US-Einreiseverbot:Vertrauensbruch

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Proteste an der California Polytechnic State University. (Foto: Joe Johnston/AP)

Amerikanische Universitäten protestierten gegen Donald Trumps Einreiseverbot - nun gibt es in acht Bundesstaaten Überlegungen, das Demonstrationsrecht einzuschränken.

Von Kathrin Werner, New York

Mohsen Kadivar hat einen Forschungsaufenthalt am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Eigentlich ist der iranische Islamwissenschaftler aber Professor an der Duke University in North Carolina. Eine Woche lang sah es so aus, als sei er in den USA nicht mehr willkommen. Seine Frau sagte ihren Besuch bei ihm ab, aus Angst danach nicht mehr nach Hause zu dürfen. Das Einreiseverbot sei "erniedrigend und diskriminierend" gewesen, sagte Kadivar.

Tausende Professoren, Studenten, Unimitarbeiter waren von Donald Trumps Dekret betroffen. Eine Stanford-Studentin aus dem Sudan wurde stundenlang am New Yorker Flughafen festgehalten - zeitweilig in Handschellen. Niki Mossafer Rahmati, die am Massachusetts Institute of Technology studiert, durfte von ihrem Heimaturlaub in Iran nicht zurückkehren, trotz gültigen Studienvisums. Zwei Professoren der University of Massachusetts wurden lange am Flughafen von Boston verhört.

Trumps Dekret vom 27. Januar schloss Bürger aus sieben muslimischen Ländern für 90 Tage von der Visa-Vergabe aus. Laut Außenministerium studierten 2016 etwa 17 000 Menschen aus diesen Ländern an Colleges, allein 12 000 aus Iran. Internationale Tagungen und Forschungsreisen sind für sie Alltag, doch in der vergangenen Woche trauten sich viele nicht mehr weg, weil sie aus einem der gebannten Länder stammen. Selbst Greencard-Inhaber waren anfangs betroffen. Mohsen Kadivar hat eine Greencard.

Als am vergangenen Freitag der Bundesrichter James Robart per einstweiliger Verfügung das Einreiseverbot stoppte, reisten viele Betroffene sofort ein. Denn niemand wusste, wie lange die Verfügung Bestand haben würde, hatte die Trump-Regierung doch dagegen Widerspruch eingelegt. Der scheiterte in der Nacht zum Sonntag zunächst per Eilentscheid. Im Prinzip kann Kadivars Frau nun nach Berlin und wieder zurück reisen.

Allerdings: Trump will durch sämtliche Instanzen ziehen. Auch für die Demonstranten, die gegen Trumps Politik protestierten und dies auch weiterhin tun wollen, ist die Sache vermutlich noch nicht ausgestanden. Überall hatte es Studentenproteste auf den Campus gegeben. Laut forderten die 62 Mitgliedsuniversitäten der Association of American Universities (AAU), darunter die größten und ältesten des Landes, das Ende des Einreiseverbots. Mehr als 12 000 Wissenschaftler, unter ihnen 44 Nobelpreisträger und mehr als 9000 Professoren, unterzeichneten eine Petition. Am heftigsten war die Empörung an der kalifornischen Universität Berkeley, weil dort der rechtspopulistische Blogger Milo Yiannopoulos auftreten sollte. Molotowcocktails flogen. Danach drohte Trump per Twitter, der Uni die staatlichen Mittel zu entziehen.

Nicht das einzige Druckmittel. In acht US-Bundesstaaten gibt es nun Überlegungen, Demonstrationsrechte einzuschränken. In Washington verunglimpfte ein republikanischer Abgeordneter die Proteste als "ökonomischen Terrorismus", in Iowa und Missouri werden drakonische Strafen für Demonstranten erwogen. Selbst wenn die amerikanische Justiz die Vorstöße abwehren sollte: Das Vertrauen in die Freiheit, auch in die Freiheit der Forschung und des wissenschaftlichen Austauschs, ist erschüttert.

© SZ vom 06.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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