Apple-Entwicklerkonferenz WWDC:Warten auf die große Innovation

Tim Cook

Apple-Chef Tim Cook steht in der Kritik.

(Foto: AP)

Ein neues iOS mit Gesundheits- und Eigenheim-Software - aber von neuartiger Hardware fehlt jede Spur. Apple will auf der Entwicklerkonferenz WWDC zeigen, dass das Unternehmen weiterhin innovativ ist und springt auf so ziemlich alle aktuellen Trends auf. Nur selbst setzt es keine.

Von Helmut Martin-Jung

Wann kommt das nächste große Ding von Apple? Zuerst, vor einigen Jahren, waren es nur einzelne Stimmen, die den Konzern mit dieser Frage nervten. Aber mittlerweile ist es bereits ein ganzer Chor. Er dürfte nicht kleiner werden nach der Präsentation von Apple-Chef Tim Cook und seinem Team am Montagabend in San Francisco. Vor etwa 6000 Programmierern zeigte Apple, wie man sich die Weiterentwicklung von Software und Diensten vorstellt, ein neues, in irgendeiner Weise besonderes Gerät wurde aber nicht einmal angedeutet.

Für manche war das eine Enttäuschung, denn viele hatten sich wenigstens ein neues, wegweisendes Gerät oder einen Dienst erwartet, über den nicht schon vorab spekuliert worden wäre. Bei der World Wide Developer Conference (WWDC), die immer Anfang Juni stattfindet, hatte Apple aber auch schon in den in den vergangenen Jahren immer nur neue Software, Dienste und höchstens neue Laptops gezeigt. Es wäre also einigermaßen überraschend gewesen, wenn ausgerechnet dieses Mal darüber hinaus neue, gar revolutionäre Hardware vorgestellt worden wäre.

Die Erwartungen hatte Cook, der das Unternehmen seit 2011 führt, dennoch hochgeschraubt: Neue, aufregende Produktkategorien seien in Vorbereitung, sagte er in den vergangenen Monaten gleich mehrmals. Und Eddy Cue, bei Apple zuständig für den Musikdienst iTunes, legte kürzlich sogar noch ein paar Umdrehungen nach: Die besten Produkte, die er in 25 Jahren bei Apple je gesehen hätte, habe man in der Pipeline.

Apple springt auf große Trends auf

Wie üblich - und von Apple auch so gewollt - gab es vor der Konferenz eine Menge Spekulationen darüber, was in der zeremonienartigen Präsentation zu sehen sein würde. Die meisten Zeit widmete Apple dann Ausblicken auf die kommenden Betriebssysteme für Mobilgeräte und Computer. Dabei wurde deutlich, dass sich der Konzern vorgenommen hat, auf einige der großen aktuellen Trends aufzuspringen, zum Beispiel den Trend zur Vermessung des Selbst.

Mehr und mehr Fitness-Uhren und Messgeräte drängen auf den Markt, aber auch Geräte, die den Blutdruck feststellen können oder sogar den Blutzuckergehalt messen, sind bereits - von anderen Herstellern - auf dem Markt. Indem Apple mit einer eigenen App die Daten einsammelt und die Bedienung in bewährter Weise vereinfacht und hübsch gestaltet, könnte sich ein großer und lukrativer Markt auftun. Apple arbeitet dabei auch mit renommierten Krankenhäusern wie etwa dem Johns Hopkins Hospital zusammen.

Konsequent, wenn auch nicht gerade einfach zu koordinieren erscheint auch der ebenfalls angekündigte Schritt in Richtung Haus-Automatisierung. Der Markt ist sehr zersplittert. Apple hat sich daher zunächst auf einige der wichtigsten Anbieter auf diesem Markt konzentriert. Ziel ist es, die Apps verschiedener Anbieter zu vereinen, so dass man zum Beispiel das Licht im Haus und das Garagentor mit derselben App vom Handy aus steuern kann.

Apple muss sich als kreativer Konzern beweisen

Für Tim Cook und seine Mannschaft ist es nach der WWDC mehr denn je an der Zeit zu beweisen, dass Apple noch immer jener kreative Konzern ist, als der er sich gerne geriert. Seit vor knapp vier Jahren Steve Jobs das iPad präsentierte, hat Apple nichts Vergleichbares mehr geschafft. Alle Neuigkeiten, die seither herauskamen, waren lediglich evolutionäre Weiterentwicklungen. Das gilt auch für viele der am Montag vorgestellten Neuerungen, von denen einige auch noch von anderen Anbietern abgeguckt waren, zum Beispiel von Whatsapp.

Von neuen Produktkategorien war wieder nichts zu sehen. Im Moment zehrt der Konzern noch von den Erfolgen der vergangenen Jahre. Doch Konkurrenten wie Google und neuerdings auch wieder Microsoft erobern mehr und mehr Anteile an einem Markt, der besonders in der oberen Klasse schon gut gesättigt ist. Wenn es Apple also nicht gelingt, als Innovator zu überzeugen, könnte erst das Image leiden und dann auch das Geschäft.

Die Sorge, dass der eher trockene Cook nicht so kreativ wie sein Vorgänger Steve Jobs sei, diese Sorge gibt es schon lange. Sein Führungsstil, der kooperativer ist als der von Jobs, kommt zwar besser an. Aber Cook gilt eben mehr als Zahlenmensch, als Workaholic, der sehr viel geleistet hat, um die Produktion bei Apple zu optimieren. Als Visionär für neue Produktkategorien hat er sich bis dato nicht hervorgetan.

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