Berufsziel: App-Entwickler:Kleine Programme, große Chancen

Experten für die Entwicklung von Smartphone-Apps sind momentan wohl die begehrtesten Arbeitnehmer Deutschlands. Gerade junge Programmierer zieht es in die Branche, in der enorme Gehälter und Honorare gezahlt werden.

Jürgen Hoffmann

"Ich habe den Einstieg in die Branche geschafft und meinen Traumjob gefunden" - ein starker Satz für einen Mann, der gerade mal 20 Jahre alt ist und weder Abitur noch Studienabschluss hat. Frederic Hinck programmiert seit zwei Jahren kleine Programme für internetfähige Geräte wie beispielsweise iPhone, Android , Blackberry oder Tablet Computer.

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Kleine Programme für Smartphones. Viele Berufseinsteiger haben im Bereich der App-Entwicklung große Chancen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Das Feld dieser Applikationen, kurz Apps, ist weit: Es gibt Nachrichtenseiten, Navigationsprogramme, Sprachtrainer, Fitnesscoaches, Spiele, Ratgeber, Rechner oder Social-Media-Anwendungen.

Weltweit existieren mittlerweile mehr als 520000 verschiedene Apps. Viele lassen sich kostenlos nutzen, andere für wenige Cents oder mehrere Euros. Sogar die katholische Kirche in Amerika macht beim bunten Geschäft mit: Für etwa 1,30 Euro soll mit dem Programm "Confession - A Roman Catholic App" mit dem Druck auf ein paar Tasten das Sakrament der Buße gelingen.

Der Siegeszug der Apps sorgt auf dem Arbeitsmarkt für einen Run auf Entwickler. Frederic Hinck ist ein gutes Beispiel dafür, dass oft auch eine Nebentür ans Ziel führt: In der Schule hatte sich der Hamburger nie besonders wohl gefühlt.

Er scheiterte an der Zulassung für die Abiturprüfung. "Seit der zwölften Klasse hatte ich mich mit Themen herumgeschlagen, die mich eigentlich nicht interessierten", sagt er. Kurse wie Informatik, an denen er großen Spaß gehabt hätte, waren nicht zustande gekommen.

Vom Praktikant zum "Junior Software Engineer"

Als er erfuhr, dass seine Leistungen in zwei Fächern nicht für die Reifeprüfung reichen würden, entschied er sich, einen neuen Weg einzuschlagen. Mit seinen Grundkenntnissen in der Programmiersprache C++ absolvierte er ein vierwöchiges Praktikum im Hamburger IT-Unternehmen Newscope.

"Danach wusste ich, was ich künftig machen will." Jetzt wird er Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung. Hinck ist im dritten Lehrjahr, im Juni ist Prüfung - ein halbes Jahr früher als geplant. Die Entwicklung von Apps begeistert ihn. Dass er in der heißen Phase kurz vor Fertigstellung eines Programms besonders hart arbeiten muss, stört ihn nicht.

Informatiker bevorzugt

Gerd Nicklisch, Geschäftsführer von Newscope, hatte das Potential des Senkrechtstarters früh erkannt: "Frederic war zu Beginn schüchtern, aber beim Thema iPhone-Apps blitzten seine Augen. Ich merkte: Hier brennt jemand für seine Ideen." Nicklisch lobt außerdem die Teamfähigkeit seines jungen Mitarbeiters.

BlackBerry World

Der Smartphone-Markt wächst und mit ihm der Markt der Apps.

(Foto: Bloomberg)

Mittlerweile entwickelt der begabte Spezialist schon in verschiedenen Programmiersprachen und entwirft als "Junior Software Engineer" zusammen mit Kollegen eigene Mini-Programme. Eine App des Unternehmens heißt beispielsweise "Kopfnuss - A Brain Twister", ein Memoryspiel, das auf allen gängigen Geräten läuft.

Matthias Käppler ist App-Entwickler bei Qype, einer Internet-Plattform mit etwa hundert Mitarbeitern. Qype versammelt ungefähr 1,6 Millionen Empfehlungen und Bewertungen von Restaurants und Kfz-Werkstätten, Waschsalons und Wellness-Studios bundesweit.

Käppler leitet größere technische Projekte und fungiert als Mentor für Neueinsteiger. Die besten Einstiegschancen hätten Kandidaten mit Fachhochschul- oder Universitätsstudium, meint der 28-Jährige, "idealerweise im Bereich Informatik". Aber auch ohne Studium könne man bei Qype Karriere machen.

Karriere macht, wer gut ist

Erst kürzlich sei wieder ein solcher Bewerber eingestellt worden: "Wenn uns jemand im Job-Interview überzeugt, dann bekommt er dieselbe Chance wie jemand, der mit einem Einser-Uniabschluss punkten kann." Das Unternehmen lege viel Wert darauf, dass Kandidaten auch menschlich ins Team passen.

Und die Aufstiegschancen? Käppler: "Die hängen in unserer Branche entscheidend von der Motivation und der Effizienz der abgelieferten Arbeit ab." Und natürlich vom Wachstum des Unternehmens, in dem man arbeitet.

Hier sei Qype eine gute Adresse, denn die hauseigene App laufe im Zeitalter der Vernetzung über Facebook und andere soziale Medien gut und sei bereits etwa eine Million Mal aus dem Internet heruntergeladen worden.

Reich wird man als angestellter App-Entwickler nicht: Der Verdienst liegt je nach Abschluss und Fähigkeit zwischen 2000 und 4000 Euro brutto monatlich. Vielerorts gibt es Provisionen obendrauf.

Noch kein Studium zum App-Entwickler

Tellez of Universidad Autonoma de Baja California plays a game on a Motorola Xoom tablet at the Google I/O Developers Conference in the Moscone Center in San Francisco

Auch für Tablet-PCs werden App-Entwickler benötigt.

(Foto: REUTERS)

Einen Königsweg zum Entwickler der Programme für die Hosentaschen-Alleskönner gibt es nicht. Noch keine deutsche Hochschule bietet einen Studiengang zum App-Entwickler. Deswegen ist eine Eintrittskarte in den Job auch solides Wissen und Können im Bereich Mediendesign oder Kommunikationswissenschaften.

Das Wichtigste in der aufstrebenden Szene sind Programmierkenntnisse und Leidenschaft. Von der Goldgräberstimmung in der Szene der App-Entwickler profitieren Berufseinsteiger, die schnell eine feste Anstellung finden, wenn sie eine solche suchen, und die Stars unter den Freelancern, die nicht im Auftrag von Großunternehmen kleine Programme entwickeln, sondern auf eigene Rechnung.

Wenn ein Spiel, ein Navigations- oder News-Programm beispielsweise im App-Store von Apple ein Renner wird, fließen schnell 50000 oder 100000 Euro und mehr auf das Konto des Erfinders, denn vom Verkaufspreis eines Apps bleiben dem Entwickler 70 Prozent, Apple erhält 30 Prozent. Wird ein App also für 1,29 Euro 300000 Mal heruntergeladen, landen von den 387000 Euro Umsatz gut 270000 Euro beim Entwickler.

Doch einzelnen Entwicklern gelingen solche Coups inzwischen nur noch selten. Das wissen auch drei Schüler, die sich zur App-Schmiede Skapandi Media zusammengeschlossen haben. Die 16-Jährigen stammen aus Baden-Württemberg und Hessen und haben sich über das Internet kennengelernt.

Zubrot zum Taschengeld

Ihr Nachrichtenprogramm für das Computerspiel "Call of Duty: Black Ops" wurde mehr als 50000 Mal von iPhone-Besitzern heruntergeladen. Ihr neues Projekt "Today!", eine graphisch aufgebaute Organisations-App, soll den Arbeitsalltag erleichtern.

Das technische Know-how haben sich die jungen Talente selbst beigebracht. Sie verdienen an einer App bis zu 1000 Euro. Gründungsmitglied Nicolai Davidsson aus Stuttgart will nach dem Abitur Informatik studieren. "Ich werde nicht mein Leben lang Apps programmieren, damit verdienen wir uns jetzt als Schüler nur ein Zubrot", sagt Davidsson. "Ich kann mir gut vorstellen, später in der Softwareentwicklung für die Spielebranche zu arbeiten."

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