Neuer Kartografiedienst "Here":Nokia setzt alles auf eine Karte

Mit dem Verkauf von Smartphones klappt es nicht so richtig. Jetzt versucht sich Nokia verstärkt als Anbieter digitaler Geodaten-Software zu profilieren: Das Unternehmen baut seinen Kartendienst aus, verpasst dem Programm einen neuen Namen und bringt es sogar aufs iPhone.

Pascal Paukner

Neuer Kartografiedienst "Here": Nokia fokussiert sich noch stärker auf das Geschäft mit digitalen Karten. Der überarbeitete Dienst heißt nun "Here".

Nokia fokussiert sich noch stärker auf das Geschäft mit digitalen Karten. Der überarbeitete Dienst heißt nun "Here".

(Foto: Nokia)

Der finnische Handyhersteller Nokia konzentriert sich künftig verstärkt auf das Geschäft mit digitalen Karten. Wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte, soll ein auf "Nokia Maps" basierender neuer Dienst namens "Here" dem Unternehmen neue Märkte erschließen: Nokia will deshalb seinen Kartenservice künftig auch für Apples Betriebssystem iOS, für Googles Betriebssystem Android und für das voraussichtlich im kommenden Jahr erscheinende Mozilla Firefox OS anbieten.

Die Webversion von "Here" hat Nokia bereits freigeschaltet. Die iOS-App soll schon in den kommenden Wochen im App Store erscheinen, angeblich liegt sie derzeit bereits Apple zur Prüfung vor. Zudem machte Nokia am Dienstag öffentlich, dass es das auf dreidimensionales Kartenmaterial spezialisierten Unternehmen Earthmine übernommen habe. Dessen 3D-Aufnahmen sollen in "Here" zusätzlich zu den bereits bestehenden integriert werden.

Mit der Neuausrichtung versucht Nokia in einem wichtigen Zukunftsmarkt Anteile zu gewinnen. Auf Smartphones und Tablet-Computern sind Geodaten-Apps für die Betriebssystem-Anbieter von strategisch wichtiger Bedeutung, da zahlreiche andere Programme auf ihnen basieren und Navigations-Apps zu den am häufig genutztesten Apps auf Smartphones gehören. Passend dazu kündigte Nokia an, Software-Entwickler Werkzeuge bereit zu stellen, mit denen diese Apps für das Google-Betriebssystem Android schreiben können, die auf Nokia-Karten zugreifen.

Nokia investiert schon seit Jahren in den Ausbau seines Kartdienstes: 2008 kauften die Finnen für acht Milliarden US-Dollar den Geodaten-Anbieter Navteq, dessen Daten unter anderem den Navigationsgeräten von Garmin und Navigon zu Grunde liegen und von Autobauern wie Mercedes, BMW, Volkswagen und Hyundai verwendet werden. Zudem kooperiert Nokia in mehreren Bereichen eng mit Microsoft. Smartphones, die über Windows Phone 8 verfügen, werden mit Nokias Karten-App ausgeliefert. Außerdem sind Nokias Geodaten die Grundlage für Microsofts Kartendienst Bing Maps.

Nokia greift auf FedEx-Bewegungsdaten zurück

Strategisch von Vorteil ist für Nokia zudem, dass das Unternehmen auf Bewegungsdaten das amerikanischen Paketdienstes FedEx zurückgreifen kann. Die Fahrzeuge des Unternehmens sind mit GPS-Sendern ausgestattet, die Nokia mit aktuellen Informationen über die Verkehrssituation versorgen. Das amerikanische Magazin The Atlantic schrieb deshalb sogar davon, dass Nokia besseres Kartenmaterial habe als Google und Apple.

Google baut seinen Kartendienst sukszessive mit neuen Funktionen aus. Apple war zuletzt öffentlich stark unter Druck geraten, weil das Unternehmen mit dem jüngsten iOS-Update eine fehlerhafte Karten-App ausgeliefert hatte.

Nokia indes denkt sogar schon einen Schritt weiter und bietet nicht länger nur herkömmliche Geodienste an: Im September hat das Unternehmen den Augmented-Reality-Dienst City Lens vorgestellt, der das Erkunden unbekannter Umgebungen druch Bereistellung von Zusatzinformationen vereinfachen soll. Kritiker lobten das Programm. Es arbeite schnell und präzise. Jetzt soll es auch in "Here" integriert werden.

Mit Material der Nachrichtenagentur dpa.

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