeber die Lohnsteuerbescheinigung nicht korrekt übermittelt, mal der Krankenversicherer oder Rententräger Angaben verbummelt, verdreht, verzögert. Mal sind die Steuerklassen falsch zugeordnet, wie vergangenes Jahr tausendfach passiert. Wer alles penibel abgleicht, ist ordentlich beschäftigt. Zeitersparnis bringt das alles nicht. Die Mühe muss aber sein. Denn die Finanzverwaltung haftet nicht für die Richtigkeit der Daten, die ihr elektronisch übermittelt werden. Es sind die Steuerzahler, die in der Verantwortung stehen.

Alternativen

Wer auf eigene Faust die vorausgefüllte Variante nutzt, hat beim ersten Mal viel Arbeit, erfährt aber auch, was das Finanzamt so alles an Informationen gespeichert hat. Der komfortablere, aber kostenpflichtige Weg: einen Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein damit bevollmächtigen, die Daten einzusehen, zu prüfen und dann die Steuererklärung zu machen. Berrit Gräber

Die Fleißarbeit geht für sie noch weiter. Sie müssen sich darum kümmern, ob Lohnersatzleistungen wie Elterngeld, Mutterschafts-, Arbeitslosen- oder Schlechtwettergeld berücksichtigt sind. Selbst eingetippt gehören auch die Miet- und Pachteinnahmen oder Kapitalerträge. Was in der elektronischen Variante garantiert fehlt, ist eine eigenhändige Auflistung aller Posten, die für eine Rückerstattung entscheidend sind - also Fahrtkosten zur Arbeit, Ausgaben für die Kinderbetreuung, für Unterhalt, Pflege, Handwerker und Haushaltshilfe, für Weiterbildung, Schulgeld, Spenden oder die Gesundheit. Wer seine Aufwendungen absetzen will, muss also auch bei der vorausgefüllten Steuererklärung die übers Jahr gesammelten Berge an Belegen abarbeiten und sich so die Sparchancen sichern, sagt Experte Warschkow. Sobald die Steuererklärung per Mausklick abgeschickt wird, gilt sie als eingereicht. Belege müssen nachgeschickt werden.

Und wer profitiert nun? "Für die Bürger ist es bislang nicht sehr viel leichter geworden, aber in jedem Fall fürs Finanzamt und auch für die Lohnsteuerhilfevereine und Steuerberater, die nicht mehr so viel per Hand eingeben müssen", sagt Tobias Gerauer von der Lohnsteuerhilfe Bayern.

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