Amazon:Einkaufen mit dem Zauberstäbchen

Supermarkt

Lebensmittel online kaufen? Für viele Deutsche noch keine zauberhafte Vorstellung.

(Foto: dpa)

Nicht nur die Wohnzimmer seiner Kunden will Onlinehändler Amazon erobern, auch deren Küchen und Kühlschränke. Mit dem kleinen Stick "Dash" sollen die Menschen künftig ihren Supermarkteinkauf erledigen - ganz bequem von zu Hause. Doch gänzlich ausgereift ist das neue Produkt noch nicht.

Von Sarah K. Schmidt

Ein kleiner Wink hier, ein roter Blitz dort, ein paar Befehle gemurmelt und wenig später klingelt der Lieferservice an der Tür, um die prall gefüllten Tüten zu überreichen. So sieht sie aus, die schöne Zukunftsshoppingwelt aus der Werbung von Online-Gigant Amazon.

Diese Woche hat das US-Unternehmen bereits seine TV-Streaming-Box "Fire TV" vorgestellt. Doch nicht nur die Wohnzimmer seiner Kunden will Amazon mit eigenen Geräten und Diensten besetzen, auch deren Küchen und Kühlschränke. Am Samstag präsentierte der Versandhändler nun "Amazon Dash".

Der kleine Stick soll künftig beim Einkaufen in den eigenen vier Wänden behilflich sein und die Kunden direkt mit Amazons Lebensmittellieferdienst "Fresh" vernetzen. Der Name ist dabei geschickt gewählt - kann "dash" im Englischen doch sowohl "Gedankenstrich", als auch "flitzen, sausen" bedeuten.

Mit dem "Dash" lassen sich die Barcodes auf Produktpackungen scannen, die Sprachfunktion zeichnet zusätzlich verbale Bestellungen auf und wandelt diese in Text um. Wer den letzten Erdbeerjoghurt aus dem Kühlschrank nimmt, lässt den Stick noch schnell Nachschub ordern. Olivenöl und Toilettenpapier gehen zur Neige? Einfach eine Erinnerung in das kleine schwarz-weiße Gerät sprechen, so die Idee.

Milch, Obst und Eier an die Haustür

Bevor die fertige Einkaufsliste dann aber an die Lieferstelle von Amazon geschickt wird, muss der Kunde sich doch noch einmal an den Rechner setzen oder das Smartphone zur Hand nehmen. Mengenangaben zum Beispiel speichert Dash noch nicht automatisch. Und bei mancher dahin genuschelten Sprachnotiz ist eine kleine Kontrolle vermutlich auch sinnvoll. Am nächsten Tag, so das Versprechen von Fresh, kommen dann freundliche Herren im grünen Lieferwagen vorgefahren und stellen die bestellten Produkte in Kühltaschen vor die Haustür.

Seit August 2007 liefert Amazon nicht mehr nur Romane, Sportschuhe und Staubsauger, sondern auch Lebensmittel an seine Kunden. Zumindest an diejenigen, die in Seattle wohnen. Dort ist Fresh als Testballon gestartet. Seit dem Sommer 2013 können auch die Einwohner von Los Angeles und seit Dezember auch die aus San Francisco Milch, Obst und Eier an die Haustür ordern.

Für sie ist nun Einkaufsstäbchen Dash gedacht. Interessierte können dieses nun testen - kostenlos. Für Amazon scheint das Projekt dennoch ein lohnendes Investment zu sein. Immerhin werden nach einem gratis Probemonat 300 US-Dollar im Jahr für den Service fällig.

Und so fluffig und praktisch der edel designte Dash-Stick im Werbeclip auch rüberkommt, die Fernbedienung für den Supermarkt lässt noch einige Fragen offen. Zwar mag es hilfreich sein, Lebensmittel, die sich ihrem Ende neigen, gleich auf der virtuellen Einkaufsliste zu vermerken. Doch wer während des Backens feststellt, dass Vanillezucker und Chocolate-Chips fehlen, dem kann auch "Dash" nicht helfen.

In seinem Produktvideo wirbt Amazon außerdem mit der kinderleichten Bedienung - wortwörtlich. Ein kleines Mädchen erklärt, wie toll und praktisch es ist, dass sich jetzt auch der Familiennachwuchs aktiv am Einkauf beteiligen kann. Ob alle Eltern so glücklich darüber sind, dass die Kinder nun fleißig Hanuta-Etiketten scannen und Fruchtgummis diktieren können? Fraglich.

Ob und wann es Dash auch in Deutschland geben wird, ist noch nicht bekannt. Anders als bei Schuhen oder CDs tun sich die Deutschen noch schwer damit, Lebensmittel online zu ordern - auch wenn mehrere Supermarktketten mit ersten Initiativen den Onlinemarkt erschließen wollen. Gerade erst hat die Deutsche-Post-Tochter Allyouneed eine neue Werbekampagne gestartet.

Vor allem bei Produkten mit Qualitätsschwankungen wie Obst und Gemüse haben viele noch Bedenken. Bananen oder Tomaten wollen viele Verbraucher lieber vor Ort auf Reife und Druckstellen überprüfen. Auch zeigen sich die Deutschen im internationalen Vergleich regelmäßig als extrem preisempfindlich, was Lebensmittel betrifft. Ob sich ein Lieferdienst mit entsprechend höherer Pauschale durchsetzen kann, ist daher auch unter Branchenexperten umstritten.

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