Computerspielepreis für "Chaos auf Deponia":Warum Abenteuerspiele wieder Erfolg haben

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 Szene aus "Chaos auf Deponia"

(Foto: Daedalic Entertainment)

Ego-Shooter waren bisher bei Computerspielen das Maß der Dinge. Doch nun kommen die Abenteuerspiele zurück - "Chaos auf Deponia" hat den deutschen Computerspielepreis gewonnen. Warum die Nachfolger von "Monkey Island" und "Maniac Mansion" derzeit so beliebt sind.

Von Mirjam Hauck

Mit der Auszeichnung von "Chaos auf Deponia" von Daedalic als bestes deutsches Computerspiel rückt ein Genre in den Mittelpunkt, das längst als tot galt, aber derzeit ein Revival erlebt: das Abenteuerspiel - Adventure.

Vergangenes Jahr gewann mit "Crysis 2" noch ein Shooter den wichtigsten deutschen Spielepreis, dieses Mal hatte der favorisierte Kriegsshooter "SpecOps: The Line" das Nachsehen. Beim Deutschen Entwicklerpreis 2012 war er noch als bestes deutsches Spiel ausgezeichnet worden.

"Chaos auf Deponia" kommt in einer eigenwilligen Comic-Grafik daher und knüpft inhaltlich an seinen Vorgänger "Deponia" an. Darin lebt Held Rufus auf dem gleichnamigen Müllplaneten und träumt von einem besseren Leben in den "oberen Schichten". Im zweiten Teil muss er nun seiner Freundin Goal beistehen, deren Bewusstsein sich nach einer Gehirnoperation in drei Fragmente gespalten hat. Durch knobeln, kombinieren, ausprobieren von verschiedenen Szenarien kommt der Spieler schließlich ans Ziel.

Das ist klassische Adventure-Spielweise, bei der kein Pixel Blut fließt. Laut Jury entführt das Abenteuerspiel in eine "einzigartige Spielwelt, die Douglas Adams, Terry Pratchett oder Matt Groening nicht wahnwitziger hätten erfinden können".

Legendäre Titel wie "Monkey Island" oder "Maniac Mansion"

Die Adventures kamen Mitte der 1980er Jahre auf, mit inzwischen legendären Titeln wie "Monkey Island", "Maniac Mansion" oder "Day of the Tentacle" vom inzwischen abgewickelten Studio LucasArts. Rund zehn Jahre hatten Computerspieler Spaß am Klicken und Knobeln, dann kamen die ersten Ego-Shooter wie "Doom" oder "Wolfenstein 3D" auf den Markt.

Sie hatten eine bessere Grafik, eine schnellere Spielweise (oder, wie Computerspiel-Kenner sagen, Gameplay) und der Mehrspielermodus wurde erfunden. Diese Spiele waren plötzlich viel cooler als die harmlosen Adventures mit ihren Rätseln. Sie wurden zu Ladenhütern degradiert, während sich die Shooter immer besser verkauften und zum prägenden Genre einer ganzen Branche wurden. Auch die Spiele-Entwickler folgten dem Geld und produzierten fortan lieber Shooter. 2001 beispielsweise wurde kein nennenswertes Adventure entwickelt.

Doch in den vergangenen Jahren kam es zu einer Wiederbelebung des Genres. Mit Spielen wie "The Walking Dead" von Telltale Games, "The Cave" vom "Monkey-Island"-Erfinder Ron Gilbert oder mit dem ebenfalls bei Daedalic Entertainment erschienenen "Machinarium" kamen einige inhaltlich wegweisende und auch kommerziell erfolgreiche Spiele auf den Markt.

Gründe für den Erfolg

Für den Erfolg gibt's zunächst einen ganz profanen Grund. Viele Adventures laufen auch auf den boomenden Tablets und sind relativ günstig. So erobern sie Käufer, die nie einen Controller in die Hand nehmen würden. Aber vor allem erzählen sie dem vom Dauerbeschuss ermüdeten Computerspieler interessante Geschichten und ähnlich wie bei erfolgreichen TV-Serien überzeugen sie mit realitätsnahen oder einfach witzigen Dialogen. Zudem verwickeln interaktive Elemente den Spieler in die Geschichte und fordern ihn auf, Entscheidungen zu treffen, die zu verschiedenen Szenarien führen.

Thriller, Drama, Comedy und Erotica

So gibt es bei "The Walking Dead" insgesamt fünf Teile, die der Spieler durchstehen muss. Dafür muss er zwischen moralischen Handlungen wählen, die alle folgenden Episoden beeinflussen: Rette ich lieber den Familienvater oder dessen Sohn? Durch dieses nichtlineare Storytelling schreibt der Spieler die Geschichte dieses Adventures mit. Der Spieler wird involviert in den Charakter, er begleitet ihn auf einer langen Reise.

Zudem lässt das Genre Vielfalt zu. Wie beim Film gibt es für jeden Geschmack ein Subgenre: Thriller, Drama, Comedy und Erotica sind möglich. Die Innovationen des Genres kommen oft von kleineren Firmen oder den Veteranen der Szene und zur Finanzierung brauchen sie heutzutage meist keine großen Publisher: Über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter gelingt es einigen unabhängigen Entwicklern für vergleichsweise geringe Entwicklerkosten eine treue Anhängerschaft zu mobilisieren.

So gelang es der Adventure-Legende Tim Schafer ("Day of the Tentacle") über Kickstarter mehr als drei Millionen Dollar von fast 90.000 Spendern einzusammeln - für sein neues Spiel "Broken Age". Bei diesem Budget kann man kaum noch von Nische sprechen, die Adventures sind zurück im Mainstream.

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