Verschlüsselung:Krypto-Krieg um iPhone: Gates will sich nicht gegen Apple gestellt haben

  • Im Streit um die Entschlüsselung des iPhones eines toten Terroristen stellt sich Bill Gates auf die Seite der US-Regierung.
  • Hintergrund ist die Debatte darüber, ob IT-Hersteller ihre Produkte so sichern müssen, dass der Staat die Verschlüsselung bei wichtigen Ermittlungen knacken oder umgehen kann. Diese Auseinandersetzungen werden auch als "Krypto-Kriege" bezeichnet. (Hintergründe zum Streit um Verschlüsselung hier)
  • Das US-Justizministerium erwägt einem Zeitungsbericht zufolge auch in anderen Fällen, eine Entschlüsselung zu erzwingen.

Im Streit zwischen Apple und der US-Regierung hat sich Microsoft-Gründer Bill Gates am Dienstag auf die Seite Washingtons und des FBI gestellt. Diese verlangen von Apple, Sicherheitsfunktionen eines iPhones auszuschalten, das einem Terroristen gehörte, um an die Daten auf dem Telefon zu kommen. Er sehe darin keinen Präzedenzfall, der in Zukunft die Privatsphäre gefährden würde, sagte Gates nun der Financial Times.

Kurz nach dem Interview ruderte Gates allerdings zurück. Er sei "enttäuscht von Medienberichten", die ihn als Unterstützer des FBI dargestellt hätten, sagte er Bloomberg. Er hätte Apple nicht explizit dazu aufgefordert, die Verschlüsselung zu umgehen, sondern nur für eine sinnvolle Balance von Freiheit und Sicherheit geworben.

Im Gegensatz zu Gates signalisierten die Chefs von Facebook, Google, Twitter und WhatsApp eindeutige Untersützung für die Position von Apple. Am Montag hatte Facebook-Chef Mark Zuckerberg bei einem Auftritt in Barcelona erklärt, Apple solle dem FBI in diesem Fall nicht mit einer neuen Version seines Betriebssystems helfen (sein Netzwerk wolle die Regierung allerdings im Kampf gegen Terrorismus aktiv helfen). Auch der Konzern Microsoft unterstützte über eine Industriegruppe die Position des iPhone-Herstellers. Bill Gates ist bei dem von ihm mitgegründeten Konzern nicht mehr ins operative Geschäft involviert.

"Das ist ein konkreter Fall, in dem die Regierung nach Zugang zu Informationen fragt", sagte hingegen Gates. Sie verlange keinen allgemeinen Zugriff. Die Situation sei nicht anders als bei einem Telekommunikations-Unternehmen oder einer Bank. "Sagen wir mal, die Bank hätte ein Band um die Festplatte gewickelt und gesagt, zwingt mich nicht, dieses Band durchzuschneiden, weil ihr mich dann dazu bringt, es immer wieder zu tun", argumentierte der 60-Jährige.

Worum es geht

Apple weigert sich, der US-Bundespolizei FBI technische Hilfe beim Entsperren des iPhones des toten Attentäters von San Bernardino zu leisten. Konzernchef Tim Cook sagte, dafür müsste erstmals eine Software geschrieben werden, die es möglich mache, den Passwort-Schutz auszuhebeln.

Die US-Behörden betonen, das Programm solle nur auf diesem einen Gerät laufen. Apple befürchtet jedoch, dass daraus ein Präzedenzfall wird, der alle iPhones unsicher macht, und dass die Software in falsche Hände geraten könnte.

Es ist ein politisch heikler Fall: Das iPhone wurde von Syed Rizwan Farook genutzt, der gemeinsam mit seiner Frau Anfang Dezember in San Bernardino 14 Menschen erschoss. Das FBI will herausfinden, ob die Attentäter Kontakte zu anderen Dschihadisten hatten und wer sie unterstützt hat.

Die US-Regierung wirft Apple vor, mit seiner Weigerung nur Werbung für sich selbst zu machen. Der Konzern behauptet im Gegenzug, dass die Regierung illegitime Forderungen stelle.

Zeitung berichtet von weiteren Fällen

Stimmt das, was eine US-Zeitung meldet, handelt es sich tatsächlich nicht um einen Einzelfall: Das US-Justizministerium soll demnach erwägen, auch in anderen Fällen als dem des San-Bernardino-Attentäters Apple per Gericht zum Entsperren sichergestellter iPhones zu zwingen. Es gehe um etwa ein Dutzend weitere Ermittlungen, berichtete das Wall Street Journal unter Berufung auf Insider. Fahnder hätten iPhones sichergestellt, könnten die auf den Geräten gespeicherten Daten aber wegen der Sicherheitseinstellungen nicht auswerten.

Details der Fälle seien noch nicht bekannt, es handle sich vermutlich nicht um Ermittlungen im Zusammenhang mit Terrorvorwürfen. Die sichergestellten iPhones seien zudem zumeist älter, deswegen seien die Sicherheitseinstellungen nicht so ausgereift wie bei dem Mobiltelefon des Terroristen, das mit einer der neuesten Versionen von Apples Betriebssystem läuft. Apple und das Ministerium waren zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

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