Donkey Kong:Der Gamer des Jahrhunderts hat wohl geschummelt

Billy Mitchell

Billy Mitchell, 52, ist nicht nur für Extravaganz bekannt, sondern galt auch als bester Arcade-Gamer der Welt. Nebenbei betreibt er in Florida eine Restaurantkette und verkauft Hot Sauce.

(Foto: Barry Brecheisen/Invision/AP)
  • Die Highscore-Onlineplattform "Twin Galaxies" erklärt Billy Mitchells Rekorde in "Donkey Kong" für ungültig. Auch das Guinness-Buch schmeißt ihn daraufhin raus.
  • Auf der einen Seite gilt Mitchell als einer der ersten Profi-Gamer, auf der anderen Seite ist er seit Jahren umstritten.
  • In einer Art Online-Gerichtsverhandlung entschied Twin Galaxies: Mitchell hat seine Rekorde nicht auf einem Arcade-Automaten aufgestellt.

Von Caspar von Au

Billy Mitchell hat schon viele Titel in seinem Leben getragen: Gamer des Jahrhunderts, bester Arcade-Spieler aller Zeiten, "The King of Kong", weil kein Mensch auf der Welt mal so viele Punkte bei "Donkey Kong" gewonnen hat wie er. Jetzt ist noch ein Titel dazugekommen: Schummler.

Mitchell soll bei drei seiner Highscores im Arcade-Spiel "Donkey Kong" geschummelt haben, oder wie es in dieser Szene heißt: gecheatet. 1 062 800 Punkte, 1 050 200 und 1 047 200 - alle ungültig, urteilt "Twin Galaxies", eine Online-Plattform, die seit 1981 Videospielrekorde sammelt. Das "Guinness-Buch der Rekorde" schloss sich dieser Auffassung an und strich Mitchells sämtliche Rekorde.

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Fast schon wieder Gaming-Geschichte, aber offenbar nicht frei von Schummelei: das Arcade-Spiel „Donkey Kong“.

(Foto: Alamy/mauritius images)

Einerseits natürlich traurig, dass auch das Spielen in digitalen Zeiten, das Gaming, nicht frei ist von Manipulation, dass es also selbst dort, wo nur ein Affe über den Bildschirm hüpft, nicht sauber zugeht. Andererseits: Der Mensch, das kleine Spielkind, ist halt auch ein großer Schummler. Mitchell trägt seit 20 Jahren den gleichen Haarschnitt, dazu meist eine USA-Krawatte und Anzug, wahlweise schwarz oder blütenweiß. An den Spielautomaten speichert er statt seiner Initialen die Buchstaben U, S und A ein. Er gilt als Ausnahme-Gamer, seitdem er 17 ist und sich in Iowa 874 300 Punkte bei "Donkey Kong" erspielte, einem Jump-'n'-Run-Spiel, das als äußerst schwierig gilt. Der Spieler steuert einen Schreiner (woraus später der berühmte Klempner Mario wird), der seine Freundin aus den Fängen eines Affen befreien muss. Er wurde zum Wegbereiter des E-Sports. Und wo irgendein Begriff mit "Sport" gekoppelt wird, ist offenbar auch Betrug.

Mitchell beteuert in einem Video seine Unschuld

Dass etwas mit seinen "Donkey Kong"-Rekorden nicht stimmt, vermutet ein Teil der Gaming-Community schon länger. In der Dokumentation "King of Kong" aus dem Jahr 2007 beispielsweise vermeidet Mitchell die direkte Konfrontation mit seinem Gegner und schickt stattdessen eine VHS-Kassette, auf der zu sehen ist, wie er in "Donkey Kong" 1 047 200 Punkte erreicht. Genau dort, wo die Punktzahl steht, flackert das Bild etwas. Damals akzeptierte der Schiedsrichter noch das Tape. Jetzt sind die Highscores für ungültig erklärt worden.

Bis es so weit gekommen ist, hat Twin Galaxies einige Eigentümerwechsel hinter sich. 2014 übernimmt der Spieleproduzent Jace Hall die Geschäfte. Er krempelt die Plattform komplett um: "Heute versucht Twin Galaxies nicht mehr, sich über eine bestimmte Person zu identifizieren", sagt Hall. Er möchte die Plattform demokratischer gestalten, alles soll dokumentiert und transparent sein. "Wir interessieren uns nur noch für Fakten und handfeste Beweise." Dazu gehört, dass die Spieler nun nicht mehr nur ein Videotape einreichen können, das ein einzelner Schiedsrichter durchwinkt. Sie müssen sämtliches Beweismaterial bei Twin Galaxies hochladen, die Nutzer stimmen über die Echtheit des Highscores ab.

Seit dem vergangenen Sommer können auch erstmals bestehende Highscores angezweifelt werden. In Mitchells Fall stellt sich die Frage: Hat er seine Rekorde auf einem Arcade-Automaten mit einer unmodifizierten Originalversion des Spiels von 1981 erreicht - oder sie mithilfe einer Nachbildung des Spiels für den Computer aufgestellt? Das wäre nämlich verboten.

Beinahe wie vor Gericht haben die Nutzer und die Mitarbeiter von Twin Galaxies, das die Rekorde sammelt, in ihrem Forum 227 Tage lang verhandelt. Zu Beginn, das betont Hall, galt die Unschuldsvermutung: "Es war nicht Billys Aufgabe oder die Aufgabe von Twin Galaxies, die Echtheit seiner Punktzahl ein zweites Mal zu beweisen. Die Ankläger mussten beweisen, dass ihre Zweifel berechtigt sind." Am Ende entschied Twin Galaxies: Mitchell hat geschummelt. Der postwendend wieder ein Video schickte, in dem er seine Unschuld beteuerte. Affenzirkus.

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