Neuer Präsident der Hochschulrektorenkonferenz:Erfolg der Elite

Überraschung bei den Hochschulrektoren: Sie wählten den Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie, Horst Hippler, zu ihrem neuen Präsidenten. Allerdings lief nicht alles glatt - denn der Physiker ist nicht unumstritten.

Johann Osel

Gäbe es eine offizielle Stellenausschreibung für die Präsidentschaft der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), so müsste darin die Kunst des Lamentierens verlangt werden - und zwar über die schlechte Grundfinanzierung deutscher Universitäten. Die bisherige Amtsinhaberin Margret Wintermantel trug diese Klage (übrigens mit vollem Recht) stets derart energisch und stakkatohaft vor, dass man zuweilen meinte, ein schludriger Zuarbeiter habe ihr das Redemanuskript vom letzten oder vorletzten Auftritt untergejubelt.

Horst Hippler - Präsident des Karlsruher KIT

Horst Hippler, Präsident des Karlsruher Institut für Technologie (KIT), steht künftig an der Spitze der Hochschulrektorenkonferenz (HRK).

(Foto: dpa)

Der Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), Horst Hippler, übte sich zuletzt auffallend in dieser Kunst. Eine solide Finanzierung unter Beteiligung des Bundes sei angesichts steigender Studentenzahlen unabdingbar, sagte er kürzlich und ergänzte düster: "Sonst droht in zwei bis drei Jahren der Kollaps des Hochschulsystems".

Derlei Statements wird er künftig perfektionieren können: Die HRK-Mitgliederversammlung wählte den 65-Jährigen am Dienstag in Hamburg an ihre Spitze. Hippler siegte gegen den Bamberger Rektor Godehard Ruppert und den früheren Chef der Universität Duisburg-Essen, Lothar Zechlin. Dass die Wahl auf den gebürtigen Göttinger fiel, ist durchaus überraschend. Das KIT ist 2006 durch Fusion der Uni Karlsruhe (landesfinanziert) mit dem dortigen Helmholtz-Forschungszentrum (bundesfinanziert) entstanden und bekommt so Geld direkt aus Berlin.

Wegen dieses Elite-Status selbst innerhalb des erlauchten Kreises der Elite-Unis konnte sich Hippler unter Kollegen nicht nur Bewunderung, sondern auch blanken Neids sicher sein. Problematisch für das Amt an der HRK-Spitze: Der Zusammenschluss von 267 Hochschulen ist das Sprachrohr gegenüber der Politik, vor allem aber soll er nach eigener Definition "das Forum für den gemeinsamen Meinungsbildungsprozess der Hochschulen" sein. Der Präsident muss eine Schar regionaler "Rektoren-Stars" koordinieren, zugleich ein Ohr für die Kleinen und Schwachen haben. Der Chef eines Wissenschaftstankers wie des KIT - Jahresbudget 730 Millionen Euro - scheint für den integrativen Job wenig geeignet zu sein.

Vor der Wahl kursierten daher Bedenken - Hippler sei kaum wählbar, da er nicht die breite Masse der Unis, vor allem der forschungsschwachen, repräsentiere. Das Wahlergebnis wurde wohl durch die von der CDU avisierte Reform des Kooperationsverbotes beeinflusst, die dem Bund eine Finanzierung der Landesbildungspolitik erlauben würde. Das KIT, das derzeit in der rechtlichen Grauzone agiert, könnte hier als Vorbild dienen. Dass von der Gesetzesänderung am Ende alle Hochschulen und nicht nur die Spitzen profitieren, ist allerdings noch höchst fraglich. Bundesbildungsministerin Annette Schavan plant die Reform zur Fortsetzung der Exzellenzinitiative.

Seit 2002 amtiert Hippler in Karlsruhe, für die neue Position muss er dieses Amt aufgeben. Der Professor für Physikalische Chemie war zuletzt Chef der baden-württembergischen Rektoren. Beobachter schreiben ihm die kühle Rationalität eines Naturwissenschaftlers auch im Führungsstil zu. 2010 gehörte er zu den Unterzeichnern des umstrittenen Appells "Energiezukunft für Deutschland", mit dem Atomkraft-Lobbyisten für eine Laufzeitverlängerung warben. Kritik von Studenten, nun habe "die Kommerzialisierung von Lehre und Forschung eine neue Stufe erreicht", schmetterte Hippler ab; er helfe der Initiative als Privatmann.

Der unterlegene Zechlin galt als Außenseiter, den Bamberger Theologen Ruppert dagegen sahen manche schon als Sieger - da er für den Löwenanteil der Unis steht, die nicht von den Exzellenzmillionen profitieren. Gleichwohl hat Ruppert in Bamberg eine beeindruckende Profilbildung mit starken Geisteswissenschaften forciert. Selbst Studentenvertreter, mit denen er Kleinkriege auszufechten hatte, beschreiben ihn "als Hochschulmanager im positiven Sinne". Die Uni "wetterfest" zu machen, sei wichtiger als die Schaffung von "Leuchttürmen, die einsam in der Landschaft stehen", sagte Ruppert mal mit Blick auf den Exzellenzwettbewerb. Die Kollegen haben nun den Vertreter des Elite gewählt - wohl in der Hoffnung, mit ihm aufzusteigen.

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