Cebit-Partnerland Großbritannien:Bündnis für schnelleren Mobilfunk

David Cameron und Angela Merkel auf der Cebit 2014

Britischer Premierminister David Cameron und Bundeskanzlerin Angela Merkel auf der Eröffnungsveranstaltung der Cebit 2014.

(Foto: dpa)

Nach dem Vorbild des Silicon Valley: Großbritannien, Partnerland der IT-Messe Cebit, hofft auf einen Boom junger Start-Up-Firmen. Premier Cameron bietet Angela Merkel dazu eine enge Partnerschaft an - eine Einladung, die die Kanzlerin gerne annimmt. Es geht vor allem um den Ausbau moderner Mobilfunknetze.

Von Björn Finke, London

David Cameron blickt erst einmal zurück: "Noch vor einem Jahrzehnt war ein Tweet etwas, was man aus den Bäumen hörte, und die Cloud etwas, was am Himmel hing", sagte Großbritanniens Premierminister am Sonntagabend in Hannover zur Eröffnung der Computermesse Cebit. Aber er wagte auch einen Blick nach vorn: "Die Welt der Technologie ist eine permanente Revolution." Und Deutschland und Großbritannien könnten darin nur bestehen, wenn man sich ins Zeug lege, um zügig neue Ideen zu entwickeln. Und zwar gemeinsam.

Im Kuppelsaal des Congresszentrums bot Cameron Deutschland auch eine enge Partnerschaft an. Gemeinsam, so sagte er, solle man an der nächsten Generation des Mobilfunks forschen. Gemeinsam solle man sich für die Abschaffung der Roaminggebühren in Europa einsetzen, um einen echten einheitlichen Markt zu schaffen. Konkret sei eine Zusammenarbeit der Technischen Universität Dresden, des King's College in London und der Universität von Surrey im Südosten Englands vereinbart worden, sagte Cameron.

Bundeskanzlerin Angela Merkel nahm diese Einladung nur zu gern an. "Wir müssen deutlich sehen, dass andere Kontinente vorweggelaufen sind", sagte sie, als sie kurz nach Cameron auf die Bühne im Kuppelsaal trat. Im digitalen Sektor sei Europa noch nicht der einheitliche Binnenmarkt. "Aber wenn wir's geschickt anstellen, können wir noch ein paar Pflöcke einschlagen, damit unsere Unternehmen die richtigen Rahmen vorfinden", sagte sie an die Adresse von Cameron. Es war eine Anspielung auch an die zähen Verhandlungen um eine europäische Datenschutzgrundverordnung.

Das wichtigste Technologie-Unternehmen fehlt

Etwa 130 Aussteller reisen aus dem Königreich an, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. Damit liegt der Staat hinter Deutschland und China auf Platz drei. Die bekanntesten Teilnehmer aus Großbritannien sind der Mobilfunk-Konzern Vodafone und der Festnetz-Anbieter BT. Das wohl wichtigste Technologie-Unternehmen des Landes nimmt hingegen nicht an der Cebit teil: ARM aus Cambridge, ein Chipdesigner, dessen Halbleiter sich weltweit in nahezu allen Handys finden.

Rund um ARM und die Universität in Cambridge haben sich inzwischen etliche Gründer aus der Software- und IT-Branche niedergelassen; in Anlehnung ans Silicon Valley wird die Gegend bereits Silicon Fen genannt, weil sie in den Fens liegt, einer moorigen Region in Ost-England.

Das Valley in Kalifornien steht aber noch für den Namen eines anderen Start-up-Paradieses Pate: für den Silicon Roundabout. In der Nähe eines hässlichen Kreisverkehrs an der U-Bahn-Station Old Street im Osten Londons hatten eine Reihe kleiner Internet-Firmen aufgemacht, im Jahr 2008 taufte einer dieser Pioniere den Kreisel in Silicon Roundabout um. Heute sollen in Ost-London geschätzte 1300 Start-ups ihr Glück versuchen.

Mit iCity gegen Mieten und Raummangel

Die britische Regierung will die Gründer nach Kräften unterstützen, dazu rief sie eine Förder-Gesellschaft namens Tech City UK ins Leben, deren Chefin Joanna Shields, eine frühere Facebook-Managerin, an diesem Montag auf einer Cebit-Konferenz über ihre Erfahrungen spricht. Besonders innovativen kleinen und mittelgroßen Firmen von der Insel stiftet die Regierung auf der Cebit einen Standplatz. Shields' Organisation Tech City wiederum preist weltweit die Vorzüge Londons und Großbritanniens für Investments in der Online-Branche an, zugleich soll sie dem Premier und seinen Ministern Wünsche und Nöte der Gründerszene einflüstern.

Eine der Sorgen junger Unternehmer sind steigende Mieten und ein Mangel an bezahlbarem Büroraum in der Hauptstadt. Hier soll iCity Abhilfe schaffen, ein neues riesiges Areal für Gründer: Im Olympiapark im Osten Londons wird das frühere Pressezentrum in Büros für IT- und Medienunternehmen umgewandelt, eine Universität wird dort ebenfalls einen Ableger eröffnen. Insgesamt wird die Bürofläche so groß wie 18 Fußballfelder sein. Im Laufe des Jahres sei alles bezugsfertig, sagte iCity-Manager Richard Gibbs: "Dann ist hier Raum für bis zu 5000 Arbeitsplätze."

Füllt der sich, würde das auch die Regierung freuen. Die will jetzt wettmachen, was über Jahrzehnte versäumt worden war. Der konservative Premierminister Cameron möchte die Industrie im Allgemeinen und die High-Tech-Branchen im Besonderen stärken, nachdem sich die Politik in den vergangenen Dekaden vor allem auf die Banken verlassen hat. Die verdienten prächtig und trieben die britische Konjunktur an - bis zur Finanzkrise. Das Desaster der Geldinstitute führte der Regierung vor Augen, dass sich das Land von einer Sparte zu abhängig gemacht hatte. Nun hoffen Cameron und sein Team darauf, die Wirtschaft in eine gesündere Balance bringen zu können.

Aber der Weg dahin ist weit: 2013 wuchs die Wirtschaft wieder mit beeindruckenden 1,9 Prozent - doch der Anteil der Industrie an diesem Aufschwung war äußerst klein. Die Cebit soll dazu beitragen, dass dies im laufenden Jahr besser wird.

Ergänzt mit Material von dpa

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