DLD Women:Die Netz-Werkerin

DLD Konferenz München

Steffi Czerny hält eine Rede auf der DLD. Sie findet, das Frauen anders coden als Männer - für sie gibt es eine weitere - separate - Konferenz,

(Foto: picture alliance / dpa)

Die digitale Welt ist eine Männerwelt geworden, sagt Stephanie Czerny. Sie findet das schade und um das zu ändern, veranstaltet sie die DLD Women; eine Konferenz für Frauen, um zu netzwerken und sich über das digitale Leben zu unterhalten.

Von Alexandra Borchardt

Irgendetwas ist anders in diesem Büro, und es sind nicht die beiden Hunde, die sich auf den warmen Holzdielen rekeln. Es ist dieser Tisch. Im Zimmer von Stephanie, kurz Steffi, Czerny steht kein gewöhnlicher Schreibtisch, keines der mächtigen Exemplare, gekrönt von einem Bildschirm, hinter dem der Besitzer thront. Die Burda-Managerin nutzt stattdessen ein Holztischlein auf vier schlanken Beinen, wie man es vielleicht in die Diele eines Bauernhauses stellen würde, um darauf schnell die Handtasche abzuwerfen.

"Es hilft dabei, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren", sagt sie, die gerade 60 Jahre alt geworden ist. Das Wesentliche, so viel ist ersichtlich, sind für Czerny weder Aktenberge noch Statussymbole, sondern Menschen. Besonders viele und viele besondere Menschen.

Czerny hat 2005 Burdas großen Digital-Gipfel DLD - kurz für Digital Life Design - miterfunden, eines der wichtigsten Treffen der Hightech-Szene außerhalb der USA. Der DLD bekommt immer neue Ableger. An diesem Montag beginnt in München zum fünften Mal DLD Women. Dort treffen sich vor allem Managerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen und Künstlerinnen, um sich über die Veränderungen des Lebens in der digitalen Welt auszutauschen. Czerny ist diejenige, die sie aufspürt, verbindet, zusammenhält.

Steffi Czerny kennt sie alle, die Großen aus dem Silicon Valley und die Kleinen, die mal groß werden wollen. Die Männer und Frauen aus der Tech-Szene, die vor dem Davoser Gipfel im Januar noch kurz in München vorbeischauen (Männer) oder im Sommer anreisen (Frauen), um statt im dunkelblauen Zwirn im farbigen Seidenkleid zu lauschen, zu plaudern, sich auszutauschen, Kontakte zu knüpfen. Und wen sie nicht kennt, den lernt sie kennen. Man könnte sagen: Czerny ist eine echte Netz-Werkerin. Sie findet es schade, dass die digitale Welt zu einer Männerwelt geworden ist. Immerhin profitierten Frauen sehr stark von zeitlicher und räumlicher Unabhängigkeit, könnten sie doch nun von überall aus arbeiten, Teams führen, befreit vom Ladenschluss einkaufen und Kontakt zu ihren Kindern halten - was Czerny nutzt: Sie hat vier davon. Gerade wegen der Männer-Dominanz aber sei eine spezielle Konferenz für Frauen notwendig. "Frauen ticken anders als Männer", sagt Czerny. Besonders gerne zitiert sie, was LinkedIn-Gründer Reid Hoffman mal über das Programmieren gesagt habe: "Frauen 'coden' anders als Männer, vernetzter", erzählt sie. Es muss nicht erwähnt werden, dass sie das für zukunftsträchtiger hält.

Czerny, aufgewachsen in einem Dorf am Tegernsee, daheim in Kreuth und seit 19 Jahren beim Münchner Verleger Hubert Burda beschäftigt, ist eher Macherin als Denkerin, eher Kommunikatorin als Rednerin. "Wir reden nicht über Quoten, dafür gibt es andere Konferenzen", sagt sie. Dafür biete DLD viele Workshops, viel Praxisbezug. Die Themen Arbeitswelt und soziale Netzwerke stehen genauso auf der Tagesordnung wie Gesundheit und Fortpflanzungsmedizin.

Czernys Stimme kann piepsen vor Begeisterung, und sie redet auch auf Englisch einfach drauflos - Akzent hin oder her. Andere würden sich vielleicht einen Sprach-Coach nehmen. Aber Czerny hebt sich ab von der Designerkleid-in-36-Klientel, die bei DLD Women auch im Publikum sitzt; Frauen, denen die Anstrengung des Strebens nach Perfektion ins Gesicht geschrieben steht. Für Perfektion hätte Czerny vermutlich gar keine Zeit. "Die Welt verändert sich wahnsinnig schnell", sagt sie - und sie will, muss dabei sein. Fragen stellen, Antworten und gleich die nächsten Fragen finden, das ist ihr Ding. "Was mich richtig ärgert, ist, wenn jemand sagt, ich langweile mich."

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