E-Sport:Wenn Schalke gegen Paris Saint-Germain um den Aufstieg kämpft

Schalke 04 Esport gegen PSG in League of Legends

Etwa 150 Fans hat der FC Schalke 04 am Sonntagabend in die Arena Auf Schalke eingeladen, um das Spiel gegen Paris Saint-Germain zu schauen.

(Foto: Schalke/PR)
  • Der FC Schalke 04 gewinnt 2:0 gegen Paris Saint-Germain im Action-Strategiespiel "League of Legends".
  • Die E-Sport-Abteilung von Schalke gibt es seit Mai 2016, aktuell spielt das League-of-Legends-Team in der zweitklassigen Challenger Series.
  • Immer mehr große Fußballklubs steigen in den E-Sport ein.

Von Caspar von Au

Es passt gut, dass am Sonntagabend letztlich eine Kugel das Spiel zwischen dem FC Schalke 04 und Paris Saint-Germain drehte. Freilich gibt es im PC-Action-Strategiespiel "League of Legends" keine Fußbälle, es war eher ein Kugelblitz, der den Weg für Schalkes Sieg bereitete.

Schalke und Paris Saint-Germain, kurz PSG, sind am Sonntag erstmals in der Challenger Series aufeinandergetroffen. Die Challenger Series ist praktisch die zweite Liga des Mehrspieler-Arena-Spiels League of Legends. Sechs Teams spielen um den Aufstieg in die oberste Liga, die League of Legends Championship Series (LCS). Über die wiederum können sich die Spieler für die Weltmeisterschaft qualifizieren. Das Weltmeister-Team gewinnt eine Million US-Dollar. Es geht also um jede Menge Geld, E-Sport professionalisiert sich immer weiter.

Pro Spieltag werden zwei Sätze gespielt, jeder Satz ist eine Partie League of Legends. Gewinnt ein Team beide Partien, bekommt es dafür drei Punkte. Bei einem Unentschieden müssen sich beide Teams mit je einem Punkt zufrieden geben, wie im Fußball.

Schalke profitiert von einem "Eigentor" von PSG

Es ist 18.51 Uhr, im ersten von zwei Spielen zwischen Schalke und PSG läuft die 27. Minute. Für Schalke sieht es zu diesem Zeitpunkt gar nicht gut aus: Das Team aus Paris hat die Helden der Schalker im Spiel bereits zehnmal getötet, die Schalker die Helden des Gegners nur dreimal. Der Vorsprung ist nicht uneinholbar, aber deutlich. Die fünf Spieler von PSG greifen gemeinsam das Riesenmonster Baron Nashor an. Das Team, das Nashor zuerst besiegt, gewinnt meistens in League of Legends, das wissen auch die Schalker. Die rettende Idee in diesem Moment hat Schalkes Lennart "SmittyJ" Warkus. Er lässt seinen Helden Jayce, einen Krieger mit riesigem Hammer, einen Kugelblitz feuern. Die Kugel trifft drei Helden von PSG auf einmal, weil sie zu nah beieinander stehen. Eben noch unterlegen, verschafft der Kugelblitz den Schalkern den entscheiden Vorteil. Sie gewinnen das Scharmützel und wenige Minuten später auch das erste Spiel. Eins zu null.

"Gäbe es bei League of Legends zwei Halbzeiten mit 45 Minuten", sagt Tim Reichert hinterher, "würde ich sagen: Anfangs haben wir zu viele einfache Fehler gemacht, ab der 40. Minute war es dann ein einseitiges Spiel." Reichert ist Leiter der Abteilung E-Sport bei Schalke 04 und spielte als Fußballprofi für Rot-Weiß Oberhausen in der 2. Bundesliga. Auch die Kommentatoren, die das Spiel im englischsprachigen Livestream vor fast 25 000 Zuschauern begleiten, bemühen eine Fußballer-Floskel: Die Szene sei ein "own goal" von PSG gewesen - weil die drei Helden des Teams nicht genug Abstand voneinander hielten und so zum leichten Ziel wurden.

Dutzende Fußballklubs in Europa setzen auf E-Sport

Der Sieg von Schalke bedeutet nach zwei von fünf Spieltagen die Tabellenführung in der Challenger Series. Für die Abteilung E-Sport habe das Aufeinandertreffen der beiden Fußballklubs in League of Legends aber eine höhere Bedeutung, sagt Reichert: "Für den E-Sport öffnen Sportvereine wie Schalke oder PSG neue Zielgruppen. Wir auf Schalke kommen mit neuen Wirtschaftszweigen und noch jüngeren Fangruppen in Kontakt." Aus seiner Sicht eine Win-Win-Situation.

Im Januar 2015 hat Besiktas Istanbul sich als erster europäischer Spitzen-Sportverein in den E-Sport eingekauft, ebenfalls in ein League-of-Legends-Team. Einige Monate später, im Mai 2015, verpflichtete der VfL Wolfsburg als erster deutscher Fußballverein zwei Könner des Fußball-Games "Fifa". Manchester City, Sporting Lissabon, Ajax Amsterdam und weitere Fußballklubs haben ebenfalls Fifa-Spieler unter Vertrag genommen. Die Eredivisie, die erste Fußballliga der Niederlande, gründete vor einigen Wochen sogar eine eigene E-Sport-Liga, in der jeder der 18 Fußballvereine mit einem eigenen Fifa-Profi vertreten sein wird.

Der einfachste Weg für einen Fußballklub in den E-Sport ist also der über ein Fußball-Videospiel, den größten gemeinsamen Nenner. Deshalb gehören zur E-Sport-Abteilung des FC Schalke 04 vier Fifa-Spieler und seit neuestem auch ein Profi der Spielereihe Pro Evolution Soccer. Aber das größere Publikum und höhere Preisgelder gibt es in den fußballfremden Disziplinen: League of Legends, Dota 2, Counter Strike: Global Offensive.

"Der Einstieg ist nicht einfach", sagt Tim Reichert. "Wir wollten uns als Vorreiter, als Pionier positionieren." Außer dem Team aus Gelsenkirchen und PSG gründeten oder kauften der FC Valencia, Galatasaray Istanbul und Fenerbahce Istanbul 2016 League-of-Legends-Teams. Der FC Kopenhagen hat Anfang Januar ein Counter-Strike-Team übernommen. Reichert rechnet damit, dass bald noch mehr Fußball-Klubs einsteigen.

Die Fanschal-Mentalität erreicht den E-Sport

Neben den wirtschaftlichen Aspekten sollen auch junge Menschen an die Marke Schalke gebunden werden, die E-Sport gut finden aber kein Interesse an Fußball haben. Bei manchen klappt das: Zum Spiel am Sonntagabend lud der FC Schalke 04 etwa 150 junge Fans ein, in familiärer Atmosphäre, wie Reichert sagt. Sie durften das Spiel in einer VIP-Lounge der Veltins Arena auf der Leinwand verfolgen. Die Spieler saßen derweil abgeschottet in ihrem Trainingsraum und spielten, kamen aber nach dem Spiel, um mit den Fans zu feiern und Fotos zu machen.

Einige Tweets zeigen, dass die Fanschal-Mentalität schon zu den E-Sport-Fans hinübergeschwappt ist. Doch nicht alle Schalker ließen sich von der neuen Sportart überzeugen, sagt Reichert: "Ich glaube nicht, dass wir die ältere Generation für den E-Sport begeistern können." Denn: "Die werden nicht bei League of Legends mitfiebern, das ist zu weit weg von deren täglichen Leben."

Das Ziel für das League-of-Legends-Team des FC Schalke 04 ist klar: Vom 26. März an kann Schalke über die Play-Offs in die LCS aufsteigen. Wenn es den Aufstieg schafft, muss das Team seine Spiele nicht mehr praktisch unbemerkt im Trainingsraum austragen, sondern spielt auch auf internationalen Bühnen - wo es mehr Geld zu verdienen gibt. Nur so kann nach der Fußball-Marke auch die E-Sport-Marke "Schalke" weltweit etabliert werden.

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