Reform der Professorengehälter:Wenn der Einsatz nicht lohnt

Bei Professoren wird Leistung künftig weniger honoriert, da Zulagen mit dem Grundgehalt verrechnet werden sollen. Das stößt jenen auf, die fleißig Geld für die Forschung einwerben und viel veröffentlichen.

Von Roland Preuß

Die schlechte Laune lässt Professor Jens Schröter zu unakademischem Vokabular greifen. "Ich rackere jetzt nicht mehr bis zum Umfallen, das lohnt sich nicht", sagt der Medienwissenschaftler an der Universität Siegen. Der 42-Jährige hat sich reingehängt die vergangenen Jahre, viel veröffentlicht, mehr als eine halbe Million Euro für seine Forschung eingeworben und Nachwuchswissenschaftler eingestellt.

"Ich arbeite zehn Stunden am Tag und oft auch am Wochenende", sagt er. Dafür zahlt ihm die Universität eine Leistungszulage von mehr als 1000 Euro im Monat. Doch von 1. Januar an werden faktisch vor allem die Kollegen belohnt, die sich bisher keine Zulagen erarbeitet haben. Schröter selbst erhält: gar nichts. "Ich freue mich ja für diese Kollegen, aber für mich ist die Verrechnung meines Zuschlags demoralisierend", sagt er.

Hintergrund ist die Reform der Professorengehälter, die derzeit bundesweit die Hochschullehrer erzürnt. Im Februar hatte das Bundesverfassungsgericht im Fall eines hessischen Chemieprofessors entschieden, dass die Gelehrten der mittleren Gehaltsstufe W 2 mehr Geld bekommen müssen Das Grundgehalt des Professors von fast 3900 Euro plus 24 Euro Leistungszulage sei unter dem eines Gymnasiallehrers und damit unangemessen niedrig, urteilte Karlsruhe.

Andere Bundesländer zahlen ähnliche Summen wie Hessen, deshalb verabschieden sie jetzt ebenfalls neue Gesetze zur Professorenbesoldung. Die sind ausgefallen, wie es in Zeiten der Sparpakete zu befürchten war: Es gibt nur so viel oben drauf wie nötig.

Leistungszulagen werden verrechnet

In der Praxis heißt das: Die Grundgehälter steigen, doch sie werden mit den Leistungszulagen komplett oder weitgehend verrechnet. Professor Schröter beispielsweise erhält wegen hoher Zulagen keinen Cent mehr, während in Nordrhein-Westfalen seine Kollegen ohne jeden Bonus sich über 690 Euro zusätzlich freuen können.

Die Standesvertretung der Professoren, der Deutsche Hochschulverband (DHV), wird derzeit mit Empörungsmails geflutet. "Der psychologische Schaden dieser Neuregelung ist immens", sagt der DHV-Geschäftsführer Michael Hartmer. Er schätzt, dass etwa zehn Prozent aller Professoren bisher keine nennenswerten Zulagen erzielt haben.

Die Bemühungen von Bund und Ländern, ihren Beamten durch Prämien auf die Sprünge zu helfen, sind damit zurückgeworfen. Die Professoren zählten zu den ersten Berufsgruppen, bei denen es die Länder versucht haben. Sie senkten die Gehälter, füllten damit einen Prämientopf und vergaben dieses Geld nach Leistung. Nun ist von dem Topf kaum mehr etwas übrig. "Und die Finanzminister wollen ihn nicht mehr auffüllen, das ist das Hauptproblem", sagt Schröter.

In Bayern, Hessen und Sachsen kommt es noch dicker: Dort will man die Gehälter wieder nach "Erfahrung" staffeln. Derjenige, der länger da ist, bekommt automatisch mehr Geld. Länder wie Brandenburg halten das für abwegig. "Wir müssen die Leistung belohnen, wenn sie erbracht wird, nicht später", sagt Wissenschaftsministerin Sabine Kunst (parteilos). Sie legt allen unterbezahlten Professoren pauschal gut 600 Euro drauf. Für Professoren wie Schröter bleibt nur ein schwacher Trost: Sie können sich neue Leistungszulagen erarbeiten.

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