Boom beim Online-Shopping:Der Konsum der Zukunft

Versandhändler verkaufen immer mehr Waren online und locken selbst Senioren ins Internet. Das bequeme Stöbern verführt zum Konsum. Der klassische Katalog hat dadurch allerdings noch nicht ausgedient.

Kristina Läsker

Gemütlich auf dem Sofa fläzen, mit dem iPad daddeln - und lustvoll den Kaufknopf klicken. So sieht die Vision der Handelshäuser vom optimalen Internetkunden aus. "iPads", so schwärmt Rainer Hillebrand, "bringen den genussvollen Kontrollverlust."

Onlineshopping

Einkauf per Tastendruck: Machen Online-Einkäufe den klassischen Katalog überflüssig?

(Foto: iStockphoto/Bluestocking)

Der Chef des Versandhändlers Otto setzt darauf, dass mobile Geräte wie der Tabletcomputer von Apple künftig zum Shoppen verführen. "Der Kommerz kommt raus aus dem Arbeitszimmer rauf auf die Couch."

Dass der Otto-Manager richtig liegen könnte, zeigt die Verbraucherstudie "Distanzhandel in Deutschland", die am Dienstag vorgestellt wurde. Ob mit Verstand gekauft oder mit Bauch: Immer mehr Menschen greifen im World Wide Web zu. Seien es Tabletten, T-Shirts oder ein Toaster - die Deutschen haben 2010 für gut 18,3 Milliarden Euro online eingekauft. Ein Plus von 18 Prozent.

Insbesondere mobile Geräte wie das iPad oder internetfähige Handys (Smartphones) forcierten den Handel im Netz, sagt Thomas Lipke, Präsident des Bundesverbands des Deutschen Versandhandels (bvh), der die Studie beauftragt hat. "Dieser Trend ist unaufhaltsam."

Das merken auch die Versender. Bei Otto hätten die Kunden zuletzt mehr mit Hilfe mobiler Geräte geordert als erwartet. "Wir hatten 200 Prozent mehr M-Commerce", sagt Firmenchef Hillebrand, "das hat uns überrascht."

60 Prozent Online-Bestellungen

Die Folge: Klassische Bestellwege per Katalog, Telefon, Fax oder Brief werden seltener eingeschlagen. Im Schnitt bestellen bundesweit sechs von zehn Kunden online. Ottos Wettbewerber Neckermann etwa war im Weihnachtsgeschäft schon etwas weiter: 70 Prozent aller Waren gingen per Mausklick weg.

Wenn die Händler aber gehofft hatten, durch den Vormarsch des Internets irgendwann einmal auf ihre schweren Papierkataloge samt hoher Druckkosten verzichten zu können, dann haben sie sich gewaltig geirrt. "Der Katalog behält seine tragende Rolle", meint bvh-Präsident Lipke.

Noch immer informierten sich zwei Drittel aller Kunden in Katalogen, bevor sie im Netz einkauften, verrät die Studie. Das gilt auch umgekehrt: Etliche Interessenten gingen erst surfen und bestellten dann per Katalog.

Geht es nach den Versandhändlern, so sollen die leichter handhabbaren Smartphones vor allem die Senioren - und damit treue Katalogkunden - zum Online-Kauf verführen. Viele Ältere hätten nie einen Computer besessen, aber dafür jetzt ein Smartphone, so Lipke. "Wir überspringen eine Generation."

Damit sich solche kühnen Pläne erfüllen, müssen sich Smartphones aber noch stärker verbreiten. Der Verband geht davon aus, dass im nächsten Jahr gut jeder fünfte Deutsche ein internetfähiges Handy besitzen wird, doppelt so viele wie heute.

Ein Berg an Arbeit

Doch egal, welche Geräte der Deutsche für seinen Kaufrausch im World Wide Web nutzt, die Wünsche sind gleich geblieben: Frauen - sie kaufen generell mehr im Netz - greifen am liebsten nach Kleidung, Schuhen, Möbeln und Dekorationsartikel. Bei den Männern stehen CDs, DVDs und Unterhaltungselektronik ganz oben auf der Kaufliste.

Die Versandhändler frohlockten über die neuen Impulse via Internet: Im vergangenen Jahr haben die Verbraucher insgesamt für 30,3 Milliarden Euro per Versand bestellt. So hat jeder Deutsche im Schnitt knapp 378 Euro ausgegeben; das sind 15 Euro mehr als im Vorjahr. Im Internet bestellten die Menschen davon Waren im Wert von 18,3 Milliarden Euro.

Darin sind Umsätze für Dienstleistungen wie Bahntickets, Urlaubsreisen, Konzertkarten oder digitale Downloads von zuletzt etwa sieben Milliarden Euro noch nicht einmal enthalten. Auch im laufenden Jahr erwartet die Versender ein kräftiges Wachstum um 5,6 Prozent auf insgesamt 31,9 Milliarden Euro.

Neue Impulse erhoffen sich die Händler dabei von sozialen Netzwerken wie Facebook oder Xing. Schon heute tummeln sich etliche Firmen dort, um ihre Kunden zu erwischen. Doch nicht immer seien die Unternehmen auf die geballten Rückmeldungen durch Facebook oder auch den Kurznachrichtendienst Twitter vorbereitet, sagt Thomas Lipke. "Das verursacht in den Unternehmen einen riesigen Berg an Arbeit."

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