E-Sport:Alibaba verspricht Computerspielern Millionen-Preisgelder

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Das Finale des Hearthstone-Turniers bei Blizzards Hausmesse Blizzcon im November 2015. (Foto: Matt Sloan; Blizzard / PR)

Der weltgrößte Online-Händler lockt mit Rekordsummen für die besten Spieler von "Hearthstone", "StarCraft" oder "Counter-Strike".

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Der amerikanische Sportsender Fox Sports 1 übertrug in dieser Woche ein Fußball-Länderspiel zur besten Sendezeit. Das war nicht verwunderlich, es gab ja einige Leckerbissen: Deutschland gegen Italien etwa oder Argentinien gegen Bolivien. Der Fernsehsender ESPN entschied sich für das Duell Brasilien gegen Frankreich, doch es dauerte für den Zuschauer ein bisschen, bis sich das Gehirn daran gewöhnte, was das Auge da sah. Diese Partie fand nicht in einem Stadion und auf Rasen statt, sondern in einer Arena in New York und vor zwei Bildschirmen.

Mohamad Al-Bacha aus Dänemark besiegte den Briten Sean Allen beim Computerspiel "Fifa Interactive World Cup". Es war das spannende und emotionale Finale eines Turniers, das in letzter Sekunde durch ein typisches Gerd-Müller-Tor entschieden wurde.

An alle Menschen, die wissen, dass Computersport eine ernstzunehmende Disziplin ist und deshalb wahrscheinlich keine typischen Gerd-Müller-Tore mehr kennen: einfach mal bei Youtube danach suchen. An alle Menschen, die sich noch an Gerd-Müller-Tore erinnern: Ja, dieser Tastenzauber ist tatsächlich nicht nur Sport, sondern auch eine kräftig wachsende Branche. Al-Bacha gewann 20 000 Dollar Preisgeld. Die Einnahmen der kompletten E-Sport-Industrie in diesem Jahr werden auf knapp 400 Millionen Dollar geschätzt und sollen in den kommenden drei Jahren auf 1,2 Milliarden Dollar wachsen.

Am Mittwoch verkündete die chinesische Alibaba Sports Group (hier die englische Übersetzung), nicht mehr nur Partnerschaften mit Sportvereinen wie dem FC Bayern oder Real Madrid eingehen zu wollen, sondern eines der lukrativsten Computersport-Turniere in der Geschichte zu veranstalten. Gemeinsam mit dem sozialen Netzwerk YuuZoo Corporation aus Singapur soll es von April an eine Serie von Veranstaltungen geben, die im Finalturnier im Dezember in Shanghai münden soll. Die Preisgelder sind enorm: Für das Spiel "Hearthstone: Heroes of Warcraft" sind 300 000 Dollar ausgelobt, für "StarCraft II" 400 000 Dollar und für "Counter-Strike: Global Offensive" und "Dota 2" jeweils gar 1,5 Millionen Dollar. Das sind allerdings nur die Grundprämien, über Crowdfunding können diese Summen noch gewaltig wachsen.

Immer mehr aktive Sportler

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Die World Electronic Sports Games sollen der Nachfolger der World Cyber Games werden, die von 2001 bis 2014 eine Art Weltmeisterschaft für Computersportler gewesen sind. In den vergangenen Jahren haben sich Turniere wie die CS:GO Major Championship oder Ligen wie die Electronic Sports League (ESL) etabliert. "Wenn man alle Einzeldisziplinen des elektronischen Sports zusammennimmt wie etwa in der Leichtathletik, dann wird E-Sports eine der fünf größten Sportarten weltweit werden", sagte ESL-Chef Ralf Reichert kürzlich im Gespräch mit der SZ: "Ein Sport kann nur dann kommerziell erfolgreich sein, wenn er viele Zuschauer erreicht." Nun, allein die Zahl der aktiven Sportler soll in den kommenden fünf Jahren auf weltweit 195 Millionen wachsen. Zum Vergleich: Tennis spielen weltweit etwa 90 Millionen Menschen.

Am 19. September 1972 hatte es den ersten organisierten Wettkampf im Computersport gegeben, ein paar Studenten der Stanford University hatten ein Turnier veranstaltet. Danach trafen sich die Spieler zu LAN-Partys, es gab auch Meisterschaften, die jedoch weitgehend ignoriert oder zum Anlass genommen wurden, mal wieder über die Jugendlichen zu meckern, die lieber in einen Bildschirm starren als sich an der frischen Luft zu bewegen. 2005 dann stand im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Regierung der Begriff "Killerspiele", der die Sportler nicht mehr nur als Daddler identifizierte, sondern als potenzielle Amokläufer. Wenn tatsächlich mal jemand über Turniere wie die World Cyber Games berichtete, dann musste immer ein naserümpfender Unterton herauszulesen sein. Wo kämen wir denn hin, wenn diese Daddelei tatsächlich jemand als Sport bezeichnen würde?

Angesichts der Preisgelder und des Zuschauerinteresses ist aus dem arroganten Naserümpfen ein verblüfftes Bewundern geworden. Während so manche Sportart mit der Bedeutungslosigkeit ringt und die TV-Sender betteln muss, doch bitte ein paar Partien zu übertragen, werden die Spiele beim E-Sport zur besten Sendezeit ausgestrahlt oder sind auf Streamingportalen wie Twitch zu sehen. Dort sind mehr als 100 Millionen Menschen angemeldet, Anfang März verfolgten 1,3 Millionen Zuschauer live eine Partie der ESL.

Die Alibaba Sports Group hat bereits angekündigt, dass das Investment von zunächst einmal 15 Millionen Dollar nur der Beginn einer immensen Beteiligung am elektronischen Sport sein soll - es soll künftig auch Turnierserien außerhalb Chinas geben, die einzelnen Partien sollen in mehr als 100 Ländern zu sehen sein. Das Unternehmen kann sich diese Investitionen leisten, es gehört zum chinesischen Konzern Alibaba, der derzeit an der Börse mit mehr als 200 Milliarden Dollar bewertet wird. Das nämlich ist die wirklich wichtige Nachricht für alle E-Sportler, dass die großen Technikfirmen in diese Branche investieren: Amazon kaufte im Jahr 2014 das Portal Twitch für knapp eine Milliarde Dollar, Disney will über den Sender ESPN in Live-Übertragungen einsteigen, Yahoo Sports hat kürzlich eine eigene Sparte für den Computersport eingeführt.

Für all jene, die sich noch an Gerd-Müller-Tore erinnern und nun gerne darüber beschweren, dass es beim Sport sowieso nur noch um die zu verdienenden Millionen gehen würde, sollte deshalb spätestens seit dem millionenschweren Engagement von Alibaba und dem Einstieg anderer Internet-Giganten klar sein: Computersport, das ist Sport.

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