Wissenschaftskommunikation:"Eine Verpflichtung gegenüber den Steuerzahlern"

Wissenschaftler als kauzige Bewohner des Elfenbeinturms? Diese Zeiten sind vorbei. Heute müssen Forscher ihre Ergebnisse allgemeinverständlich erklären können.

Von Johann Osel

Als Bewohner eines Elfenbeinturms sieht sich heutzutage kaum noch ein Wissenschaftler. Wie stark Forscher in der Pflicht stehen, auch mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren, ist allerdings erstaunlich. Neben der Fachwelt müsse die Wissenschaft auch die Bürger mit "verständlicheren Informationen" versorgen, hat Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) 2015 in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gefordert. "Da hat jeder Wissenschaftler auch eine Verpflichtung gegenüber den Steuerzahlern. Ein guter Wissenschaftler kann das, was er selbst entwickelt hat, gut erklären. Und kann damit den Bürgern die Angst vor komplexen, scheinbar unüberschaubaren Zusammenhängen nehmen." Die Ministerin bezog sich mit ihrem Appell zwar auf vom Bund geförderte Projekte; das aber sind - angesichts etwa 16 Milliarden Euro im Jahr Haushaltsvolumen für Wanka - nicht gerade wenige. Der Bund trägt auch gut 60 Prozent der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), die jedes Jahr 2,5 Milliarden Euro in die Forschung pumpt.

Seit dem Jahr 2000 verleiht eben die DFG einen "Communicator-Preis", zusammen mit dem Stifterverband. Die Ehrung, die an diesem Montag der Bielefelder Sozialpsychologe Andreas Zick erhält, soll "den immer wichtigeren Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit stärken und dafür werben, dass die Vermittlung von Wissenschaft in der Wissenschaft selbst einen höheren Stellenwert erhält". Längst allerdings diskutiert die Fachszene, wie viel Kommunikation denn gut tut. "Erklären Sie noch oder werben Sie schon?" Das fragte das Fachmagazin Deutsche Universitätszeitung mal frech seine Leser auf dem Titel. Und berichtete über "Schönfärberei und Alarmismus" in Pressemittelungen oder übertriebene Reduktion von Ergebnissen, über unternehmensähnliche Marketingabteilungen und Dauerbeschallung auf digitalen Kanälen.

Auf Veranstaltungen und in Expertenrunden wird regelmäßig darüber debattiert, ob es feste Standards (wie bei wissenschaftlicher Tätigkeit, Stichwort: Plagiate) auch für Öffentlichkeitsarbeit braucht. Wegen der immer stärkeren Abhängigkeit der Forschung von Drittmitteln werde öffentliche Aufmerksamkeit schon zu einer "Leitwährung" für wissenschaftliche Klasse, so eine Befürchtung. "Wer gegen Öffentlichkeit ist, macht sich verdächtig und gilt als zurückgeblieben."

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