Zeitverträge für Wissenschaftler:Fatales Alles-oder-nichts-Spiel

Der Bundestag hat eine Reform des Gesetzes für Wissenschaftlerverträge beschlossen. Das Problem wird sich so aber nicht lösen lassen.

Kommentar von Johann Osel

Natürlich ist es ein Skandal, wenn sich junge Forscher von Zeitvertrag zu Zeitvertrag hangeln, immer unter dem Druck, dass nach einem Jahr an der Universität Schluss sein könnte. Und natürlich kann man die Hochschulen verstehen, wenn sie auf ihre knappen Etats schauen und lieber befristete Stellen vergeben, oder wenn sie sagen, dass Wissenschaft von Flexibilität lebt. Der Bundestag ändert jetzt das Gesetz für Wissenschaftlerverträge, will Karrierewege verlässlich machen. Es war klar, dass das eher eine halbe Reform werden würde.

Unterm Strich bringt sie allerlei Verbesserungen: "Sachgrundlose Kurz-Befristungen" soll es künftig nicht mehr geben, etwa bei Doktoranden soll sich die Vertragsdauer an der Dauer ihrer Promotion orientieren. Aber: Feste Grenzen - zum Beispiel kein Vertrag unter zwei Jahren - fehlen. Auch sind Ausnahmen "bei guten Gründen" möglich. Man darf gespannt sein auf die "guten Gründe", die den Unis einfallen werden. Die Arbeitsgerichte können schon mal ihr Personal aufstocken.

Die Malaise, dass Laufbahnen in der Wissenschaft unsicher sind, liegt zudem weniger an Befristungen als an fehlenden Jobs für "fertige" Forscher. Nur für einen Teil der Akademiker, die sich habilitieren und Professor werden wollen, stehen Lehrstühle bereit. Die Entscheidung fällt meist, wenn die Betroffenen 40 oder älter sind. Dieses Alles-oder-nichts-Spiel ist fataler als Zeitverträge in jungen Jahren.

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