Apple-Gründer zieht sich vorerst zurück:Steve Jobs: Sein schwerster Gang

Apple ist Steve Jobs, Steve Jobs ist Apple: Weil die Krankheit den Visionär aus dem Silicon Valley übermannt, drohen seinem Unternehmen unruhige Zeiten. Auch wenn Vize Tim Cook übernimmt: Die Nachfolgefrage ist völlig offen.

Varinia Bernau und Thorsten Riedl

Wie gewohnt trägt Steve Jobs einen schwarzen Rolli, blaue Jeans, helle Turnschuhe. Entspannt steht der Mitgründer und Vorstandschef des Computerherstellers Apple auf der Bühne des Moscone-Kongresszentrums in San Francisco. Heute ist sein Tag, das weiß er. Die Menge jubelt, schon allein bei seinem Erscheinen. "Heute stellen wir drei revolutionäre Produkte vor", sagt er dann.

Die drei Produkte: ein iPod-Musikspieler, ein Telefon und etwas zum Surfen im Internet. "Aber das sind nicht drei verschiedene Geräte", ruft Jobs in den Saal, "das ist eines. Und wir nennen es das iPhone. Heute erfinden wir das Telefon neu."

Das war vor vier Jahren. Damals war die Welt noch in Ordnung. Das iPhone sorgte für eine Revolution in der Mobilfunkbranche und brachte etablierte Anbieter wie Nokia oder Microsoft mit ihren Produkten in die Klemme. Jobs war der Star.

Das New York Magazine kürte ihn zum iGod - zum Herrscher über die Technikwelt. Doch unsterblich machte das den Apple-Chef nicht. Seine Gesundheit ist so schwer angeschlagen, dass er nun schon zweiten Mal seinen Chefposten ruhen lassen muss. Viele Investoren sorgen sich um seine Rückkehr.

Vor sieben Jahren musste sich der 55-Jährige bereits wegen seiner Erkrankung an Bauchspeicheldrüsenkrebs behandeln lassen. Diese Operation ging von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt vonstatten.

Wie lange dauert die Auszeit?

Vor zwei Jahren dann der erste Rückfall: Nach langem Versteckspielen, nach Rätselraten, wieso der Apple-Chef nur abgemagert auftrat, nahm sich Jobs ein halbes Jahr Auszeit und bekam eine neue Leber.

Am Montag nun teilte er überraschend in einer Nachricht an alle Mitarbeiter mit, dass er sich wieder aus dem Tagesgeschäft zurückziehen wird. "Der Verwaltungsrat hat mir eine medizinische Auszeit gewährt, so dass ich mich auf meine Gesundheit konzentrieren kann." Nach Informationen der New York Times soll es Probleme mit der Spenderleber geben. Den Zeitpunkt seiner Rückkehr ließ Jobs offen. An seiner statt kommt Vize Tim Cook, der 2009 bereits vorübergehend die Leitung übernahm.

An der Börse herrscht Sorge, ob Jobs überhaupt wiederkommen kann. Die Aktie von Apple stieg in den vergangenen vier Jahren um das vierfache - am Montag büßte sie im Handel an den deutschen Börsen fast ein Zehntel ihres Wertes ein. Die Börsen in den USA hatten wegen eines Feiertages geschlossen.

Steve Jobs ist Apple, Apple ist Steve Jobs. In seiner Jugend lebte der heutige Vorstandschef als Hippie, kam barfuß ins College. Im April 1976 gründete er mit Steve Wozniak Apple. Ein Jahr später verkauften sie die ersten Mac-Computer. Mit 23 Jahren war Jobs Millionär. Der Börsengang 1980 machte ihn zu einem der jüngsten Multimillionäre der Branche.

Er ging im Streit und kam zurück

Mitte der achtziger Jahre überwarf sich Jobs mit dem damaligen Vorstandschef John Sculley und ging im Streit. Die Talfahrt von Apple endete erst mit der Rückkehr von Jobs zehn Jahre später. Jobs baute den Konzern, der kurz vor der Pleite stand, radikal um.

Die bunten iMac-Rechner waren ein Verkaufsschlager. 2001 stellte er den ersten digitalen Musikspieler namens iPod vor, zwei Jahre später den Internet-Musikladen iTunes. 2007 kam das iPhone dazu, 2010 der Tabletcomputer iPad.

Heute führt Apple in all diesen Produktsegmenten. Das Unternehmen ist das wertvollste Unternehmen der IT-Branche. Bei den Rechnern läuft es gut für Apple: Auf dem heimischen Markt kam zuletzt jeder zehnte verkaufte Computer von Apple. Im Vergleich zum Vorjahr hatte der Konzern gegenüber Konkurrenten wie Hewlett Packard, Dell oder Acer bereits leicht aufgeholt.

Das Charisma als größte Schwäche

Im Sommer stellt Apple sein neues Betriebssystem vor, was für viele Menschen ein zusätzlicher Anreiz sein dürfte, sich einen neuen Rechner mit dem Apfel zuzulegen. Doch der strahlende Konzern, der in den vergangenen Monaten immer neue Umsatzrekorde meldete, hat an Glanz verloren.

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Apple-Chef Steve Jobs: Gelingt dem "iGod" das nächste Comeback?

(Foto: REUTERS)

Das Charisma von Steve Jobs stärkt die Marke Apple - und ist zugleich ihre größte Schwäche. Er ist die Inkarnation jenes Lebensgefühls, das Apple mit jedem iPod, jedem iPhone und jedem iPad verkauft: Anders zu sein als die Masse.

Gerade Großstädter in der westlichen Welt sind bereit, viel Geld für dieses Lebensgefühl zwischen Avantgarde und Understatement zu bezahlen. Doch reicht dieser exklusive Zirkel aus, um langfristig Gewinn zu machen?

Mit iPhone oder iPad hat Apple neue Standards bei mobilen Geräten gesetzt. Und Nachahmer auf den Plan gerufen. Der gefährlichste Konkurrent: Google. Gefährlich, weil der Technikkonzern, der das Geld mit seiner Suchmaschine im Internet macht, die Schwächen Apples geschickt ausnutzt - etwa den Preis.

Google hat unter den Geräteherstellern Allianzen geknüpft, um sein mobiles Betriebssystem an den Mann zu bringen. Kostenlos. Ein knappes Jahr, nachdem Apple sein neueste Spielzeug, das iPad, einen flachen Rechner, der sich nicht mehr über eine Tastatur, sondern einen Fingerstreich über den Bildschirm bedienen lässt, gibt es etwa 70 ähnliche Geräte. Und kein anderes Unternehmen profitiert so stark vom Boom der Smartphones wie Google mit seinem Betriebssystem Android.

Branchenbeobachter rechnen fest damit, dass es Apples iOS noch in diesem Jahr den Rang ablaufen könnte. Auf dem Heimatmarkt hat Google dies bereits geschafft: Im vergangenen November ermittelten die US-Marktforscher von Comscore erstmals, dass mehr Mobiltelefone auf der Basis von Android verkauft wurden als iPhones.

Google: Konkurrent in Lauerstellung

Auch im Geschäft mit digitalen Zeitungen und Magazinen mischt Google zunehmend mit - und setzt Apple mit seinem Onlineladen iTunes unter Druck. Kürzlich wurde bekannt, dass der Internetkonzern Google mit verschiedenen US-Verlagen über den Aufbau eines eigenen Kiosks verhandelt, mit dem digitale Ausgaben auf Mobiltelefonen und Taschencomputern mit Googles Android-Betriebssystem geladen werden können.

Nach all dem, was bislang bekannt ist, bietet Google den Verlagen offenbar deutlich attraktivere Konditionen als Apple. Dieser behält ein Drittel der Umsätze ein, die Printhäuser mit ihren digitalen Inhalten im iTunes-Shop machen. Das ist vielen Verleger zu viel. Zumal sie dabei auch die Kundendaten, ihr wertvollstes Gut, an Apple abtreten.

Google fordert dem Vernehmen nach eine Umsatzbeteiligung von deutlich weniger als Apple - und verspricht den Verlagen mehr Informationen über die Nutzer ihrer Produkte.

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