Schule:Was dürfen sich Schüler auf der Klassenfahrt erlauben?

Schule: Falls bei einem Schulausflug etwas schiefgeht, sind Schüler durch die gesetzliche Schülerunfallversicherung gegen körperliche Schäden versichert.

Falls bei einem Schulausflug etwas schiefgeht, sind Schüler durch die gesetzliche Schülerunfallversicherung gegen körperliche Schäden versichert.

(Foto: Illustration: Jessy Asmus/SZ.de)

Auf Klassenreise schlagen Schüler gern mal über die Stränge, drastische Strafen können die Folge sein. Welche Regeln gelten.

Von Matthias Kohlmaier

Die Leserfrage

Demnächst stehen in der Schule meiner Kinder Klassenreisen an. Stimmt es, dass Schüler auf eigene Kosten nach Hause geschickt werden können, wenn sie sich bei so einem mehrtägigen Ausflug danebenbenehmen? Und wie sieht es eigentlich bei der Haftung aus? Das ist ja gerade bei Skilagern ein wichtiges Thema, wo es schnell zu Verletzungen kommen kann.

Die Antwort

Die erste Teilfrage lässt sich kurz und knapp beantworten: Ja, wenn sich Schüler während einer Klassenfahrt nicht an vereinbarte Regeln halten, können sie auf eigene Kosten zur Heimreise verdonnert werden. Das passiert laut Kultusministerium dann, wenn Schüler "durch Disziplinlosigkeit oder bewusste Nichteinordnung in die Gemeinschaft Ablauf und Gelingen einer Schülerfahrt in Frage stellen". (Hier finden Sie die ausführlichen Durchführungshinweise für Klassenfahrten.)

Bevor aber eine der begleitenden Lehrkräfte einen Schüler nach Hause schickt, muss sie sich mit dem zuständigen Schulleiter absprechen - auch wenn der gar nicht vor Ort ist. Das Heimschicken ist eine Ordnungsmaßnahme und in Paragraf 86 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) geregelt. Dort steht, dass Schüler bis zu vier Wochen von Schulveranstaltungen ausgeschlossen werden können, der Schulleiter das aber selbst anordnen muss.

Etwas strittiger wird es bei der Frage, wann der Ausschluss von einer Klassenreise angebracht ist. Schulordnung und Jugendschutzgesetze müssen freilich eingehalten, Alkohol, Drogen und Zigaretten möglichst komplett von der Fahrt verbannt werden. Bei Klassenfahrten mit älteren Schülern scheint das schwer durchsetzbar, prinzipiell sind Lehrkräfte aber dazu verpflichtet. Denn bei Nichteinhaltung können sie eventuell selbst Schwierigkeiten bekommen.

"Ich kommuniziere vor der Fahrt eindeutig, was erlaubt ist und was nicht, und wiederhole mich auch während der Reise ständig. Wenn dann etwas schiefgeht, kann kein Schüler oder Elternteil sagen, die Regeln wären unklar gewesen", sagt eine langjährige Lehrerin an einer bayerischen Realschule. Vor der Reise sei es üblich, die Regeln auch den Eltern schriftlich zu mitzuteilen. Neben Rauschmitteln ist aus nachvollziehbaren Gründen auch prinzipiell der heimliche/nächtliche Besuch auf fremden Zimmern verboten. Trotzdem passiere es auch an ihrer Schule bei fast jeder Klassenfahrt, dass Schüler vorzeitig die Heimreise antreten müssten, sagt die Lehrkraft. Meist wegen Ignorierens des Alkoholverbots.

Trotz der vielen Verbote - die gerade erfahrenere Lehrkräfte in der Praxis oft etwas laxer auslegen -, sollen Klassenfahrten aber natürlich keine spaßbefreiten Veranstaltungen sein. So dürfen Schüler ab Klasse 10 zum Beispiel abends ohne Begleitperson in Kleingruppen losziehen. Bei nicht volljährigen Schülern müssen die Eltern dem vorher schriftlich zustimmen. Außerdem müssen "insbesondere Ziel der Unternehmungen und Erreichbarkeit sowie der genaue Zeitpunkt der Rückkehr" mit begleitenden Lehrkräften abgesprochen werden.

Wie sieht es mit der Haftung aus?

Falls bei einem Ausgang oder der sonstigen Veranstaltung etwas schiefgeht, sind Schüler jederzeit durch die gesetzliche Schülerunfallversicherung gegen körperliche Schäden versichert. Geht die Fahrt über die Landesgrenze, sollten Schüler oder deren Eltern laut Ministerium vorab "bei den gesetzlichen Krankenkassen eine Anspruchsbescheinigung für die Inanspruchnahme von Leistungen der deutschen gesetzlichen Krankenversicherungen im Ausland beantragen". Wer gesetzlich versichert ist, sollte einen Auslandskrankenschein dabeihaben.

Für Lehrkräfte gilt Ähnliches: Sie sind über die beamtenrechtliche Unfallfürsorge oder die gesetzliche Unfallversicherung versichert, falls ihnen etwas passiert. Ein Gericht in Baden-Württemberg hat 2007 entschieden, dass Begleitlehrkräfte auf Klassenfahrten quasi rund um die Uhr im Einsatz sind. Eine Lehrerin war bei der morgendlichen Dusche gestürzt und hatte sich an der Schulter verletzt - das Land Baden-Württemberg wollte das nicht als Dienstunfall akzeptieren. Der zuständige Verwaltungsgerichtshof urteilte jedoch: "Das morgendliche Duschen der Klägerin erfolgte im vorliegenden Fall 'in Ausübung des Dienstes'."

Für die Lehrer selbst ist ohnehin klar, dass sie während einer Klassenfahrt 24/7 einsatzbereit sein müssen. Denn natürlich will kein Lehrer schuld an einem Unfall oder Schlimmerem sein, weil er seine Aufsichtspflicht nicht ausreichend wahrgenommen hat. "Nach einer Woche Klassenfahrt braucht man eigentlich eine Woche Ferien", sagt die Realschullehrerin über das Stresslevel. Dass Begleitlehrkräfte bei Klassenfahrten immer Sorge haben, etwas könnte schiefgehen und sie am Ende dafür haftbar gemacht werden, zeigt der etwas zugespitzte Ausspruch eines Gymnasialrektors: "Wer als Lehrer auf Klassenfahrt fährt, steht schon mit einem Bein im Gefängnis."

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