Action- und Strategiespiele:Kanonenfutter

Allen Diskussionen zum Trotz: Actionspiele sind nach wie vor sehr beliebt. Und auch bei den aktuellen Strategiespielen kommt man ohne eine gehörige Portion Ballerei nicht zum Ziel. Doch der Trend geht zu mehr Köpfchen, bei Spielen und Spielern.

Elmar Török

Auch wenn die CeBIT in Hannover nicht eine Spiele-Messe vom Schlage der Games Convention in Leipzig oder der E3 in Los Angeles ist, wird man auch dieses Jahr wieder Hunderten von Pixelhelden- und Heldinnen auf den Ständen begegnen.

Grafikkarten- und Zubehörhersteller zeigen, was aktuelle Spiele aus der Hardware rausholen, und lautstark präsentieren sich Demos in Endlosschleife den Besuchern.

Einer geht noch

Dabei laufen zum Großteil alte Bekannte über die Bildschirme. Das Alien-Drama Half-Life gibt es seit Jahren, Need for Speed zerbröselt ebenfalls schon eine ganze Weile schöne und teure PS-Monster an Leitplanken und Landschaft.

Einen gut eingeführten Titel lässt natürlich kein Spielhersteller so schnell von der Angel. Und so wird Fortsetzung an Fortsetzung gereiht, ob das nun die Anti-Terror Serie Rainbow Six ist oder Half-Life.

Trotz schönerer Grafik, neuen Szenarien und üblicherweise besseren Waffen - irgendwie ist alles das gleiche in Grün. Nach einem ähnlichen Motto kopieren die Entwickler auch grundlegende Spielprinzipien. Doom schuf praktisch im Alleingang des Genre des First Person Shooters, irgendwann wurde Quake daraus und heute springen den Protagonisten bei Darkwatch im wilden Westen Untote und Geziefer an. Im Westen nichts Neues, sozusagen.

Vielleicht ist das ein Grund, warum eine Studie von Forrester Research zu dem Ergebnis kommt, dass 43 Prozent der Nordamerikaner heute seltener zu PC-Spielen und Spielekonsole greifen als noch vor zwei Jahren.

Immerhin, die Industrie, denn nichts anderes ist die allein in den USA 10,5 Milliarden Dollar schwere Branche, reagiert mit Neuentwicklungen. Intelligente Spielkonzepte, mehr Realismus und vor allem Online-Spiele sollen das Genre beleben.

Das meint auch Michael Arrington von der Acaicia Research Group, der die Spieleindustrie analysiert. Die nächste Generation von Spielekonsolen wird seiner Ansicht nach das Prinzip des Online-Gaming erst richtig ausschöpfen, sei es direkt zwischen zwei oder mehreren Konsolen oder über das Internet.

Bis dahin verbessern die Hersteller Teilbereiche. So glänzt der Shooter Black von Criterion mit beeindruckender Grafik und einer ausgezeichneten Physik-Engine. Das zeigt sich darin, dass die Umgebung bei jedem Treffer Schaden nimmt, bis hin zur Zerstörung des Objekts. Sei es ein Ast, eine Mauer oder ein ganzes Haus.

Normalerweise sind unbelebte Gegenstände in Spielen reichlich statisch, Treffer zeigen kaum Wirkung. Allerdings konzentriert sich das Spiel auf genau diesen Umstand, Ballern pur ist angesagt, Handlung oder Taktik fehlen fast völlig.

Das ermüdet selbst begeisterte Spieler relativ schnell, auch wenn man dem Spiel seine Anleihen bei Hollywood Actionfilmen anmerkt.

Andere Entwickler sorgen für selbst lernende Gegner. So passen sich Spiele der nächsten Generation automatisch an die Spielstärke an. Ist ein geübter Gamer am Werk, der überdurchschnittlich gut trifft, bekommen seine Gegner Schutzwesten und Helme verordnet und organisieren sich effizienter.

Bei schwächeren Spielern sorgt die Logik für miese Trefferquoten bei den künstlichen Feinden. Damit hält sich der Frust in Grenzen, wenn ein Anfänger zum ersten Mal in ein neues Spiel startet.

Solche Funktionen in Spiele einzubauen liegt im Trend. Immer mehr Hersteller liefern komplette Module, mit denen sich diese Effekte ohne spezifischen Programmieraufwand erzielen lassen. "Middleware" heißen die Special-Effects Baukästen für Physik, Grafikbeschleunigung, künstliche Intelligenz oder andere Funktionen.

Für beinahe jede Spezialanforderung existiert die passende Middleware: die Firma IDV hat mit SpeedTree zum Beispiel ein Werkzeug im Angebot, dass möglichst realistische Bäume erzeugt. Der Vorteil: wenn Effekte fertig eingekauft werden, bleibt mehr Zeit, um Spielablauf und Geschichte zu entwickeln.

Bislang sieht man nur vereinzelt Spiele, die eine Story haben und sich vom ausgetretenen Pfad weg bewegen. Fahrenheit, auf dem Markt seit Oktober 2005, ist so ein Beispiel, eine Mischung aus Action-Spiel und Adventure, bei dem man versuchen muss, Ritualmorde aufzuklären. Erschwerender Umstand: in mindestens einem Fall ist man selbst der Täter. Fahrenheit ist mehr Film als Spiel, je nach Strategie und eigener Entscheidung gibt es eine ganze Reihe möglicher Spielausgänge.

Außergewöhnlich auch Sonys neues Shadow of the Colossus. Obwohl das Spiel fast ausschließlich dem Kampf gegen Giganten gewidmet ist, unterscheidet es sich völlig von anderen Action-Spielen. Spätestens nach dem Ableben des dritten oder vierten der majestätisch anmutenden Kolosse stellen sich Zweifel ein, ob der Weg der Zerstörung wirklich der einzige richtige ist.

Eigentlich eine Fortsetzung, aber ebenfalls mehr auf Taktik als auf rohe Gewalt setzt Splinter Cell. Der vierte Teil namens Double Agent soll im September dieses Jahres erscheinen und lässt Sam Fisher als Undercover-Agent sowohl für die Guten als auch für die Bösen aktiv werden.

Bei Splinter Cell hilft in vielen Situationen nur Geduld, Beharrlichkeit und Taktik. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb, fesselt das Spiel schon seit der ersten Ausgabe.

Waren früher die Grenzen zwischen Strategie, Action und Rollenspiel klar getrennt, verschwimmen die Genres mittlerweile zunehmend. Das brandneue Grandia 3 ist eigentlich ein klassisches Rollenspiel. In Rollenspielen geht es zwar auch oft mit Schwert und Magie zur Sache, doch in der Regel nicht in Echtzeit, sondern rundenweise, wie bei Monopoly.

Grandia dagegen hat ein neues Benutzerinterface, mit dem eine Vielzahl Attacken, sowohl mit Magie als auch mit konventionellen Waffen gesteuert werden können. Ein weiteres Beispiel für diesen Trend ist The Elder Scrolls: Oblivion.

Auch hier agiert der Spieler in Echtzeit mit seinen Gegnern, ist in Schlag gut gezielt trifft er auch. Anders das bisherige Verfahren, wo das Erfahrungslevel des Spielers darüber entschied, ob der Gegner getroffen wurde oder nicht. Bei The Elder Scrolls: Oblivion bestimmt der Erfahrungslevel nur die Schwere der Verletzung.

Wer es traditioneller mag, findet bei Der Herr der Ringe: Die Schlacht um Mittelerde II, ein klassisches Strategiespiel, dass zwar häufig nichts mehr mit Film und Buch zu tun hat, aber mit opulenten Bildern und bombastischem Surround-Sound für viel Spielfreude sorgt.

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