Debatte um Internetgesetze:"Verhindern, was Aaron passiert ist"

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Hacker Aaron Swartz: USA debattiert nach seinem Tod über Netzpolitik  (Foto: Reuters)

Nach Aaron Swartz' Tod scheint in den USA eine Debatte über die drakonischen Strafen in Gang zu kommen, die das amerikanische Recht für Computerverbrechen vorsieht. Dabei geraten auch die Justizbehörden unter Druck.

Von Niklas Hofmann

Aus Aaron Swartz ist in kürzester Zeit so etwas wie ein "Internet-Märtyrer" geworden, wie es der Journalist Michael Moynihan leicht abfällig formulierte. Eine Cause célèbre ist der verstorbene Programmierer und Netz-Aktivist in jedem Fall, auch wenn ihn bis vor kurzem kaum kaum jemand kannte. Der frühe Tod des Internet-Wunderkinds, auf den sogar der Netz-Pionier Tim Berners-Lee einen Nachruf schrieb, scheint nun aber tatsächlich eine Debatte über die drakonischen Strafen in Gang zu bringen, die das amerikanische Recht für Computerverbrechen vorsieht.

Swartz hat sich vor anderthalb Wochen im Alter von 26 Jahren das Leben genommen. Ihm drohte eine Haftstrafe von möglicherweise bis zu 35 Jahren dafür, dass er 2011 über das Computersystem des Massachusetts Institute of Technology (MIT) mehr als vier Millionen wissenschaftliche Artikel aus JSTOR, einer Bibliothek digitalisierter Fachzeitschriften, heruntergeladen hatte, um sie frei ins Netz zu stellen.

Die demokratische Kongressabgeordnete Zoe Lofgren, deren Wahlkreis im Silicon Valley liegt, hat nun einen Gesetzentwurf vorgelegt, dem sie den Namen "Aaron's Law" gegeben hat. Mit einigem Sinn für Symbolik präsentierte sie ihn zuerst auf der von Swartz einst mitgegründeten Seite Reddit, einer der wichtigsten Nachrichtenquellen der digitalen Generation. "Aarons Gesetz" soll den aus dem Jahr 1984 stammenden Computer Fraud And Abuse Act revidieren, auf den sich die Anklage im Fall Swartz stützte, und, so Lofgren, "verhindern, dass anderen Nutzern, das widerfährt, was Aaron passiert ist". Ein reiner Verstoß gegen Nutzungsbedingungen dürfte demnach nicht mehr als kriminell gewertet werden.

Republikaner kündigen Untersuchungen an

Der Republikaner Darrell Issa, Vorsitzender des House Oversight and Government Reform Committee, des zentralen Ausschusses des Repräsentantenhauses für parlamentarische Untersuchungen, hat zudem angekündigt, das Vorgehen der Justizbehörden gegen Swartz unter die Lupe nehmen zu wollen. Auch der republikanische Senator John Cornyn warf Justizminister Eric Holder vor, an Swartz ein Exempel statuiert zu haben.

Die unter Druck geratene zuständige Bundesanwältin Carmen Ortiz erklärte am Mittwoch ihr Mitgefühl mit den Hinterbliebenen, verteidigte sich aber zugleich. Sie habe für Swartz nicht 35 Jahre Haft, sondern lediglich eine Strafe von sechs Monaten angestrebt. Ihre Behörde habe sich "vernünftig" verhalten und berücksichtigt, dass Swartz nicht aus finanziellen Interessen gehandelt habe.

Der renommierte Internet-Jurist Lawrence Lessig zeigte sich davon hingegen unbeeindruckt. Es gehe gar nicht darum, ob sie die Höchststrafe angestrebt habe oder nicht. Der Huffington Post sagte er: "Nichts in den Bundesgesetzen zwingt die Ankläger dazu, eine solche Handlung als Straftat zu verfolgen. Warum also hat sie es getan?"

© SZ vom 21.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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