Computerkabel:Intels Donnerkeil soll Kabelwirrwarr beenden

Der Kabelsalat rund um den Computer raubt uns die Nerven, doch bislang gab es für PC-Nutzer keine echte Alternative. Das will der Chip-Produzent Intel nun ändern: Bei der Datenübertragungstechnik Thunderbolt ersetzt ein einziger Anschluss die vielen Computer-Eingänge - bald auch bei anderen Geräten als Apple-Rechnern.

Ben Schwan

Ein moderner PC kommt mit zahllosen Anschlüssen daher. Da gibt es USB 2.0 und 3.0 für Maus und Tastatur, Smartphones, Tablets, Fernsehempfänger, Speichermedien oder Digitalkameras, Drucker und viele andere Zusatzgeräte mehr. VGA- oder DVI-Buchsen binden den Monitor an, HDMI ist für Fernseher oder Projektoren gedacht.

Schnelle Leitung: Die Universalschnittstellen USB und Thunderbolt

Mit Hilfe von Thunderbolt verwandelt Apple das Display in eine Dockingstation, an die Netzwerkkabel, Festplatten und andere Geräte angeschlossen werden können. Intel will nun weitere Computer mit dem Anschluss ausstatten.

(Foto: dpa-tmn)

Ethernet wird wiederum für das drahtgebundene Büro- oder Heimnetz verwendet. Oft sind auch noch eSATA- oder FireWire 800-Anschlüsse zur Anbindung schneller externer Festplatten dabei.

Wenn es nach dem Chipriesen Intel geht, werden nahezu alle dieser Schnittstellen in den nächsten Jahren durch ein einziges Kabel ersetzt. Es hört auf den Namen Thunderbolt ("Donnerkeil"), wurde im Frühjahr diesen Jahres erstmals als Produkt vorgestellt und könnte schon bald bei Notebook-Besitzern den Kabelsalat reduzieren.

Die Grundidee: Thunderbolt, das in eine kompakte Anschlussbuchse passt, ist so schnell und hat eine derart direkte Anbindung ins Herz des PCs, dass sich zahlreiche alte Schnittstellen einfach darüber abwickeln lassen. Im konsequentesten Fall hat dann ein Mobilcomputer neben dem Stromanschluss nur noch eine einzige Anbindungsmöglichkeit.

Docking-Stationen als Übergangslösung

Dort wird dann das Thunderboltkabel eingesteckt. Dieses kann wiederum mit Festplatten, Monitoren und diversen anderen Zusatzgeräten verbunden sein - in einer Kette. Die Einzelgeräte müssen dabei nicht alle mit dem Notebook verbunden sein, sondern nur noch untereinander, die Daten werden von Gerät zu Gerät weitergeleitet.

Solange es noch nicht viele Thunderbolt-Geräte gibt, helfen Docking-Stationen. In die passt auf der einen Seite das Thunderbolt-Kabel vom Mobilrechner, auf der anderen Seite die vielen ersetzten Schnittstellen, an denen wieder die ganzen Geräte hängen. Auch das hat den Vorteil, dass ein mobiler Büroarbeiter am Schreibtisch angekommen nur noch eine einzige Leitung einstöpseln muss.

Derzeit arbeitet Thunderbolt noch mit einem herkömmlichen Kupferdraht. Die Intelligenz der Übertragungstechnik befindet sich in den Steckern sowie auf Geräteseite: Kleine Signalprozessoren, sogenannte Conditioning Controller, sorgen dafür, dass auch über die betagten Leitungen bis zu zehn Gigabit pro Sekunde in beide Richtungen fließen. Das Signal landet direkt im PC, wo es verzögerungslos weiterverarbeitet werden kann.

Über maximal drei Meter klappt die Kupferübertragung richtig gut, danach wird es schwierig. Aber auch hier hat Intel eine Lösung parat: Glasfaser. Dies war ursprünglich sowieso für Thunderbolt geplant gewesen, dann aber wegen der komplexeren Produktion und des Preises wegen wieder verworfen worden.

Apple als Pilotkunde

Thunderbolt mit optischen Verbindungen würde neben der Möglichkeit, sehr lange Strippen mit Dutzenden Metern zu ziehen, auch Geschwindigkeitsvorteile bringen: 100 Gigabit pro Sekunde wären durchaus drin, also nochmals eine Verzehnfachung.

Und alte Rechner und Geräte mit Kupfer-Thunderbolt-Anschlüssen müsste man nicht einmal wegwerfen, die neuen Glasfaserkabel könnte man auch zwischen Altkomponenten schalten. Die Umwandlung vom Lichtsignal in elektrische Impulse für die Weiterleitung via Kupfer könnte im Stecker geschehen, sind sich Intel-Experten sicher.

Doch bevor die Glasfaserträume Wirklichkeit werden, muss sich erst einmal die Kupfervariante verbreiten. Noch ist die Thunderbolt-Technik nämlich recht teuer. So zahlt man bei externen Festplatten oder Datenspeichersystemen, sogenannten RAIDs, bis zu zehn Prozent mehr. Auch das bislang einzige verfügbare Kabel, das von Apple ausgeliefert wird und zwei Meter misst, ist mit 50 Euro teuer, zumal kaum einem Gerät die notwendige Strippe bereits beiliegt.

Doch die hohen Preise haben auch damit zu tun, dass die Schnittstelle bislang allein in Apple-Rechnern steckt. Intel nutzt den kalifornischen Computerkonzern sozusagen als Pilotkunden. In Macs ist Thunderbolt denn auch nahezu flächendeckend vertreten: Nur die Profigeräte, die bei vielen Designern, Musikern oder Videofilmern stehen, erhielten Thunderbolt merkwürdigerweise bislang noch nicht.

Spätestens im Frühjahr 2012 sollen große PC-Marken wie Acer oder Asus die Buchsen mit dem Blitz genauso selbstverständlich vorweisen wie die gute, alte USB-Schnittstelle. Beim japanischen Elektronikkonzern Sony experimentiert man unterdessen bereits mit Thunderbolt.

Die Buchse mit dem Blitz

Ein Kombirechner der Firma, das Modell Vaio Z, lagert eine ganze Grafikeinheit über die Technik aus, benutzt dafür allerdings einen firmeneigenen Stecker. Der Vorteil: Ein sehr leichtes Notebook kann am Schreibtisch an eine leistungsfähige Grafikkarte angebunden werden - zum Spielen und Arbeiten.

Einen ersten Vorgeschmack auf Intels Donnerkeil-Vision erleben unterdessen Käufer von Apples Thunderbolt-Display (1000 Euro, 27 Zoll Bildschirmdiagonale), die auch noch den Kompaktcomputer MacBook Air (ab 950 Euro) besitzen. Dieser verfügt neben Thunderbolt nur über zwei einfache USB-Schnittstellen.

Schließt man ihn aber an das Thunderbolt-Display an, stehen plötzlich Gigabit-Ethernet, FireWire 800 sowie mehrere weitere USB-Schnittstellen zur Verfügung, die allesamt in dem Apple-Bildschirm eingebaut sind. Benötigt werden dazu nur noch zwei Kabel: Thunderbolt und der Stromanschluss. "Die ultimative Docking-Station" tauft die Apple-Werbung das. Den vom Kabelsalat geplagten Nutzer wird es freuen.

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