Schule in Großbritannien:Wo Islam und Homosexualität respektiert werden

  • Ein homosexueller Grundschullehrer musste in Großbritannien seinen Job aufgeben, weil Eltern nicht wollten, dass er ihre Kinder unterrichtet.
  • Daraufhin nahm der Mann eine Stelle an einer Schule an, die fast ausschließlich von muslimischen Kinder besucht wird.
  • Dort kämpft er weiter für Gleichberechtigung - und hat Erfolg.

Alles begann mit der Beschwerde einiger Eltern. Sie wollten nicht, dass ihre Kinder in der Schule lernen, dass es in Ordnung ist, homosexuell zu sein. Ihre Sorge, wenn man es denn so nennen möchte, richtete sich gegen Andrew Moffat, Lehrer an einer britischen Grundschule in Birmingham. "Die Bedenken wurden hauptsächlich von Eltern vorgetragen, deren Religion Homosexualität nicht toleriert", erklärte Moffats Arbeitgeber laut Independet.

Moffat hat nicht nur das Buch "Challenging homophobia in primary school" geschrieben und in seinen Klassen auch verwendet. Er hatte sich seinen Schülern gegenüber auch als homosexuell geoutet. Für die Kinder schien das kein Problem zu sein, auch Moffat hält seine Entscheidung nach wie vor für richtig. Und weil er Vorbehalte unter einer "kleinen Gruppe der Elternschaft" nicht akzeptieren wollte, kündigte er seine Stelle. Das war im April 2014.

Moffat wollte weiter für Gleichberechtigung kämpfen

Nach dieser für ihn enttäuschenden Erfahrung hätte sich Moffat eine ruhigere Stelle suchen können, eine, wo seine Sexualität für niemanden ein Problem darstellen würde. Hat er aber nicht, im Gegenteil. Andrew Moffat nahm einen Job als stellvertretender Schulleiter an einer Birminghamer Grundschule an, deren 770 Schüler aus 23 Nationen zu 99 Prozent Muslime sind.

Dort lehrt er seine Schüler weiterhin, dass die sexuelle Ausrichtung keine Rolle spielt, dass alle Menschen gleich sind. Ein schwuler Lehrer betreibt Aufklärung über die Rechte Homosexueller vor Schülern, deren Glaube mehr oder minder besagt, dass Homosexualität eine Sünde ist. Klingt konfliktträchtig, aber die Eltern scheinen akzeptiert zu haben, dass ihre Kinder in der Schule etwas über die Antidiskriminierungsgesetze Großbritanniens lernen, ohne dass dabei gleich ihr Glaube untergraben wird.

"In einem Bereich zu arbeiten, wo meine Aufgabe einfach gewesen wäre, kam nicht in Frage", sagt Moffat dem Guardian. Er habe dort hingehen wollen, wo er womöglich mit den gleichen Problemen konfrontiert werde, wie an seiner ehemaligen Schule - um sie diesmal besser zu lösen. "Ich war entschlossen, die Gleichberechtigung von LGTB (Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender; Anm. d. Red.) in jedem Bereich Realität werden zu lassen."

"Ich fand seinen Ansatz bewundernswert"

Die Rektorin seiner aktuellen Schule wollte ihn genau deshalb in ihrem Team haben. "Ich fand seinen Ansatz bewundernswert. Wir hatten schon einige Projekte in dieser Sache an unserer Schule. Aber wir brauchten jemanden, der sie leitet und allen Mitarbeitern Selbstvertrauen gibt", sagt Schulleiterin Hazel Pulley. Jeder wisse, dass an ihrer Schule der Islam respektiert werde. So sei es möglich, dass die Schüler verschiedene Sichtweisen zum Thema Homosexualität zu hören bekämen.

"No outsiders" heißt das Programm, mit dem Moffat an der Parkfield Community School Gleichberechtigung lehrt. Der Guardian hat einige Schüler befragt, was sie von dem Projekt halten. "Schwarze und weiße Menschen sind gleichberechtigt", sagte ein neunjähriger Junge, "bei Homosexuellen bin ich nicht sicher. In der Schule lernen wir, dass es egal ist, ob jemand schwul oder lesbisch ist. In der Moschee sagen sie aber, wir sollten das nicht lernen." Ähnliches berichtet ein Achtjähriger: "Meine Eltern haben mir gesagt, dass sie respektieren, was in der Schule passiert und es gut finden. Wir müssten aber an unseren muslimischen Glauben denken."

Andrew Moffat hat mittlerweile ein Buch mit Unterrichtsmaterialen für Grundschulen veröffentlicht, "No outsiders in our school" heißt es. Und kürzlich hatte er das Gefühl, dass es an der Zeit sei, mit Schülern und Eltern an seiner aktuellen Schule offen zu sein. Er hat ihnen erklärt, dass er selbst homosexuell ist. Beschwert hat sich bisher niemand.

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