Schule:Studie zu Ganztagsschulen prangert Mängel im System an

  • Die Bertelsmann-Stiftung beschäftigt sich in einer aktuellen Studie mit der Entwicklung der Ganztagsschulen in Deutschland.
  • Demnach sind die Schulen in den Bundesländern sehr unterschiedlich ausgestattet, gleiches gilt für das Stundenpensum der Schüler.
  • Die Studienautoren sprechen vom "Flickenteppich Ganztag".

Der Ausbau der Ganztagsschulen ist seit Jahren ein Prestigeobjekt der Bildungspolitik. Dennoch gibt es an deutschen Ganztagsschulen von Bundesland zu Bundesland riesige Unterschiede bei den Lernzeiten und der Ausstattung mit Lehrern oder Erziehern. So liegt die Bandbreite dessen, was die Länder jährlich für zusätzliches Ganztags-Personal ausgeben, zwischen 1300 Euro pro Schulklasse einer gymnasialen Ganztagsschule (Sekundarstufe I) in Sachsen - und knapp 37 000 Euro in Rheinland-Pfalz.

Dies ist eines der Ergebnisse einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zum bundesweit wachsenden Ganztagsschulangebot in Deutschland. Die Analyse will erstmals die Lernbedingungen für die 1,27 Millionen Schüler in bindenden Ganztagsschulen vergleichbar machen - und die klaffen je nach Bundesland oder Schulform weit auseinander. Die Bildungsforscher haben sich ausschließlich auf die Form der gebundenen Ganztagsschule konzentriert - also Schulen, an denen das längere gemeinsame Lernen für alle Schüler verpflichtend ist.

So unterscheiden sich die Bundesländer

Von einem "Flickenteppich Ganztag" sprechen daher die Forscher. "Wir haben bundesweit einen Dschungel an unterschiedlichen Bestimmungen zur Verteilung von Ressourcen im Ganztag. Die riesigen Unterschiede legen offen, wie sehr es an gemeinsamen Standards für den Ganztag mangelt", fasste Dirk Zorn, Bildungsexperte der Bertelsmann-Stiftung, die Erkenntnisse zusammen. Für gleichwertige Lernchancen müssten die zuständigen Kultusminister der Länder dringend Mindeststandards vereinbaren.

So ist die zusätzliche Zeit, die Ganztagsschülern im Vergleich zu anderen zur Verfügung steht, abhängig von Vorgaben, die weit auseinanderklaffen. Grundschüler in hessischen Ganztagsschulen verbringen 22 zusätzliche Stunden pro Woche an der Schule. In Thüringen, Sachsen und Nordrhein-Westfalen sind nur acht vorgesehen.

An weiterführenden Schulen sinkt im Durchschnitt die Zusatz-Lernzeit, die riesige Spannbreite je nach Land bleibt: Kommen Ganztagsschüler aus Hessen oder Hamburg auf überdurchschnittliche Werte zwischen 13 und 16,4 Extra-Stunden, so sind für Schüler aus Nordrhein-Westfalen und den ostdeutschen Flächenländern mit Ausnahme Brandenburgs in den höheren Klassen nur etwa vier Mehrstunden vorgesehen.

Der Bertelsmann-Report moniert auch, dass Lernzeiten und Personalausstattung in vielen Ländern nicht aufeinander abgestimmt seien. So stellten die Länder Hessen und Bremen gerade mal so viel Zusatz-Personal zur Verfügung, dass 22 Prozent der Nachmittags-Extrazeit mit Fachkräften bestückt sind. Nimmt man die Grundschulen aus, stehen auch Sachsen und Thüringen mit ähnlichen Werten schlecht da. Die entstehende Lücke muss den Autoren zufolge mit kommunalen oder privaten Mitteln gefüllt werden - Lehrer besetzten diese Stellen nicht.

Was die Ganztagsschule bringt

Wer bis zum späten Nachmittag an der Schule ist, wird nicht unbedingt klüger - aber womöglich ein freundlicherer, ausgeglichenerer Mensch: So lässt sich die Mitte April veröffentlichte "Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen" (StEG) für das Bundesbildungsministerium zusammenfassen. Die vierjährige Forschungsarbeit an 140 Grundschulen und Schulen der Sekundarstufe fand positive Wirkungen auf soziale Kompetenz, Motivation und Selbstbild der Schüler. Weiter heißt es: "Unmittelbare Effekte auf die Entwicklung ihrer fachlichen Kompetenzen zeigten sich jedoch nicht."

Die Studie fordert, Schulen sollten stärker auf die Qualität ihrer Ganztagsangebote achten - eine reine Hausaufgabenbetreuung durch Ehrenamtliche reiche nicht. Denn wichtig sei die Verzahnung mit den Unterrichtsthemen. Doch daran hapert es oft.

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