Blackberry, Nokia und Co:Smartphones: Kampf um die Weltherrschaft

Der Blackberry-Hersteller RIM verteidigt seine Position auf dem hart umkämpften Handymarkt, Nokia versucht, Anschluss zu gewinnen. Den haben andere bereits verloren.

Varinia Bernau

Im Rennen um die Spitzenposition auf dem Markt der Smartphones hat der Blackberry-Hersteller RIM überraschend zugelegt: In dem Ende August abgelaufenen Geschäftsquartal steigerte der kanadische Konzern seinen Umsatz um ein knappes Drittel auf 4,62 Milliarden Dollar.

Der wahre Triumph jedoch, den RIM in der Nacht zum Freitag verkündete, steckt hinter einer anderen Zahl: 4,5 Millionen neue Kunden innerhalb von drei Monaten. Dies ist eine wertvolle Währung auf dem hart umkämpften Markt der klugen Handys, die nicht nur zum Telefonieren taugen, sondern auch zum Verwalten von E-Mails und Terminen, zum Musikhören oder Orientieren.

Nach einer Schätzung des Marktforschungsinstituts IDC werden in diesem Jahr weltweit mehr als 269 Millionen Geräte verkauft, um die Hälfte mehr als noch im vergangenen Jahr.

Bislang ist Blackberry unter den Smartphone-Herstellern die Nummer zwei - mit einem Marktanteil von 18 Prozent. Im Vergleich zu 2009 ist der Konzern damit leicht zurückgefallen.

Analysten hatten befürchtet, dass der Streit, den RIM mit Regierungen in arabischen Ländern sowie in Indien führt, dem Konzern noch stärker zusetzen würde. Die Politiker fordern Zugriff auf verschlüsselte E-Mails, die über Blackberrys verschickt werden.

Datensicherheit als Schlüssel

RIM hat sich geweigert - und trotzdem zumindest in Indien erreicht, dass die Abschaltung seines Dienstes in dem Schwellenland für zwei Monate aufgeschoben wird. "RIM versteht viel von Datensicherheit. Da kann kein anderer Smartphone-Hersteller mithalten", sagt IDC-Analyst Kevin Restivo. Vor allem Geschäftsleute würden deshalb auch in Zukunft auf RIM setzen.

Beherrscht wird der Markt der Alleskönner-Handys von Nokia. Noch. Denn deren Marktanteil von 38 Prozent trügt: Kein anderer Hersteller ist zuletzt so stark zurückgefallen wie der finnische Mobilfunkkonzern. In einem Interview mit der Financial Times Deutschland hat Strategievorstand Kai Öistämö nun eingeräumt, sein Unternehmen habe den Wandel unterschätzt: "Wir waren spät dran, in das Spiel hineinzugehen."

Das Spiel ist noch nicht entschieden

Doch Branchenbeobachter sehen das Rennen noch nicht verloren. "Gerade in Europa hat Nokia eine starke Markenkraft und eine große Kundschaft, die es für seine Smartphones gewinnen kann", sagt Analyst Restivo. Dass sich der Mobilfunkkonzern Ende voriger Woche den einstigen Microsoft-Manager Stephen Elop an die Spitze geholt hat, sei ein Schritt in die richtige Richtung. Telefone, die längst zu kleinen Taschencomputerngeworden sind, brauchen vor allem gute Computerprogramme. Und Elop wisse um die Bedeutung von Software, sagt Restivo.

Anders als es das Straßenbild in europäischen und amerikanischen Großstädten nahelegt, ist Apple weltweit nur die Nummer drei der Smartphone-Hersteller. Denn das iPhone ist teuer. Apple aber gibt den Takt vor - etwa, indem der Konzern die Welt glauben macht, Telefone bräuchten Streicheleinheiten.

Bei seinen zu Wochenbeginn vorgestellten drei neuen Geräten setzt Nokia ebenso wie Apple auf einen sogenannten Touchscreen, einen Bildschirm, der sich per Fingerstreich bedienen lässt. Und auch RIM ahmte den Konkurrenten im August zumindest ein wenig nach: Beim Blackberry Torch lässt sich die vor allem von Geschäftsleuten geschätzte Tastatur unter einen Touchscreen schieben. "So hält RIM seine wichtigen Kunden, nämlich Geschäftsleute, davon ab, zum iPhone zu wechseln. Und es macht seine Produktpalette gleichzeitig für den privaten Nutzer attraktiver", sagt Restivo.

Google sammelt Marktanteile

Die Anteile, die Nokia auf dem Smartphone-Markt verloren hat, sammelte allerdings keineswegs Apple ein. Sondern der Internetkonzern Google - in einer Allianz mit Handyherstellern wie HTC, Motorola oder Samsung.

Zu Jahresbeginn hat Google ein eigenes Smartphone herausgebracht, zudem stellt das Unternehmen sein mobiles Betriebssystem Android anderen zur Verfügung. Und zwar kostenlos. Der Internetkonzern versucht so, seine Gewinne aus Werbung, die bislang auf Computerbildschirmen landet, in die Zeit des mobilen Internet zu retten.

Dass mit Apple und Google Unternehmen im Geschäft mit den klugen Telefonen mitmischen, die früher keine Rolle im Mobilfunk spielten, zeigt, wie viel Bewegung in der Branche ist.

Mancher bleibt dabei auf der Strecke: Beim weltweit drittgrößten Handyhersteller LG ist am Freitag Konzernchef Nam Yong zurückgetreten. Weil er, ähnlich wie Ex-Nokia-Chef Olli-Pekka Kallasvuo, den Trend zu Smartphones verschlafen hat. LG hatte zuletzt stark an Umsatz verloren - und ein eigenes Smartphone erst in dieser Woche auf den Markt gebracht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: