Angeblich acht Fälle gelöst:Hannovers Polizei prahlt mit Facebook-Fahndung

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Mit Hilfe von Hinweisen über Facebook will die Polizei Hannover in diesem Jahr acht Kriminalfälle gelöst haben. Während nun auch andere Ermittler über den Einsatz der Facebook-Fahndung nachdenken, melden Datenschützer Bedenken an.

Caroline Ischinger

"Liebe Facebook-Gemeinde", ist auf dem Profil der Polizei Hannover aktuell zu lesen, "wir benötigen mal wieder Eure Hilfe bei einer Fahndung nach einem Betrügerpärchen." Ein Bild der zwei Tatverdächtigen, die einem 62-Jährigen die Geldbörse gestohlen und mit seiner EC-Karte später mehr als 1000 Euro abgehoben haben sollen, ist in dem sozialen Netzwerk zu sehen, darüber wird der genaue Vorfall beschrieben.

Facebook-Seite der Polizei Hannover Hannover Facebook Polizei (Foto: Screenshot: Facebook.com)

Wenige Stunden nach der Veröffentlichung war diese Meldung am Mittwochnachmittag von den Fans der Facebook-Seite bereits knapp 7000 Mal "geteilt", also im Netz weiterverbreitet worden. "Andere Polizeidienststellen sollten sich ein Beispiel nehmen", lobt eine Userin.

Als eine der ersten bundesweit ist die Polizei der niedersächsischen Landeshauptstadt im Rahmen eines Pilotprojekts seit Anfang März bei Facebook aktiv. Nun zogen die Ermittler Bilanz: Acht Fälle konnten in Hannover mit Hilfe des sozialen Netzwerks gelöst werden, darunter zwei wegen gefährlicher Körperverletzung, zwei Vermisstensachen, ein Sexualdelikt und ein Autodiebstahl. Nicht ein einziger entscheidender Hinweis sei hingegen über die klassischen Medien eingetroffen, sagt Polizeisprecher Thorsten Schiewe.

Das Prinzip der Facebook-Fahndung ist einfach: Die Pressestelle in Hannover hinterlässt auf der virtuellen Pinnwand eine Meldung, meist mit Foto, und bittet um sachdienliche Hinweise, etwa von Zeugen - diese sollen sich jedoch nicht öffentlich, über die Kommentarfunktion bei Facebook, melden, sondern telefonisch.

Datenschützer vermissen Rechtsgrundlage

Dass sich alle daran halten, wird von den Mitarbeitern der Dienststelle Tag und Nacht überprüft; bei Bedarf können Einträge gelöscht werden. Den Rest erledigen die inzwischen mehr als 80.000 Fans der Seite, indem sie Fotos und Texte im Netz verbreiten. Ein Vorteil der Facebook-Fahndung sei, dass die Ermittler selbst bestimmen könnten, was veröffentlicht werde, erklärt Schiewe. Zudem fände sich im Netz die richtige Zielgruppe: "Kriminalität ist relativ jung."

In Hannover haben sich viele Behörden gemeldet, die an den neuen Fahndungsmethoden interessiert sind. Datenschützer kritisieren jedoch, die nötige Rechtsgrundlage sei nicht zu erkennen. Nach Beratungen einer Arbeitsgruppe der Innenministerkonferenz im Januar und weiteren Gesprächen will das Innenministerium von Niedersachsen entscheiden, ob in Hannover weiterhin per Facebook gefahndet wird.

© SZ vom 29.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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