Uni Leipzig:Ansichten eines Professors

Porträt Thomas Rauscher

Umstrittene Äußerungen: Juraprofessor Thomas Rauscher.

(Foto: Jakob Berr)

Wegen rassistischer Twitter-Botschaften drohen dem Leipziger Juraprofessor Thomas Rauscher dienstrechtliche Konsequenzen. Die entscheidende Frage lautet: Wo endet die Meinungsfreiheit eines Hochschullehrers?

Von Paul Munzinger

Der Leipziger Juraprofessor Thomas Rauscher hat am Mittwoch sein Twitter-Konto abgemeldet. Die Botschaften, die er auf diesem Wege zuvor verbreitet hatte, sind nicht mehr abrufbar, aber aus der Welt sind sie damit nicht - ebenso wenig wie der Ärger, der Rauscher ihretwegen nun droht. Wer mag, kann sich etwa das Video anschauen, das tags darauf in einer Lehrveranstaltung Rauschers aufgenommen wurde, "BGB für Fortgeschrittene". Zwei Studenten haben das Pult gekapert, Rauschers Ansichten lassen sie per Beamer an die Wand werfen. "Es gibt keinen friedlichen Islam" ist da zu lesen, "Je suis Pegida" oder auch: "Polen: 'Ein weißes Europa brüderlicher Nationen.' Für mich ist das ein wunderbares Ziel".

Der letzten Nachricht, abgeschickt am vergangenen Montag, hat Rauscher noch den Hinweis folgen lassen, die Afrikaner und Araber nähmen "uns nun weg, was wir mit Fleiß aufgebaut haben". Es sind diese Botschaften, die die Universität Leipzig zum Handeln veranlasst haben. Am Donnerstag kündigte sie an, dienstrechtliche Schritte zu prüfen. Es gehe um die Frage, "ob eine Pflichtverletzung im Sinne des Beamtenrechts begangen wurde".

Berufen könnte Rauscher sich auf zwei Freiheiten: die Wissenschaftsfreiheit, die aber hier nach Einschätzung des Hamburger Staatsrechtlers Hans-Heinrich Trute nicht greife; schließlich gehe es nicht um eine wissenschaftliche Stellungnahme. Zweitens steht auch Beamten das Recht auf freie Meinungsäußerung zu - allerdings mit zwei Einschränkungen: der Treue zur Verfassung und der sogenannten Mäßigungspflicht. Ein Verstoß gegen die Verfassungstreue sei "schwer zu belegen", sagt Trute. Wahrscheinlicher sei im Fall Rauscher ein möglicher Verstoß gegen die Pflicht zur Mäßigung. Wann eine solche Verletzung vorliegt, hat der Gesetzgeber allerdings nicht abschließend geklärt; jede Äußerung müsse darauf geprüft werden.

Die Universität Leipzig hat dafür nun ein externes Gutachten angefordert, mit einem Ergebnis ist in einigen Wochen zu rechnen. Bis dahin wird Rauscher weiter lehren wie bisher.

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