Spezialisierte Studiengänge:Von Weinbau bis Kreuzfahrt

Lesezeit: 5 min

Auch das kann man studieren: Cruise Tourism Management. (Foto: Hurtigruten/dpa-tmn)

Der angehende Gerontologe Johann Weigert und vier weitere Studierende berichten von ihren besonderen Studiengängen.

Franziska Hannig, 23

Master: Environmental Protection and Agricultural Food Production

Ein Klischee höre ich immer wieder: Umweltschutz und Landwirtschaft, das sind doch zwei Gegner, das passt doch überhaupt nicht zusammen. Aber das ist falsch. Der Studiengang Environmental Protection and Agricultural Food Production verbindet beide Seiten. Der Name klingt erst mal ziemlich sperrig, er lässt sich aber leicht erklären. Im Kern geht es um die Frage: Wie kann man Lebensmittel produzieren, ohne der Umwelt zu schaden?

Ich habe meinen Bachelor in Geoökologie, also Umweltwissenschaft, gemacht. Dabei habe ich festgestellt, dass mir der Bereich Agrarwissenschaft fehlt. Die Umwelt lässt sich von der Landwirtschaft nicht trennen, beide hängen zusammen. Ich beschäftige mich seit der Schulzeit mit Naturschutz und mit Lebensmitteln, speziell mit Slow Food. Der Master in Hohenheim passt also perfekt zu meinen Interessen. Die Studenten können sich viele Module frei zusammenstellen, das Spektrum ist breit. Wir lernen zum Beispiel, welche Bedeutung Bienen für unsere Landschaften haben, wie Böden - trotz Landwirtschaft - geschützt werden, und man auf umweltschonende Art hochwertige Lebensmittel produzieren kann.

Studienfächer
:Das kann man wirklich studieren?

Der Run auf die Unis ist ungebrochen und auch die Fächervielfalt größer denn je. Droht die Gefahr einer Überspezialisierung?

Von Max Ferstl und Thomas Jordan

Ich glaube, dass es Leute braucht, die Landwirtschaft und Umwelt zusammenbringen. Umweltschutz war zwar schon immer wichtig, aber gerade scheinen besonders viele Menschen und Firmen ein Bewusstsein für das Thema zu entwickeln. Deshalb sind die Perspektiven nach dem Studium nicht schlecht. Es gibt in vielen Bereichen Jobs: zum Beispiel in Umweltverwaltungen, in Umweltorganisationen oder in Gutachterbüros."

Johann Weigert, 52

Master: Angewandte Gerontologie

Wenn ich Verwandten oder Freunden erzähle, dass ich Angewandte Gerontologie studiere, ist die Reaktion meistens: Was ist das denn? Dann erzähle ich, woher das Wort eigentlich kommt. Nämlich aus dem Griechischen, von gérōn, was "Greis" beziehungsweise "der Geehrte" bedeutet. Eigentlich geht es in meinem Studiengang aber ganz allgemein um das Älterwerden der Menschen. Das Thema ist in letzter Zeit ungemein vielfältig geworden. In meinem Master beschäftige ich mich mit Ökonomie und Recht genauso wie mit medizinischen und technischen Trends in der Altenhilfe. Ich kann zum Beispiel jetzt die Kostenseite einer Sensormatte einschätzen, die einen Alarm auslöst, wenn sturzgefährdete ältere Menschen vom Bett aufstehen.

Seit meinem 20. Lebensjahr arbeite ich in der Altenhilfe. Angefangen habe ich mit einer Ausbildung als Pflegefachkraft, dann war ich Lehrkraft an einer Altenpflegeschule und dann Heimleiter in Kiel. Studiert habe ich erst später, meinen Bachelor mit dem Schwerpunkt Gesundheitspädagogik habe ich 2016 abgeschlossen.

Jetzt arbeite ich als Leiter des Qualitätsmanagements von Senioreneinrichtungen in Hannover. Wenn Sie in Führungspositionen sind, müssen Sie sich aktuell halten, um den Trend nicht zu verpassen. Deswegen wollte ich noch einen Master draufsetzen. Ich hatte einen BWL-Master in Management angefangen, aber der war mir zu statistik- und forschungslastig. Außerdem bin ich ja voll berufstätig, das Studieren spielt sich bei mir am Abend oder am Wochenende ab. Der Master Angewandte Gerontologie an der Apollon-Hochschule Bremen ist ganz überwiegend ein Fernstudium, da habe ich die Flexibilität, die ich brauche. Deswegen würde ich diesen Studiengang auch unbedingt noch einmal wählen. Ich schätze, dass ich 80 Prozent der Inhalte, die ich lerne, für meinen Job gebrauchen kann.

Lara Pschorn, 28

Bachelor: Weinbau und Önologie

Nach dem Abitur hatte ich keine Idee, in welche Richtung es weitergeht. Ich wollte erst mal ins Ausland, dann studieren, nur was? Angefangen habe ich mit Ägyptologie, weil ich auf einem altsprachlichen Gymnasium war und mich Archäologie interessiert. Im Grunde ist es auch ein spannendes Fach, aber ich war unsicher, ob ich damit später eine gute Stelle bekomme. Nach zwei Semestern habe ich abgebrochen und danach länger gearbeitet. Wein fasziniert mich schon lange. Wie unterschiedlich Weine derselben Rebsorte sein können, obwohl sie ähnlich hergestellt werden. Diese Prozesse wollte ich verstehen.

Um in Geisenheim Weinbau und Önologie studieren zu können, braucht man Vorkenntnisse. Deshalb habe ich eineinhalb Jahre auf einem Bioweingut gearbeitet: Efeu schneiden, bei Weinproben ausschenken, Traktor fahren, beim Rebschnitt und im Keller mitarbeiten. Mir gefällt, wie vielfältig die Arbeit ist. Deshalb war die Entscheidung leicht. Das Studium ist theoretischer als die klassische Winzerlehre. Wir beschäftigen uns zum Beispiel mit der Ernährungsphysiologie der Pflanze, oder - in der Önologie - mit den chemischen Prozessen vom Pressen und der alkoholischen Gärung bis zur Reifung des Weins. Viele Fächer sind aber auch praktisch ausgelegt. In diesem Semester bewirtschaften wir zum Beispiel unseren eigenen Weinberg: Wir schneiden die Reben, spritzen gegen Pilzkrankheiten, nehmen Bodenproben.

Papyrologie
:Bologna "ist der Tod vieler Lehrformen"

Andrea Jördens ist Papyrologin an der Uni Heidelberg. Ein Gespräch über ihre Studenten aus verschiedensten Fachbereichen und die Modularisierung im Studium.

Interview von Matthias Kohlmaier

Anders als bei der Ägyptologie habe ich den Eindruck, dass es nach dem Abschluss viele Möglichkeiten für mich gibt. Ich kenne Kommilitonen, die jetzt Weingüter in Frankreich oder der Schweiz leiten. Andere haben ein Weingut zu Hause, einige wechseln auch vom Weinbau in die Getränketechnologie. Ich bin mir noch nicht sicher, was ich nach dem Studium machen möchte. Aber es gibt eine Tendenz: Raus in den Weinberg.

Johannes Moser, 23

Master: History and Economics

Ich höre oft die Frage, warum in meinem Studiengang die Geschichte in die Wirtschaft hineingebracht wird. Dabei kann man doch gerade die Wirtschaft besser verstehen, wenn man die Vergangenheit versteht. Ich bin eher ein Theoretiker. In den letzten Semesterferien habe ich zum Beispiel ein Buch gelesen, das zeigt, dass Finanzkrisen immer nach demselben Muster ablaufen. Und in einem Seminar haben wir uns mit einem Geografieprogramm historische Karten der USA angesehen und unsere Erkenntnisse damit verglichen, wie es den Gegenden heute geht.

Mich hat auch gereizt zu sehen, wie das ist, wenn man einen Studiengang mit aufbaut. Ich gehöre ja zum ersten Jahrgang von History and Economics an der Universität Bayreuth. Wir haben einen extrem guten Betreuungsschlüssel, auf sechs Studenten kamen im ersten Semester vier Dozenten. Und ich war der einzige Deutsche, weil wir sehr international aufgestellt sind.

Nach einem Jahr habe ich trotzdem noch einen VWL-Master angefangen, weil ich gemerkt habe, dass mir die klassische Volkswirtschaftslehre jetzt ein bisschen abhandengekommen ist. Ich würde schon sagen, dass man mit dem klassischen VWL-Abschluss auf dem Arbeitsmarkt weniger kritisch beäugt wird, auf der anderen Seite kann man mit meiner Kombination auch Interesse wecken. Ich selber möchte nach dem Studium erst mal in einem privaten Unternehmen arbeiten. Zum Beispiel im Bereich Unternehmensberatung, da habe ich schon einmal ein Praktikum gemacht in einer Firma, die Beratungen für das öffentliche Verkehrswesen anbietet.

Anna-Maria Stock, 23

Bachelor: Cruise Tourism Management

Ich mag den Gedanken, für andere Menschen da zu sein, gastfreundlich zu sein. Mit 15 Jahren habe ich angefangen, beim Bäcker zu arbeiten, seitdem war ich viel in der Gastronomie beschäftigt. Mir war für mein Studium wichtig, etwas Praxisbezogenes und etwas mit Management zu machen. BWL studieren alle, dachte ich mir, das wollte ich nicht. Ich habe dann nach dem Abi im Internet eine Deutschlandkarte aufgemacht und geschaut, was mich interessiert. Ich hab mich für ungefähr 30 Sachen in den Bereichen Pädagogik, Gestaltung und Management beworben.

Im Studiengang Cruise Tourism Management an der Hochschule Bremerhaven arbeiten wir oft fall- und projektbezogen. Wir hatten eine Vorlesungsreihe, da haben wir eine ganze Kreuzfahrt geplant, über die Route bis hin zur Logistik und zur Personalverteilung. Es gibt auch ein Praxisjahr, da war ich in Vancouver bei einer Eventfirma. Wenn ich einen Test machen müsste, würde ich wohl in Consulting und Rechnungswesen etwas schlechter abschneiden als reine BWLer, aber bei den Soft Skills und Managementkompetenzen sind wir besser ausgebildet, glaube ich.

Während des Studiums habe ich aber gemerkt, dass ich später nicht für eine Reederei oder auf einem Kreuzfahrtschiff arbeiten möchte. Ich werde deswegen nach meinem Bachelor noch einen Master in Innovationsmanagement und Entrepreneurship machen, der breiter aufgestellt ist. Was meine berufliche Zukunft angeht, bin ich optimistisch, denn ich denke, am wichtigsten ist es, im Menschlichen und in der Kommunikation fit zu sein.

© SZ vom 07.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: