Bündnis mit Murdoch:Microsofts Verlockungen

Eine Allianz mit Rupert Murdochs Medienkonzern ist für Microsoft nicht ohne Reiz: Im Duell mit Google könnte das Unternehmen dadurch erstmals punkten.

B. Graff und T. Riedl

Seinen Groll gegen den Rivalen Google hat Steve Ballmer, 53, nie verheimlicht. Einmal soll der cholerische Chef von Microsoft sogar einen Wutanfall wegen der führenden Internetsuchmaschine gehabt haben: "Ich werde Google verdammt noch mal umbringen", hat er da laut Augenzeugen geschrieen und einen Bürostuhl durch die Luft geschmissen.

Bündnis mit Murdoch: Microsoft-Suchmaschine Bing: Das Unternehmen hat dem Web jahrelang wenig Beachtung geschenkt

Microsoft-Suchmaschine Bing: Das Unternehmen hat dem Web jahrelang wenig Beachtung geschenkt

(Foto: Screenshot: Bing.de)

Nun, ganz so einfach ist das Erledigen von Wettbewerbern nicht im Wirtschaftsleben - aber Ballmer ist seinem Ziel am Montag ein Stück näher gekommen und hat einen mächtigen Verbündeten im Kampf gegen Google gewonnen: Rupert Murdoch, 78, Medienmogul und Hauptaktionär der News Corp., einem der größten Medienkonzerne der Welt.

Zusammen wollen beide Herren die starke Stellung von Google im Online-Nachrichtengeschäft brechen. Es wäre für Microsoft der erste Sieg gegen Google in einem bislang aussichtslosen Rennen.

Das Geschäftsmodell von Google ist simpel: Schaffe attraktive Inhalte und Dienstleistungen im Internet, verdiene an der Werbung im Umfeld der Angebote. Der bekannteste Dienst, der so funktioniert, ist die Suche auf der Google-Webseite: Nach Eingabe eines Suchbegriffs stehen rechts auf der Trefferseite kleine Textanzeigen, die offenbar so attraktiv sind, dass viele Surfer lieber darauf klicken als auf die Ergebnisse; aber auch Google-Services wie der Maildienst Gmail oder die Online-Büroprogramme Google Docs funktionieren nach diesem Prinzip.

Googles Erfolg weckt Begehrlichkeiten

Und die Internetsuchmaschine macht damit richtig viel Geld, selbst jetzt in schwierigen Zeiten. Analysten schätzen, dass der Umsatz von Google dieses Jahr um sieben Prozent auf mehr als 23 Milliarden Dollar steigt, der Gewinn um 15 Prozent auf sieben Milliarden Dollar. Das weckt Begehrlichkeiten.

Bei Rupert Murdoch beispielsweise. "Das sind Leute, die einfach alles aufsammeln und unsere Geschichten klauen", sagte er vor kurzem über das Geschäftsgebaren von Google. Seine Kritik zielt auf den Dienst namens News, mit dem Google Nachrichtenangebote von Verlagen online durchforstet und die Ergebnisse gebündelt auf einem eigenen Webportal auflistet.

Google News findet am Montag zum Beispiel mehr als 250 Treffer allein bei deutschen Nachrichtenseiten zur geplanten Kooperation von Murdoch und Microsoft. Wer dort auf eine Schlagzeile klickt, wird zur Seite des eigentlichen Nachrichtenanbieters weitergeleitet.

Das Problem aus Sicht von Murdoch: Die attraktiven Inhalte seiner weit mehr als 150 Zeitungen und Informationsdienste weltweit sorgen so für die guten Geschäfte von Google - er selbst erhält keinen Cent. Der Medienmogul profitiert nur insofern, als die Suchmaschine seinen Angeboten Leser zuführt.

Der ewige Kampf: Google gegen Microsoft

So kommt ein Viertel der Leser des Wall Street Journals über Google, aber das interessiert Murdoch wenig. "Wer weiß schon, wer die sind? Die werden ja nicht plötzlich loyale Leser unserer Inhalte", sagt er.

Das sind die Leser, die über die Microsoft-Suchmaschine Bing zu den Zeitungen von Murdoch stoßen, auch nicht unbedingt. Aber die News Corp. soll in diesem Modell bereits an der Suche mittels einer Beteiligung an den Werbeumsätzen profitieren. Das berichten verschiedene englischsprachige Medien, darunter auch das Wall Street Journal, das seit zwei Jahren zur News Corp. gehört. Über die Höhe der Beteiligung ist nichts bekannt. Die Gespräche haben erst begonnen.

Von Microsoft gab es am Montag keinen Kommentar. In einer Erklärung von Google heißt es: "Verlage veröffentlichen ihre Inhalte im Netz, weil sie gefunden werden wollen. Google hilft bei der Verbreitung." Jede Minute würden weltweit 100.000 Besucher von Google News auf Verlagsangebote weitergeleitet.

Das Netz lange ignoriert

Gelingt Microsoft das Geschäft mit Murdoch, würde das auch dem Softwarekonzern nutzen: Die hauseigene Suchmaschine Bing hätte damit auf einen Schlag exklusiv Inhalte der News Corp. und könnte gegen Google punkten. Microsoft, das belegt die Geschichte, stand seit je mit dem Internet, mit seinen Entwicklungen und - vor allem - mit seinen Protagonisten auf Kriegsfuß.

Das liegt vor allem auch daran, dass der Konzern aus Redmond das Netz bis zum Ende des vergangenen Jahrtausends für eine vernachlässigbare Größe hielt. Und wohl auch halten durfte. Denn bis dahin galten Computer vor allem als stationäre Büromaschinen, die von Microsoft nur mit Betriebssystem und Bürosoftware ausgestattet wurden. Für Microsoft waren dies die fetten Jahre.

Als dann aber absehbar wurde, dass das Internet nicht lediglich ein virtueller Ort zur Selbstdarstellung von Firmen bleiben würde, zettelte Microsoft Ende der 90er Jahre den ersten Browserkrieg an, und zwar gegen den Platzhirschen Netscape.

Microsoft-Gründer Bill Gates musste die Seinen allerdings in die Schlacht tragen, um dem Produkt Netscape Navigator mit dem eigenen Internet Explorer Paroli bieten zu können. Doch seitdem hat sich das Netz gewandelt. Und es ist zuerst der Google-Konzern, der mit seinen Produkten dafür sorgt, dass sich digitales Leben und Arbeiten nun im Web und nicht mehr auf dem lokalen Rechner abspielt.

Konkurrenten auf vielen Gebieten

Ja, Google fordert Microsoft sogar auf dessen angestammten Gelände heraus: Gegen das hoch gelobte Betriebssystem Windows 7 von Microsoft bringt Google bald sein Chrome OS in Stellung, ein Betriebssystem, das die Rechnerarchitektur wohl nur noch als Zugang zum Netz begreift, nicht mehr als ausschließliche Plattform. Auf dem Handymarkt punktet Google mit Android als Betriebssystem für Smartphones gegen Windows Mobile. Selbst bei Office-Anwendungen plustert sich Google mit den Google Docs auf, um neben Microsofts Word und Excel wahrgenommen zu werden.

Schon fast klassisch ist die Konkurrenz in den Email-Produkten von Googles Gmail und Microsofts Hotmail. Ein noch nur angedeuteter Kriegsschauplatz dagegen ist, dass Microsofts sehr weit verbreiteter Instant-Messaging-Dienst Live Messenger demnächst ernsthafte Konkurrenz von Google Wave erwachsen wird.

Bei Suchmaschinen feiert allerdings Microsoft schon erste Erfolge: So nutzt im Heimatmarkt USA bereits einer von zehn Surfern Bing. Platzhirsch Google nutzen aber noch immer sieben, in Deutschland sogar neun von zehn Internetnutzern.

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