Pisa-Studie:Viele Kinder mit Migrationshintergrund sind unglücklich an deutschen Schulen

Migranten: Unterricht für Flüchtlinge an einem Gymnasium in Duisburg.

In Übergangsklassen werden Flüchtlinge auf den Regelunterricht vorbereitet.

(Foto: dpa)
  • In einer Sonderauswertung der Ergebnisse der Pisa-Studie 2015 hat sich die OECD mit den Leistungen von Schülern mit Migrationshintergrund beschäftigt.
  • Diese fallen schwächer aus als die Leistungen von Kindern ohne ausländische Wurzeln.
  • Sorgen machen Angaben der Schüler auf Fragen zu ihrem Wohlbefinden an der Schule.

Von Matthias Kohlmaier

Erst im vergangenen Jahr hat der "Chancenspiegel 2017" gezeigt: Für Jugendliche mit ausländischem Pass ist das Risiko eines Schulabbruchs - ohne zumindest den Hauptschulabschluss zu erreichen - mehr als doppelt so hoch wie für ihre deutschen Mitschüler. Kinder mit Zuwanderungsgeschichte haben es an deutschen Schulen offenbar schwer. Das belegt nun auch eine Sonderauswertung von Daten der Pisa-Studie aus dem Jahr 2015.

Demnach erbringen Schüler mit Migrationshintergrund oft schwächere Leistungen als ihre Klassenkameraden und sind unglücklicher in der Schule. Die wichtigsten Studienerkenntnisse:

Mehr als jeder vierte Schüler hat Migrationshintergrund

Etwas mehr als 28 Prozent der 15-jährigen Schüler in Deutschland sind Migranten erster oder zweiter Generation, haben einen aus dem Ausland stammenden Elternteil oder sind im Ausland geboren und nach einem Auslandsaufenthalt wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Damit liegt der Anteil leicht über dem Durchschnitt der OECD-Länder (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung).

Allerdings ist zu bedenken, dass die Zahlen bereits 2015 erhoben wurden. Da in den drei Jahren seitdem viele Menschen nach Deutschland gekommen sind und entsprechend auch mehr Kinder mit Zuwanderungsgeschichte die Schulen besuchen, dürfte der Wert aktuell höher liegen.

Migranten bringen schwächere Leistungen in der Schule

Dass Schüler mit Migrationsgeschichte im Durchschnitt schlechtere Noten erzielen als ihre Klassenkameraden, ist keine neue Erkenntnis. Bei Pisa 2015 war der Unterschied zwischen Schülern ohne Zuwanderungsgeschichte und Migranten erster Generation (im Ausland geborene und womöglich auch aufgewachsene Kinder) besonders groß. Ausgedrückt wird das im Test erzielte Ergebnis wie in allen Pisa-Erhebungen als Punktzahl um den Mittelwert 500:

Die Grafik zeigt auch: In Deutschland ist der Unterschied besonders groß. Anderen Ländern gelingt es sehr viel besser, Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund auf ein ähnliches Leistungslevel wie ihre Mitschüler zu heben.

Eine Erklärung für das schwächere Abschneiden der Schüler mit Migrationshintergrund ist in vielen Fällen das vergleichsweise niedrige Bildungsniveau der Eltern und die eher einfachen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, in denen die Schüler aufwachsen. Allerdings haben die Forscher für die Studie diesen Nachteil berücksichtigt. Trotzdem ist der Anteil der Schüler mit Leistungsschwächen unter Migranten noch immer deutlich größer als unter Schülern ohne ausländische Wurzeln. "Es ist alarmierend, dass in der EU Schüler mit Migrationshintergrund deutlich häufiger an grundlegenden Aufgaben in Naturwissenschaften, Lesen und Mathematik scheitern", sagt Gabriela Ramos von der OECD.

Insgesamt ist der Anteil besonders leistungsschwacher Kinder in Deutschland unter den Schülern mit Mitgrationshintergrund etwa zweieinhalb Mal so hoch wie bei Schülern ohne Zuwanderungsgeschichte. Das ist auch insofern bedenklich, als das Verhältnis im Durchschnitt der OECD-Länder bei eins zu 1,7 liegt. Das heißt: In Deutschland fallen Migranten in der Schule stärker zurück und müssten besser gefördert werden.

Soziale Faktoren machen Sorgen

Für die Studie wurde nicht nur die Leistung der Schüler gemessen, sie wurden auch zu ihrem Wohlbefinden befragt. Die Angaben der Kinder mit Migrationshintergrund legen große Probleme offen. Laut Studie haben diese Schüler eher das Gefühl, in der Schule nicht dazuzugehören, klagen häufiger über schulbezogene Ängste und sind insgesamt weniger mit ihrem Leben zufrieden als Schüler ohne Migrationshintergrund. Die Vergleichswerte in anderen OECD-Ländern sind ähnlich.

Dass sich an der prekären Situation vieler Migranten an deutschen Schulen nach wie vor etwas ändern ließe, zeigt ein anderes Pisa-Ergebnis: Der Wunsch Jugendlicher mit Migrationshintergrund, ihre schulischen Leistungen zu verbessern, ist trotz allem ausgeprägter als bei Jugendlichen ohne ausländische Wurzeln.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: