Cebit 2009: Netbooks:Minimalismus auf sieben Zoll

Asustek hat mit seinen Netbooks den Trend zu technisch abgespeckten Rechnern ausgelöst. Doch ist der Erfolg von Dauer?

H. Martin-Jung

Die Stimmung war da gewesen, es hatte sie bloß keiner gespürt. Zu fest hatten all die großen Computerhersteller darauf vertraut, dass alles so bleiben würde, wie es immer gewesen war: Die superschnellen Rechner von heute würden morgen schon unerträglich lahme Kisten sein, nicht einmal mehr leistungsfähig genug, ein neues Betriebssystem laufen zu lassen.

Cebit 2009: Netbooks: Auf das Nötigste beschränkt: Mini-Notebook von Asus

Auf das Nötigste beschränkt: Mini-Notebook von Asus

(Foto: Foto: Reuters)

Doch dann tauchte dieser verrückte Professor vom Massachusetts Institute for Technology auf. Nicholas Negropontes Vorhaben, mit Computertechnik die Bildungskluft zwischen Arm und Reich zu überwinden, kam zwar nicht so recht in die Gänge. Aber der grün-weiße 100-Dollar-Laptop, der aus dem Projekt hervorging, trat eine Entwicklung los, die die Computerindustrie womöglich tiefgreifend verändern wird. Nicht die Verantwortlichen in den Entwicklungsländern rissen sich um das knuffige Kinder-Rechnerchen - die Menschen in den Industriestaaten wollten es haben, vor allem in Europa.

Und einer konnte so ein ähnliches Gerät liefern. Der bis dahin überwiegend Experten bekannte Hersteller Asustek aus Taiwan hatte den Mut besessen, einen Rechner zu bauen, der sich auf das Nötigste beschränkte, aber das Wichtigste konnte. Die 350.000 Geräte, die man im Herbst 2007 liefern konnte, waren innerhalb weniger Monate ausverkauft.

Dabei hatte das Gerät nur einen mickrigen Sieben-Zoll-Bildschirm und magere vier Gigabyte Speicherplatz. Doch das war erst der Anfang. Ein Jahr später hatte Asus allein fünf Millionen seiner Eee PC abgesetzt. Die übrigen Hersteller, die nach und nach auf den Zug aufgesprungen waren, zusammen weitere zehn.

Inzwischen gibt es Netbooks sogar schon für wenige Euro - subventioniert von Mobilfunkanbietern. Innerhalb eines einzigen Jahres eroberten die Billigrechner also sieben Prozent des weltweiten Laptop-Marktes, 2009 sollen es Berechnungen von Marktforschungsunternehmen zufolge sogar zwölf Prozent sein.

Ein Erfolg auf der ganzen Linie also? Nicht unbedingt. Mit der Beschränkung auf das Wesentliche - Internetsurfen, Mails verschicken und Texte schreiben - und auf eine sehr ähnliche Ausstattung der Modelle sanken auch die möglichen Margen, die bei Computerhardware ohnehin schon seit längerer Zeit knapp sind. Und wenn die Kunden plötzlich feststellen, dass sie gar nicht immer mehr Leistung wollen - bringt das die Industrie nicht in Schwierigkeiten?

Minimalismus auf sieben Zoll

"Nein", sagt Jörg Wissing, Produktmanager bei Asus Deutschland, "das sind neue User und ein neues Marktsegment". Es gebe einen zusätzlichen Bedarf für die kleinen Rechner, "das war eine sinnvolle Ergänzung". Manche werden Netbooks als alleinigen Rechner nutzen, aber viele seien das nicht, glaubt Wissing. "Netbooks reichen für klassische Anwendung wie Schreiben und die ein oder andere Excel-Tabelle", sagt auch Tomas Oubailis, Produktmanager für Notebooks beim koreanischen Hersteller LG, "aber irgendwann nervt es".

Im Browser zum Beispiel müsse man ständig scrollen, um weiterzulesen. Oubailis rechnet daher damit, dass der Trend zu den Winzlingen im Laufe des Jahres abflacht. Stattdessen könnten leistungsfähigere kleine Laptops, die sogenannten Subnotebooks eine größere Bedeutung erlangen. Dennoch bringt auch LG noch neue Minis heraus, das X120 ist sehr ansprechend gestaltet und hat einen brillanten, aber glänzenden Bildschirm. Neuster Gag ist eine Smart-Link genannte Option, mit einem Knopfdruck ein Mini-Linux-Betriebssystem zu starten, das in Sekunden hochfährt und die wichtigsten Funktionen bereitstellt.

Auf Knopfdruck Linux

Vor Kannibalisierung hat man bei Asus auch deshalb keine Furcht, weil die Firma, die bisher eher Endkunden belieferte, nun auch Anfragen aus dem Geschäftsumfeld bekommt. Auch hier geht es um abgespeckte Rechner, allerdings solche für den Schreibtisch. Längst hat man bei Asus nach dem durchschlagenden Erfolg des Mini-Laptops EeePC eine ganze Eee-Familie gegründet. Während sich Firmenkunden für leise und sparsame Rechner mit Netbook-Innenleben interessieren, die in einem schicken Gehäuse von nur einem Liter Volumen untergebracht sind, bedient Asus auch weiter den Markt der Endkunden.

Neue Netbooks sind bereits auf dem Markt oder in Planung. Die meisten davon werden einen zehn-Zoll-Bildschirm haben, einige davon kann man über den Bildschirm mit den Fingern bedienen. Linux als Betriebssystem bleibt bei Asus im Angebot. Zur großen Eee-Palette zählen aber auch Exoten wie ein PC, der in eine Funktastatur eingebaut ist und seine Daten über eine Funkschnittstelle an Fernsehgeräte weiterreichen kann sowie ein Videotelefon, das den Dienst des Internet-Telefonanbieters Skype nutzt. "Das kann die Oma auch bedienen", sagt Wissing.

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