Stipendien Bayern:Studierst du schon oder zahlst du noch?

Zwei Prozent der Studierenden in Bayern kommen in den Genuss eines Stipendiums - Geisteswissenschaftler sind nur wenige darunter. Denn gute Noten sind kein Garant für Fördergelder.

T. Authaler und M. Scherf

Nach jeder Klausur zückt Lea Binzer ihren Taschenrechner: Hat sich ihr Notenschnitt um ein Hundertstel verbessert? "Ich stehe derzeit bei 1,31", sagt die G-8-Abiturientin aus Immenstadt im Allgäu, "und hoffe, mich im Abi noch verbessern zu können." Ihr Gymnasium hat sie für die Stiftung Maximilianeum vorgeschlagen, das bayerische Förderprogramm für die Besten.

SONNE AM RHEINUFER

So schön kann Studieren sein. Doch der Eindruck täuscht, das Lernen an den Hochschulen und das studentische Leben in den Städten sind teuer, weshalb Stipendien sehr gefragt sind. Bundesbildungsministerin Schavan will, dass künftig die besten acht Prozent der Studenten finanziell unterstützt werden.

(Foto: dpa)

Wenn die 18-Jährige den geforderten Schnitt von 1,3 packt, muss sie gleich nach dem Abitur nochmal zur Prüfung antreten. "Wir sollen uns nichts vormachen", habe es geheißen, "auch 1,0-Abiturienten sind da schon gescheitert." Lea bleibt dennoch zuversichtlich.

Sollte sie es schaffen, hätte sie für die Dauer ihres Studiums freie Kost und Logis im Maximilianeum in München. Studieren ist teuer, seit Einführung der Studiengebühren allemal. Da sind Stipendien heiß begehrt.

Anders als in den Programmen der bayerischen Eliteförderung zählen bei den zwölf vom Bundesforschungsministerium geförderten politischen, kirchlichen oder gewerkschaftsnahen Stiftungen wie Friedrich-Ebert- oder Konrad-Adenauer-Stiftung auch soziales Engagement. Wer gute Noten hat und sich zudem in der Feuerwehr oder der Hausaufgabenhilfe für sozial Schwache engagiert, hat Chancen, zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden.

Doch nur zwei Prozent der Studierenden in Bayern kommen überhaupt in den Genuss eines Stipendiums (einen Überblick gibt die Internetseite www.studieren-in-bayern.de). Dass das Wissenschaftsministerium die Zahl seiner Max-Weber-Stipendien jetzt von 200 auf 400 erhöht hat, ist da nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Zudem wurde das Geld auf der anderen Seite, bei der Förderung der Doktoranden, eingespart. Wirklich neu ist hingegen das Deutschlandstipendium, das in diesem Jahr zum ersten Mal vergeben wird, und das Universitäten und Fachhochschulen in Eigenregie vergeben dürfen.

Das langfristige Ziel von Bundesforschungsministerin Annette Schavan: ein Stipendium für die besten acht Prozent der Studenten. Zunächst ist eine Förderung für 0,45 Prozent der Studenten vorgesehen, die Anzahl soll sich jedes Jahr steigern. Das Konzept: Wenn die Hochschule von Unternehmen oder Privatpersonen 150 Euro einwirbt, gibt der Bund 150 Euro dazu. 300 Euro im Monat - davon kann man zumindest schon mal die Miete zahlen.

Naturwissenschaftler bevorzugt

Mit Blick auf die Verteilung der Gelder fällt aber auf, dass Wirtschafts- und Naturwissenschaften wesentlich besser wegkommen als die Geisteswissenschaften. An der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München steht die Verteilung bereits fest. Von insgesamt 72 Stipendien gehen 21 an die Fakultät für Betriebswirtschaft, 15 an die Fakultät für Mathematik, Informatik und Statistik und lediglich drei an die Sprach- und Literaturwissenschaften - obwohl jene rund 18 Prozent der Studenten und damit die größte Fakultät stellen. In Augsburg fällt die Verteilung ähnlich aus.

Hochschulen ringen um Gelder

Diese Schieflage konnte entstehen, weil die privaten Förderer die Möglichkeit haben, zwei Drittel der Gelder an eine Fachrichtung zu binden. So hat beispielsweise die Stadtsparkasse München der LMU allein 15 Stipendien für Betriebswirtschaftler gestiftet. Trotzdem reagieren viele Unternehmer noch zurückhaltend. Das Modell sei zwar "sehr attraktiv", sagt Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Die Unternehmen hätten jedoch praktisch keine Möglichkeit, die Stipendiaten selbst auszuwählen. "Damit eignet sich das Programm für die Firmen nur sehr eingeschränkt als Rekrutierungsinstrument für den Nachwuchs", so Brossardt.

Das Einwerben von Sponsorengeldern ist also nicht so leicht. Mit 65 Stipendien für rund 160.00 Studenten hat die Augsburger Universität die Quote fast erreicht. Die LMU München hätte aufgrund ihrer hohen Studentenzahl vom Bund rund 200 Stipendien bewilligt bekommen, bietet aber nur 72 an. Man habe sich kurzfristig dafür entschieden, bereits zum Sommersemester zu starten und deshalb für das Einwerben der Gelder nicht ausreichend Zeit gehabt, heißt es.

Der systematische Aufbau der Beziehungen mit privaten Förderern sei sehr zeitintensiv, sagt auch Bettina Dempewolf, die an der Würzburger Julius-Maximilians-Universität für das Fundraising zuständig ist. Die Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt konnte dagegen auf ihre engen Kontakte zu regionalen Unternehmen zurückgreifen und schrieb gleich die maximale Stipendienzahl aus.

Auch beim Deutschlandstipendium zählt in erster Linie der Notenschnitt. Soziales oder kulturelles Engagement kann aber durchaus hilfreich sein. Wenn Lea Binzer also noch angeben könnte, dass sie - wie die Deutschlandstipendiatin und FH-Studentin Lena Laqua aus Hof - an den Wochenenden Lebensmittelpakete für Bedürftige packt, würde das ihre Chancen im Bewerbungsverfahren sicherlich erhöhen.

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