Netzpolitik:Rot-Grün in Niedersachsen lehnt Leistungsschutzrecht ab

Es ist ein Abschied von der Politik der Vorgängerregierung: Im Koalitionsvertrag spricht sich die künftige niedersächsische Landesregierung klar gegen ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage aus. Damit könnte Rot-Grün sogar der Bundesregierung in die Quere kommen.

Die künftige rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen will Presseverlagen kein neues Schutzrecht einräumen. In der Koalitionsvereinbarung sprachen sich SPD und Grüne stattdessen für ein ihrer Meinung nach "faireres und zeitgemäßes Urheberrecht" aus, das bildungs- und wissenschaftsfreundlich sein solle. "Ein eigenständiges Leistungsschutzrecht für Presseverlage, das bereits kleine Ausschnitte aus Zeitungsartikeln für ein Jahr ab Veröffentlichung gesetzlich schützt, ist überflüssig", heißt es in dem 96-Seiten langen Dokument.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung macht sich für ein Gesetz stark, mit der die Nutzung von Presseartikeln durch Suchmaschinen wie Google oder Bing sowie durch spezielle News-Ausschnittsdienste reguliert werden soll. Der Gesetzesentwurf des sogenannten Leistungsschutzrechts wird derzeit in den Fachausschüssen des Bundestags beraten.

Mit den neuen Mehrheitsverhältnissen im Bundesrat wird es Union und FDP nach dem Sieg von Rot-Grün in Niedersachsen schwerer fallen, das Leistungsschutzrecht in der ursprünglich geplanten Form umzusetzen. Die Oppositionsparteien im Bund könnte das Gesetz im Bundesrat mittels eines Einspruchs an den Vermittlungsausschuss überweisen. Dafür ist bei nicht-zustimmungspflichtigen Gesetzen - wie dem Leistungsschutzrecht - allerdings eine absolute Mehrheit im Bundesrat nötig.

Internetsperren und Vorratsdatenspeicherung lehnt Rot-Grün ab

Die Ablehnung des Leistungsschutzrechts ist nur eine von zahlreichen netzpolitischen Forderungen im neuen Koalitionsvertrag: Straftaten im Internet soll mit dem Grundsatz "Löschen statt Sperren" verfolgt werden. "Warnhinweismodelle im Internet, flächendeckende Überwachung der Netzkommunikation, Netzsperren oder Internetzugangssperren werden als unwirksame und tief in die Grundrechte eingreifende Symbolpolitik abgelehnt", heißt es im Koalitionsvertrag.

Niedersachsen werde auch die Initiative der Länder Hamburg und Berlin sowie des Bundestages unterstützen, das Haftungsrisiko für Betreiber eines drahtlosen Internetzugangs (WLAN) zu beschränken, damit beispielsweise Restaurantbesitzer nicht für einen Missbrauch des WLAN-Hotspots durch ihre Gäste unbeschränkt verantwortlich gemacht werden können.

Auf Ablehnung stoßen in Hannover auch "die derzeit diskutierten Varianten der Vorratsdatenspeicherung". Die Koalition halte "dieses Verfahren für einen hochproblematischen Eingriff in die Grundrechte. Auch die heimliche Onlinedurchsuchung von Computern wird als massiver Eingriff in die Grundrechte abgelehnt."

In Niedersachsen werde man eine "umfassende Open-Data-Strategie mit einem modernen Informationsfreiheits- und Transparenzgesetz vorlegen". Es soll staatliche Stellen verpflichten, alle relevanten Informationen digital in einem Transparenzregister zu veröffentlichen.

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