Apple präsentiert neues Handy:Ein iPhone auf Speed

Kompass, Videokamera und mehr Tempo: Unter dem Jubel von 5000 Anhängern hat Apple das iPhone 3G-S vorgestellt. Auf Steve Jobs wartete die Menge allerdings vergeblich.

Christopher Schrader, San Francisco

Der Computerhersteller Apple hat am Montag ein neues iPhone, überarbeitete Laptop-Computer sowie neue Betriebssysteme für beide vorgestellt. Die Computer werden bei verbesserter Leistung preiswerter, das Telefon bekommt zum gleichen Preis wie bisherige Modelle neben einer doppelt so großen Speicherkapazität eine neue Kamera, einen Kompass und Sprachsteuerung. Die Software schließlich soll den neuen Geräten weitere Leistungssprünge ermöglichen.

Schiller, iPhone 3G-S, AP

Phil Schiller präsentiert in San Francisco das neue iPhone 3G-S.

(Foto: Foto: AP)

Apple baue damit seinen Vorsprung vor anderen Herstellern noch weiter aus, sagte Phil Schiller von Apple, der als Senior Vice President für das weltweite Produkt-Marketing zuständig ist, unter dem Jubel von mehr als 5000 Anhängern der Marke.

Traditionell lädt das Apple-Management Anfang Juni Software-Entwickler nach San Francisco zu einer Konferenz ein. Die Programmierer haben mehr als 1000 Dollar bezahlt, um an der ausverkauften Veranstaltung teilzunehmen. Sie erfahren dort Einzelheiten neuer Betriebssysteme, um ihre Produkte darauf abstellen zu können. In einem wohlorchestrierten Einführungsvortrag stellen leitende Apple-Manager dabei neue Produkte vor.

Bisher hatte der Chef des Herstellers, Steve Jobs, diese Vorträge gehalten. Doch weil er sich aus Krankheitsgründen für einige Monate zurückgezogen hat, übernahm es Schiller, durch die zwei Stunden zu führen. Jobs blieb abwesend, Spekulationen auf einen unangekündigten Überraschungsbesuch erfüllten sich daher nicht - womöglich deswegen sank der Aktienkurs des Herstellers nach dem Vortrag auch ein wenig.

Der Stimmung im Saal tat das wenig Abbruch, immer wieder bejubelten die versammelten Entwickler die Worte von der Bühne. Offenbar waren viele Wünsche an die bestehenden Produkte erfüllt worden; auch die Seitenhiebe auf Microsoft mit seinem Windows-Betriebssystem und auf die Telefon-Gesellschaft AT&T kamen gut an. Obwohl der Netzprovider in den USA alleiniger Betriebspartner von Apple für das iPhone ist, schafft er es im Gegensatz zu Konkurrenzfirmen nicht, sein Netz technisch für manche der Neuerungen in der Hard- und Software des Mobiltelefons vorzubereiten.

Neues iPhone

Die wohl spektakulärste Ankündigung hatte sich Phil Schiller für den Schluss aufgehoben. Bereits am 19. Juni bringt Apple in den USA und einigen anderen Ländern, zu denen Deutschland gehört, das neue iPhone 3G-S heraus. Das "S" steht dabei nach den Worten des Managers für Speed, also Geschwindigkeit. Das Innenleben des Geräts sei so verbessert worden, dass es die meisten Aufgabe doppelt so schnell erledige wie das bisherige iPhone 3G.

Die Webseite der New York Times lade das Handy sogar fast dreimal so schnell. Trotzdem halte die Batterie länger, neun statt sechs Stunden im Internet, 30 statt 24 Stunden beim Musikhören. Außerdem hat Apple die Speicherkapazität verdoppelt, das Gerät ist nun mit 16 oder 32 Gigabyte Speicher erhältlich. In den USA verkauft Apple die beiden Modell dennoch zum gleichen Preis wie die bisherigen: 199 und 299 Dollar. Deutsche Preise stehen noch nicht fest.

Sprachkommando und Kompass

Für das Geld bekommt der Käufer ein Mobiltelefon, das äußerlich unverändert erscheint. Es hat aber neue Hardware-Komponenten, von denen die neue Kamera hervorsticht - mit diesem Umstand spielt die Firma auch im neuen Fernsehspot für das Gerät. Die Kamera nimmt nun Fotos mit drei statt zwei Megapixeln Auflösung auf.

Das ist immer noch wenig verglichen mit den Werten manch anderer Handys. Apple hat jedoch auch den Fokus der Kamera überarbeitet. Sie arbeitet jetzt auch im Makrobereich und kann somit Käfer, Blüten oder Visitenkarten abfotografieren. Und der Benutzer kann auf einem Motiv mit großer Tiefenschärfe auswählen, ob die Kamera auf den Vorder- oder Hintergrund fokussieren soll.

Zudem nimmt das iPhone nun auch Videos auf - für das Fehlen dieser Eigenschaft war Apple bisher heftig kritisiert worden. Das Gerät speichert Filme mit 30 Bildern pro Sekunde in VGA-Auflösung (640 mal 480 Pixel) samt Tonspur. Der Nutzer kann sie am Gerät kürzen, aber nicht auf andere Weise schneiden, und dann versenden.

Das neue iPhone lässt sich zudem mit Sprachkommandos steuern. Nach einem langen Druck auf den sogenannten Home-Button, den einzigen Knopf auf der Vorderseite des Gerätes, kann der Nutzer zum Beispiel sagen: "Rufe Johann Müller an". Das Handy sucht dann die Person aus dem Adressbuch, fragt unter Umständen nach, ob Büro- oder Privatnummer gewünscht sind und stellt die Verbindung her. Auch beim Musikhören ist die Funktion nützlich, weil der Nutzer sein Gerät anweisen kann, eine bestimmte Playlist abzuspielen. Oder er kann sich den Titel des augenblicklichen Songs vorsprechen lassen.

Auch einen Kompass hat Apple in das iPhone 3G-S eingebaut. Er kann nicht nur mit einer nachgestellten Kompassnadel nach Norden zeigen, auf Knopfdruck stellt das iPhone auch die momentane Position auf einer Karte da, die es nun so ausrichten kann, dass sie der Perspektive des Beobachters entspricht anstatt genordet zu sein. Hinzu kommt die Möglichkeit, den gesamten Datenbestand auf dem Handy mit einer Hardware-Verschlüsselung vor fremdem Zugriff zu schützen. Das bisherige iPhone 3G, das all diese neuen Funktionen nicht hat, verkauft Apple in der 8-Gigabyte-Version weiter, in den USA kostet es ab sofort nur noch 99 Dollar (vorher 199 Dollar).

iPhone-Betriebssytem

Auch dieses Modell sowie das erste iPhone, das weder Signale der Navigationssatelliten im GPS-System empfangen noch das UMTS-Netz nutzen konnte, lassen sich aber mit dem neuen Betriebssystem 3.0 aufrüsten. Apple stellt es am 17. Juni bereit. Es ist für iPhone-Besitzer kostenlos, für Nutzer eines iPod Touch kostet es in den USA 9,95 Dollar. Mit dieser Version hat Apple viele Schwachstellen seines Mobiltelefons beseitigt und es auch für Geschäftskunden interessant gemacht.

Laut Scott Forstall, der als Senior Vice President die Vorstellung der Software übernahm, hat das Betriebssystem mehr als 100 neue oder verbesserte Funktionen. Als Erstes nannte er die Fähigkeit, Textpassagen auszuwählen, zu speichern und woanders einzusetzen (Copy & Paste). Wenn man dabei einen Fehler gemacht habe, müsse man das Handy nur schütteln, um ihn rückgängig zu machen. In vielen Programmen lasse sich die virtuelle Tastatur nun auch bei quer gehaltenem Bildschirm nutzen, etwa beim Tippen von E-Mails.

"Find my iPhone"

iPhone 3G-S, AP

Das neue iPhone 3G-S mit Videokamera, Autofokus-Funktion und Kompass.

(Foto: Foto: AP)

Statt nur SMS könne das Gerät nun auch MMS mit Bildern, Filmen oder anderen Inhalten verschicken - wo die Netzbetreiber das möglich gemacht haben (AT&T schafft es erst im Sommer). Außerdem gebe es bessere Suchfunktionen, auch übergreifend über verschiedene Programme. Zwei große Neuerungen dürften viele Benutzer freuen, die diese schmerzlich vermisst haben. Der Safari-Browser des iPhone unterstützt nun auch Streaming, so dass man damit nicht nur Youtube-Filmchen anschauen kann, sondern voraussichtlich auch die "Tagesschau" im Internet. Der Browser wähle automatisch die zur augenblicklichen Internet-Verbindung passende Datenrate aus.

Außerdem kann das iPhone seine Internetverbindung nun einem Computer zur Verfügung stellen, an den es per Kabel oder Bluetooth gekoppelt ist. Allerdings müssen dem noch die Netzbetreiber zustimmen, nicht unbedingt, weil sie sich technisch darauf einstellen müssten, sondern weil die bisherigen Nutzungsverträge diese Nutzung des iPhones als Modem nicht erlauben. In der Liste der Anbieter, die mitziehen, stand der deutsche Partner T-Mobile, während AT&T auch hier fehlte.

Große Heiterkeit löste Forstall zudem mit der neuen Funktion "Find my iPhone" aus. Wer das Handy irgendwo liegenlässt oder Opfer eines Diebstahls wurde, der kann (eine Mitgliedschaft im Online-Dienst "mobile me" vorausgesetzt) sich den Standort des Handys auf einer Karte anzeigen lassen. Dann gibt es mehrere Optionen: Entweder man sendet einen Hinweis an einen möglichen Finder, wo er anrufen soll, den das Mobiltelefon anzeigt. Dazu spielt es einen Alarmton, auch wenn es vorher auf lautlos stand. Er persönlich würde es dann zu Hause unter dem Sofa finden, sagte Forstall. Lässt sich das iPhone hingegen nicht mehr beschaffen, kann der Besitzer mit der neuen Funktion aus der Ferne zudem sämtliche Daten löschen.

Weitere Möglichkeiten für das Handy sollen die in San Francisco versammelten Programmierer schaffen, so Forstall. Apple hat die Möglichkeit geschaffen, dass Kunden innerhalb der sogenannten Apps, also der Zusatzprogramme, die über Apple-Internetdienste verteilt werden, weitere Inhalte kaufen. Das können neue Automodelle und Rennstrecken für ein Spiel sein oder ganze Bücher, die aus einem Portal für Druckerzeugnisse auf das iPhone geladen werden.

Für andere Spiele können sich mehrere der Apple-Handys per Bluetooth oder über das Internet verbinden und so zum Beispiel auf beiden Geräten ein Backgammon-Brett aus unterschiedlichen Perspektiven zeigen. Außerdem kann das iPhone jetzt leichter mit externen Geräten zusammenarbeiten: Eine Firma zeigte während des Vortrags ein Programm, das EKG- und Blutdruck-Kurven vom Bett eines Intensiv-Patienten zu seinem Arzt überträgt. Der Mediziner kann die Daten mit dem Mobiltelefon durchsuchen, auf Einzelheiten heranzoomen und an den Kurven Messungen machen.

Neue MacBooks

Dem iPhone mit seiner Software widmeten die Apple-Vertreter die zweite Hälfte ihres Vortrags in San Francisco. Eröffnet hatte Phil Schiller die Vorstellung mit den Einzelheiten zu neuen Laptop-Computern. Die Geräte mit 13, 15 und 17-Zoll-Monitoren (33, 38 und 43 Zentimeter Bildschirm-Diagonale) sind schneller und deutlich billiger geworden, sie sind in Deutschland ab sofort ab 1149, 1599 und 2299 Euro zu erhalten. Der Bildschirm ist jeweils per LED von hinten beleuchtet.

Alle haben nun eine fest eingebaute Batterie, die laut Apple nicht nur sieben oder acht Stunden am Stück Energie liefert - zwei Stunden mehr als bei bisherigen Modellen -, sondern bis zu 1000 Ladezyklen aushalten, bevor sie ausgetauscht werden müssen. Das seien dreimal so viele wie bei herkömmlichen Akkus. Sie hielten bei normalen Nutzern fünf Jahre, länger als die normale Nutzungsdauer des Computers, sagte Phil Schiller.

Offene Kampfansage an Microsoft

Alle drei Computer haben jetzt auch einen Leseschlitz für SD-Speicherkarten, die in vielen Kameras benutzt werden. Auch das kleine 13-Zoll-Notebook besitzt zudem wieder einen Firewire-Anschluss, den Apple beim Vorgängermodell weggelassen hatte - das hatte der Firma einige Kritik eingetragen, darum jubelte an dieser Stelle das Auditorium in San Francisco.

Die beiden größeren der drei Computer können mit bis zu acht Gigabyte Arbeitsspeicher ausgestattet werden und sind mit 500-Gigabyte-Festplatten erhältlich. Aus Platzgründen gibt es in dem 13-Zoll-Modell nur noch eine Buchse, die als Kopfhörerausgang oder Mikrofoneingang genutzt werden kann. Wegen der zusätzlichen Funktionen, die auch eine Beleuchtung der Tastatur umfassen, heißt es jetzt auch MacBook Pro. Auch das leichtere MacBook Air ist bei besseren Prozessoren und größeren Festplatten billiger geworden.

Neues Betriebssystem ab September

Die Vorstellung der sechsten Version des Betriebssystems Mac OS-X überließ Schiller seinem Kollegen Bertrand Serlet. Die Software mit dem Spitznamen "Snow Leopard" soll im September veröffentlicht werden. Als Update soll sie für Nutzer der aktuellen Version 5, genannt "Leopard" nur 29 Dollar kosten. Apple vollendet damit den Schritt von einem 32-Bit- zu einem 64-Bit-Betriebssystem, was den Umgang mit großen Dateien verbessert.

Außerdem kann das neue System die verschiedenen Prozessoren moderner Computer besser ansprechen. Trotzdem braucht die Installation laut Serlet sechs Gigabyte weniger Platz auf der Festplatte als das vorige System. An mehr als 1000 Stellen sei die Software verbessert worden. Das betrifft zum Beispiel das Kopieren von Text aus pdf-Dateien mit Hilfe des Programms Vorschau, wo die Software jetzt die Spalten erkennt. Das Navigieren zwischen den Fenstern auf dem Bildschirm mittels Expose wird verbessert; Dateien lassen sich über kleine Abbildungen in Ordnern und Stapeln besser anschauen, ohne das entsprechende Programm zu öffnen oder auch nur zu besitzen.

Besondere Aufmerksamkeit verwandte Serlet auf die neueste, die vierte Version des Apple-Browsers Safari, die wenige Stunden nach dem Vortrag schon heruntergeladen und installiert werden konnte. Das Programm erstellt eine grafische Übersicht der am meisten von seinem Benutzer besuchten Webseiten, die er dann per Mausklick in einem neuen Fenster oder Tab auswählen kann. Wer in seiner Surf-Geschichte eine zuvor gesehene Seite im Netz sucht, dem zeigt Safari jetzt kleine Abbilder aller Bildschirme, die aussehen wie die Abfolge der CD-Cover im iPod (Coverflow), und kann darin auch nach Stichworten suchen.

Mit einem der vielen kleinen Seitenhiebe auf Microsoft schließlich verband Serlet die Ankündigung, Apple-Rechner könnten sich nun auch mit sogenannten Exchange-Servern verbinden, auf denen viele Firmen ihre E-Mail haben, mit denen sie aber auch Termine und Aufgaben verwalten. Apples Programm für diese Zwecke koordiniert sich jetzt mit diesen Firmenservern. So lassen sich etwa mit dem Kalenderprogramm iCal Gesprächstermine einer ganzen Gruppe von Kollegen koordinieren.

Ist dann der vorgesehene Besprechungsraum nicht frei, schlägt das Programm nach Rückfrage bei Exchange einen anderen Termin vor. Wenn diese Fähigkeiten bei Apple nun Teil des Betriebssystems seien, und damit umsonst, wieso könne dann Microsoft für die entsprechende Software für Windows-Rechner Geld verlangen, fragte Serlet mit gespielter Naivität.

Der angekündigte Termin der Veröffentlichung von "Snow Leopard" ist hingegen nicht nur ein Nadelstich gegen die Konkurrenten aus Seattle, sondern eine offene Kampfansage an Microsoft. Das neue Betriebssystem erscheint im September, einen Monat vor Windows 7, mit dem der Konzern das System Vista ersetzt, das enorme Akzeptanzprobleme hatte. Gemessen an der Reaktion der Software-Entwickler in San Francisco, kann Apple das nicht passieren. Aber es war, wie immer bei diesen Veranstaltungen, ohnehin eine Predigt vor Gläubigen.

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