Studium in Erlangen und Nürnberg:Bisschen kompliziert, diese Franken

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Unser örtlicher Korrespondent erklärt, worauf sich Neu-Studenten in Franken einstellen müssen. Er versucht es zumindest.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Ja, wie ist er denn jetzt, der Franke? Ein Exil-Münchner hat kürzlich versucht, das auf einen Nenner zu bringen. Der Mann lebt seit 22 Jahren in Franken, ist dort Chef eines großen Unternehmens und hatte die Idee, für das neue Firmengelände eine riesige Parkbank zu spendieren. 125 Meter lang sollte die Bank ursprünglich sein, der Unternehmer fand die Idee großartig. Bis er ins Grübeln kam.

Bei der Einweihung teilte der Unternehmer der fränkischen Festgesellschaft schließlich mit, er habe sich die Sache nun doch anders überlegt. In München hätte so eine Bank ja womöglich großen Anklang gefunden. Aber in Franken? Da hätte sich einer an das eine Ende und ein anderer ans andere Ende gesetzt. Und die 123 Meter dazwischen wären frei geblieben. Weil das Ding ja belegt ist, wenn zwei drauf sitzen. Aus Sicht eines Franken. Angeblich.

Gut, solche Sprüche erträgt der Franke, was bleibt ihm auch anderes übrig. Und es dürfte natürlich, wie immer, auch an diesem Klischee was dran sein: Im fränkischen Gasthaus, respektive in der Studentenkneipe neigt der einheimische Gast tatsächlich nicht dazu, dem nächstbesten Gast ins Schäufele zu quatschen. Man hält Abstand. Warum auch Zwangskonversation machen? Es ist doch genug Platz für alle da. Jedenfalls in Franken.

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Aber da fängt das Problem auch schon an, gerade für Erstsemester, die sich mit den Gepflogenheiten nicht auskennen. Von welchem Franken ist denn bitteschön die Rede? Es gibt so viele unterschiedliche Stämme, und keiner ist wie der andere. Erlangen etwa: Ein Erstsemester lernt dort erstmal, dass Häusern in Franken im Durchschnitt offenbar ein bis zwei Stockwerke fehlen. Jedenfalls für die üblichen Maßstäbe einer Großstadt. Und er lernt, dass es in der zuckerbäckerhaften Innenstadt wie auf einem Schachbrett zugeht, weshalb er jedes Mal, wenn er nach dem Weg fragt, dieselbe Antwort bekommt: Immer geradeaus, und dann rechts oder links.

Selbstbewusste Nürnberger

Macht er sich mit diesem fränkischen Grundlagen-Wissen auf den Weg nach Nürnberg - das ist immerhin die Stadt, in der seine Universität ihr zweites Standbein hat - könnte es schwierig werden. Da zeichnen nicht aus Frankreich geflohene Hugenotten fürs Gepräge der Innenstadt verantwortlich, sondern das Mittelalter. Und da kommt man mit "immer geradeaus und dann links" so ziemlich nirgendwo hin. Jedenfalls nicht im Gassengewimmel unterhalb der Kaiserburg, am Burgberg, der für Studenten allerlei Lokale vorhält.

In Nürnberg spürt man das Selbstbewusstsein der freien Reichsstadt, in Erlangen waren sie das nie. Und mit dem vermeintlich fränkischen Erfahrungshorizont der Erlanger Teehaus- & Kuschel-Atmosphäre könnte Erstsemestern in der Nürnberger Südstadt ein veritabler Kulturschock drohen. Nürnberger Südstadt: Das ist, gewissermaßen, Hardcore-Schäufele.

Klassisch fränkisch? Das ist also schon insofern schwierig. Zumal der Erlanger Erstsemester, der sich gerade den Merksatz "Franken sind evangelisch und trinken Bier" auf den Kühlschrank gepappt hat, seinen Kommilitonen aus dem nahen Bamberg damit wirklich nicht kommen braucht. Dort trinkt man auch Bier, das schon, aber man ist dort sowas von katholisch. Während studentische Neuankömmlinge in Würzburg die Berichte eines Erlanger Erstsemesters für die Erfindungen eines Benebelten halten dürften: evangelische Biertrinker in Franken? In Würzburg ist man katholisch und trinkt Wein. Das ist fränkisch.

Damit nicht genug: Menschen, die mal in Mittelfranken studiert haben und Erstsemestern aus ihrem reichen Erfahrungsschatz etwas übers Studieren in "Erlangen-Nürnberg" mit auf den Weg geben wollen, sollten sich ein bisschen zurückhalten. Die Gefahr wäre groß, dass sie Blech reden. Was immerhin bis heute geblieben ist: Ja, Nürnberg ist mehr als viermal so groß wie Erlangen, bei der Zahl der Universitäts-Studenten sind die Mehrheitsverhältnisse aber tendenziell genau andersrum. Was nicht lustig ist für Nürnberg, so wenig Uni-Studenten hat in Deutschland keine vergleichbare Halbmillionenstadt. Nun aber soll sich das ändern, wenigstens ein bisschen.

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Der Plan sieht so aus: Nürnberg bekommt auf dem ehemaligen AEG-Gelände den größeren Teil der Technischen Fakultät aus Erlangen, dafür rotieren die Erziehungswissenschaftler aus Nürnberg in einen ehemaligen Siemens-Bau in Erlangen, wo wiederum auch sämtliche Geisteswissenschaftler aus den, leider, sagenhaft hässlichen Türmen der Erlanger Bismarckstraße unter einem Dach vereint werden. Nicht auszuschließen, dass sich die Mediziner dann auf dem Gelände der bisherigen Geisteswissenschaften zusätzlich breit machen.

Verstanden? Egal. Franken ist ein bisschen kompliziert. Vielleicht merken sich Erstsemester einfach das.

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