BGH-Verhandlung zu Youtube-Videos:Streit um fremde Federn

Der Bundesgerichtshof muss entscheiden, ob das Embedding von Youtube-Videos das Urheberrecht verletzt

Embedding ist eine Technik mit der beispielsweise Youtube-Videos in eine andere Website eingebunden werden können.

(Foto: dpa)

Verlinkung ist ein Grundprinzip des Internets. Doch auf Webseiten eingebette Youtube-Videos sorgen für Ärger. Verletzen sie das Urheberrecht? Darüber muss der Bundesgerichtshof entscheiden.

Von Wolfgang Janisch und Johannes Boie

Der erste Zivilsenat des Bundesgerichtshofs ist unter anderem für das Urheberrecht zuständig und damit so etwas wie das oberste Internetgericht Deutschlands. Meist finden die fünf Richter kompromisshafte Lösungen, mit denen auch die Netzgemeinde leben kann. Nun hat sich der Senat das sogenannte Framing vorgenommen - und diesmal sieht es so aus, als wollte das Gericht einen massenhaft praktizierten Umgang mit offen zugänglichen Inhalten im Netz eindämmen. Das jedenfalls klang in einer Verhandlung am Donnerstag in Karlsruhe an; ein Urteil soll am 16. Mai verkündet werden.

Framing, auch bekannt als Embedding, ist eine Technik mit der beispielsweise Youtube-Videos in eine andere Website als die originale Youtube-Seite eingebunden werden können. Dabei wird der Film nicht etwa heruntergeladen, sondern vom Youtube-Server abgerufen und in einem Rahmen (Frame) auf einer anderen Webseite abgespielt.

Klage eines Produzenten von Wasserfiltersystemen

Im BGH-Fall hatte ein Produzent von Wasserfiltersystemen einen Zwei-Minuten-Film zum Problem der Wasserverschmutzung bei Youtube eingestellt. Eine konkurrierende Firma fand Gefallen an dem Film und machte ihn der eigenen potenziellen Kundschaft auf einem Frame der eigenen Website zugänglich.

Dass dadurch Urheberrechte verletzt werden, drängt sich zumindest auf den ersten Blick nicht auf, weil der Film auf dem Youtube-Server bleibt und eben nicht kopiert wird. Bleibt die Frage, ob er "öffentlich zugänglich" gemacht wird - das wäre ein Verstoß gegen das Gesetz. Herbert Geisler, Anwalt des beklagten Unternehmens, verwies darauf, dass das Video auf Youtube ja längst öffentlich sei. "Es kann doch nicht ein zweites oder drittes Mal öffentlich gemacht werden."

Verlinkungen grundsätzlich unbedenklich

Tatsächlich hat der BGH im Jahr 2003 entschieden, dass Verlinkungen grundsätzlich urheberrechtlich unbedenklich sind - weil damit lediglich der Weg zu einem anderswo gespeicherten und allgemein zugänglichen Inhalt gewiesen wird. Die ständige Vernetzung und Verlinkung ist gewissermaßen das Grundprinzip des Internet, so hat das der BGH anerkannt.

Andererseits verhehlte der Senatsvorsitzende Joachim Bornkamm nicht, dass Embedding - ein Thema, das ihn seit mehr als 15 Jahren beschäftige - doch etwas anderes sei. Denn mit der Einbettung des Films in die eigene Homepage rufe das Unternehmen den Eindruck hervor, der Werbefilm sei ihr eigenes Produkt. "Von der Intensität der Nutzung ist es mit einem normalen Link nicht zu vergleichen", sagte Bornkamm.

Embedding ist Alltag im Netz

Der Senat, so bekannte der Vorsitzende, habe eine "gewisse Tendenz", Framing als eine Verletzung von Urheberrechten einzustufen. Wobei er einige Einschränkungen machte: Dies könne nur gelten, wenn der Inhalt einer großen Zahl von Nutzern zugänglich gemacht werde und sich an ein ursprünglich nicht avisiertes Publikum wende.

Der wichtigste Vorbehalt lautet aber: Der BGH wird das voraussichtlich nicht selbst entscheiden, sondern - weil die Rechtslage ungeklärt ist - den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg anrufen. Dort ist bereits ein schwedischer Fall zu dem Thema anhängig.

Für private Nutzer bestünde damit die Hoffnung, dass das Luxemburger Gericht nicht ganz so weit geht wie nun vom BGH angedeutet. Denn Embedding ist ein Massenphänomen, Alltag im Netz.

Embedding kann schon heute unterbunden werden

Die Technik ist sehr einfach zu verwenden. Auch Menschen, die sich im Netz nicht gut auskennen, können damit Videos, die sie interessant finden, zum Beispiel auf ihrer eigenen Internetseite oder auch ihrer Facebook-Seite präsentieren. Der Fall, dass ein Unternehmer das Werbemittel eines Konkurrenten verwendet, kommt dabei seltener vor, als dass Kulturgut, wie Musikvideos oder Filmaufnahmen, in einen inhaltlich sinnvollen Kontext eingebettet werden. Die Technik wird auch von professionellen Journalisten eingesetzt, um Artikel um eine Video-Perspektive zu erweitern.

Stößt ein Nutzer auf ein solchermaßen eingebettetes Video, gelangt er mit einem Klick zu der Youtube-Seite, auf der alle Informationen zu dem Video aufgeführt sind, darunter auch, wer es eigentlich hochgeladen hat. Solange sich der Mauszeiger des Nutzers in dem Video befindet, erscheint auch das Youtube-Logo rechts unterhalb des Bewegtbildes.

Youtube bietet bereits heute jedem Nutzer, der ein Video auf die Seite hochlädt, die Möglichkeit, Embedding für das eigenen Video zu unterbinden. Aktiviert er diese Funktion, kann kein anderer Mensch das Video auf einer anderen Seite anzeigen als auf der originalen Youtube-Seite. Über diese simple Lösung wurde vor Gericht nur am Rande gesprochen, der Fall gab das nicht her. Vielleicht liegt genau dort der Schlüssel für einen Kompromiss zwischen Urheber- und Nutzerinteressen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: