Änderungen der GEZ-Beiträge:"Eine kafkaeske Situation"

Höhere Computergebühren, GEZ-pflichtige Handys: Die Länder überlegen, die Rundfunkgebühr neu zu strukturieren - doch die diskutierten Konzepte werden vor allem zu einer Klagewelle führen.

Johannes Kuhn

Zwei Pläne zur Zukunft der Rundfunkgebühren schlummern derzeit in den Schubladen der Ministerpräsidenten. Es sind unterschiedliche Konzepte, die für die nächste Gebührenperiode von 2013 an jedoch eine einheitliche Parole auszugeben scheinen: "Wir brauchen mehr Geld."

Änderungen der GEZ-Beiträge: Bald wird auch für Computer der volle GEZ-Betrag fällig.

Bald wird auch für Computer der volle GEZ-Betrag fällig.

(Foto: Foto: dpa)

7,26 Milliarden Euro an Rundfunkgebühren überwiesen die Deutschen im Jahr 2008 für ihre Fernseher, Radios und Computer an die Gebühreneinzugszentrale GEZ. Das ist viel Geld, doch weniger, als in den Jahren zuvor. Die Behörde nennt als Gründe die wachsende Zahl von Gebührenbefreiungen und den demographischen Wandel. Sie könnte auch den Medienwandel nennen.

Das Internet hat TV und Radio in vielen Haushalten längst als Erstmedium abgelöst. Modell eins für die künftigen Rundfunkgebühren soll dem Rechnung tragen und dabei Geld in die GEZ-Kassen spülen: "Neuartige Rundfunkgeräte" wie Computer erhalten keinen ermäßigten Satz von 5,76 Euro mehr, sondern sollen ebenso wie internetfähige Handys die volle Gebühr von derzeit knapp 18 Euro kosten.

Ist ein Computer immer Empfangsgerät?

Den Bürger, der bereits Gebühren für einen Fernseher zahlt, beträfen diese Änderungen nicht - Computer und Handys würden als abgabenfreie Zweitgeräte gelten. Doch hinter der Gebühr für internetfähige Geräte steckt eine Grundsatzfrage: Verwendet auch jeder Nutzer, der einen Computer mit Internetanschluss besitzt, diesen für den Empfang von Rundfunkprogrammen? Oder rechtfertigt schlicht die Möglichkeit, per Browser auf die Angebote von ARD und ZDF zugreifen zu können, das Einfordern der Gebühr?

Darüber entscheiden die Gerichte bereits seit der Einführung der PC-Gebühr 2007, weil vor allem Gewerbetreibende klagen. Eine einheitliche Rechtsprechung hat sich noch nicht herausgebildet: Während die Verwaltungsgerichte in Bayern und Nordrhein-Westfalen Computer tendenziell zu den Rundfunkempfangsgeräten rechnen, kann in den Augen von Richtern in Berlin und Hessen die GEZ nicht grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Computer auch zum Empfang von "Rundfunkdarbietungen" genutzt wird. Selbst wenn das Bundesverwaltungsgericht im kommenden Jahr eine Grundsatzentscheidung fällen sollte - die Gebühr für Handys könnte zu einer neuen Klagewelle führen.

Doch Juristen macht auch ein anderer Aspekt des Modells Kopfzerbrechen, der im Konzept der Ministerpräsidenten enthalten ist: die Umkehr der Beweislast. Demnach müssten künftig die Bürger der GEZ beweisen, kein Rundfunkempfangsgerät zu besitzen, um der Gebühr zu entgehen. Bislang liegt der Nachweis bei der GEZ, die deshalb tagtäglich Kontrolleure durch das Land schickt.

"Das ist eine äußerst heikle Sache", sagt der Rechtsanwalt Udo Vetter, "die rechtsstaatlich äußerst fraglich ist, weil sowohl im Abgaben- wie im Verwaltungsrecht die Beweispflicht eigentlich bei den Behörden liegt." Eine Umkehr würde beinahe zu einem philosophisch-naturwissenschaftlichen Problem führen, folgert er: "Wie beweise ich, das es etwas nicht gibt? Ich kann ja nicht den Behörden sagen: Hier ist der Film meines Lebens, guckt euch den an, dann seht ihr, dass ich kein Handy habe. Das ist eine kafkaeske Situation."

Haushaltsabgabe unter strengen Bedingungen

Sollte die Beweislastumkehr Realität werden, dürften Grundsatzklagen folgen. Doch auch das zweite Modell, über das derzeit diskutiert wird, birgt Fallstricke, die Berichten zufolge derzeit geprüft werden: Bei einer einheitlichen Haushaltsabgabe müssten auch Bürger GEZ-Gebühren zahlen, die keine Empfangsgeräte besitzen.

Allerdings bereitet die Einordnung einer solcher Abgabe Schwierigkeiten, da sie im rechtlichen Sinne weder Gebühr, Steuer noch Beitrag ist: Lange überlegte man, die Haushaltsabgabe als Sonderabgabe zu klassifizieren, jedoch hat das Bundesverfassungsgericht einer solchen Form der Gebührenerhebung enge Grenzen gesetzt, weshalb sie juristisch angreifbar wäre.

Ein Gutachten des Hohenheimer Rechtsprofessors Armin Dittmann im Auftrag von ARD, ZDF und Deutschlandradio kommt im Jahre 2008 zu dem Schluss, dass es sich bei der Gebühr nicht um eine Sonderabgabe, sondern um eine "sonstige Abgabe" handeln dürfte. Doch auch diese Einordnung eröffnet Verfassungsfragen: Bei einer Haushaltsabgabe würden nur "Haushalts- und Betriebsstätteninhaber" belastet - diese würden dabei aber für die Finanzierung von Institutionen zahlen, die der Allgemeinheit zugute kommen.

Damit stellt sich die Frage nach dem Gleichheitsprinzip, das im Artikel 3 des Grundgesetzes verankert ist: Werden beispielsweise Hauptmieter benachteiligt, weil sie die Medienabgabe zahlen müssen, während Untermieter dieser Belastung entgehen? Sollten sich die Länder bei ihren Beratungen 2010 für eine Haushaltsabgabe entscheiden, dürfte sich das Bundesverfassungsgericht mit solchen Fragen beschäftigen.*

* Der SWR hat uns auf das Dittmann-Gutachten aus dem Jahr 2008 hingewiesen, das in der ersten Textfassung noch nicht berücksichtigt war. Wir haben deshalb die letzten beiden Absätze entfernt und durch drei neue, aktualisierte Absätze ersetzt. Wir bitten um Ihr Verständnis.

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