US-Studenten verklagen Hochschulen:Geschönte Aussichten

Studenten müssen in den USA viel Geld investieren, um einen Abschluss als Jurist an einer der renommierten Law Schools zu bekommen. Doch was früher der Garant für einen hochdotierten Job war, ist heute ein unsicheres Geschäft - darum klagen die Absolventen nun gegen ihre Unis.

Karoline Meta Beisel

In Zeiten der Wirtschaftskrise kann es passieren, dass man trotz einer ausgezeichneten Ausbildung nach dem Studium ohne Job dasteht - auch in den USA, wo die Arbeitslosenquote derzeit bei gut acht Prozent liegt. Umso prekärer ist die Lage, wenn man für sein Studium hohe Gebühren berappen musste und nun keine Mittel hat, den aufgenommenen Kredit wieder zurückzuzahlen.

Former Dean Of Harvard Law School Nominated To U.S. Supreme Court

Die Harvard Law School gilt als eine der ersten Adressen für angehende Juristen.

(Foto: AFP)

Gut, könnte man denken, so ist eben das Leben in diesen Zeiten: Es behauptet schließlich keiner, dass man mit einem Universitätsabschluss automatisch eine gute Stelle bekommt. In den USA tun die teuren "Law Schools" aber genau das: Sie werben mit ihrer Absolventenstatistik.

Daher üben mehrere junge Juristen gerade das, was sie an ihrer Fakultät gelernt haben - und ziehen gegen ihre Hochschulen vor Gericht. Der Vorwurf: Die Fakultäten sollen mit geschönten Zahlen um Studenten geworben haben. Eigenwerbung ist wichtig für die Unis in den Vereinigten Staaten: Selbst an einer mittelmäßigen Law School kann das Studium leicht mehr als 40.000 Dollar im Jahr kosten, 25 zusätzliche Studenten bringen der Fakultät also eine Million Dollar im Jahr - bei kaum steigenden Kosten für Lehrpersonal. Schon das Bachelor-Studium dauert in der Regel drei Jahre, der Master obendrauf zwei weitere. Wer beide Abschlüsse haben will, muss 200.000 Dollar auf den Tisch legen.

Knapp 20 Law Schools müssen ihre Zahlen nun vor Gericht verteidigen, darunter auch die John Marshall Law School in Chicago, die auf der Liste der besten Fakultäten nur Platz 129 belegt; dafür aber den ersten, wenn es um die durchschnittliche Verschuldung ihrer Absolventen geht (gut 165.178 Dollar).

Die Hochschulen werben damit, dass mehr als 90 Prozent ihrer Studenten innerhalb von neun Monaten nach dem Abschluss einen Job gefunden haben. Die Studenten sagen allerdings, in diesen Statistiken würde jede Art von Beruf mitgezählt - also auch solche, die mit Jura überhaupt nichts zu tun haben. Wer nach dem Abschluss bei Starbucks Kaffee brüht oder im Supermarkt die Regale sortiert, wird als erfolgreicher Absolvent gezählt - obwohl er sich nur mit irgendeinem Job über Wasser hält.

Ein Jura-Professor der Universität von Indiana hatte diese Zahlenspielereien im vergangenen Jahr im Gespräch mit der New York Times als "Enron-artig" bezeichnet. Der mittlerweile insolvente Energiekonzern war 2001 wegen umfangreicher Bilanzfälschungen vor Gericht gelandet.

US-Absolventen beschweren sich schon lange über miese Aussichten. Wer aus Harvard kommt, muss sich zwar nach wie vor kaum Sorgen machen; insgesamt aber gibt es immer weniger Jobs für immer mehr Juristen, die hoffen, mit dem Law-School-Abschluss bessere Chancen zu haben als andere. Das Forbes-Magazin schrieb mal frech: "Warum der Gang zur Law School die schlechteste Karriere-Entscheidung ist, die du im Leben je treffen wirst". Und die New York Times fragte: "Law School - ein aussichtsloses Unterfangen?"

Trotz allen Unmuts: Vor Gericht hatten die Studenten bisher keinen Erfolg. Mehrere Klagen wurden schon abgewiesen, auch die gegen die John Marshall Law School: Die Universität habe nie behauptet, dass in der Absolventen-Statistik nur juristische Berufe mitgezählt würden. Außerdem, so der Richter in einem anderen Verfahren: "Die Uni kann auch nichts dafür, dass die Berufsaussichten für Juristen gerade so schlecht sind."

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