Neubesetzung der Hochschulrektorenkonferenz:Eintracht in Frankfurt

Zuletzt war die Konferenz der Hochschulrektoren ein zerstrittener Haufen. Nun verordnet sie sich selbst Harmonie und wählt konfliktfrei drei neue Vizepräsidenten. Doch wie lange hält die Freundlichkeit?

Von Johann Osel

Die "Stimme der Hochschulen" für gut 300 Mitglieder, wie sich die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) selbst nennt, war kaum noch zu hören. Als zerstrittener Haufen gilt der Dachverband seit gut zwei Jahren. Im Klub U15 hatten sich 2012 forschungsstarke Unis, zugleich HRK-Mitglieder, vereint - um eine eigene Lobbypolitik zu machen. Etwa bei der Frage, wie die Milliarden für Forschung in Zukunft verteilt werden. Wie unschön die Situation hinter verschlossenen Türen war, ließ sich an der Wortwahl in der Öffentlichkeit erkennen. Ein Rektor außerhalb des neuen Klubs sah U15 als "Beutegemeinschaft". Und fügte hinzu: "Members only" stehe nur "an Lokalen mit entsprechendem Ruf". Ein anderer warnte vor der "Kannibalisierung" unter den Unis. In Gesprächen fielen Begriffe wie "Raffzähne". Mit dem Streit soll es jetzt aber vorbei sein.

Die Frage nur: Wie lange? Vor Kurzem haben sich die Rektoren in Frankfurt getroffen, in Eintracht, wie Teilnehmer der nichtöffentlichen Sitzungen versichern. Eine Liste mit Forderungen an die Politik hat man erstellt, es geht - wie sollte es anders sein - ums Geld. Und zwar für alle. "Im Ergebnis haben wir uns wieder aufeinander zubewegt", sagte HRK-Präsident Horst Hippler der Süddeutschen Zeitung. Wenn man sehe, wie komplex im föderalen System die Lage der Hochschulen ist, so tue man "gut daran, sich gegenseitig zu unterstützen".

Hinweise auf die neue Harmonie lieferte da die konfliktfreie Wahl dreier neuer Vizepräsidenten. Keiner der drei gehört U15 an oder einer anderen Gruppe wie dem Bündnis der großen Technik-Unis (TU9). Beim letzten Mal ließ die Runde der Rektoren Hipplers Kandidatin für einen Posten durchfallen: Beate Schücking, Rektorin der Uni Leipzig, die etwa mit der FU und der HU Berlin, der Münchner LMU oder den Unis Bonn und Hamburg U15 bildet. Eine erneute Schlappe riskierte Hippler nun offenbar nicht. Die drei Gewählten stehen für Konsens, zudem soll der HRK-Chef vor der Tagung oft zum Telefonhörer gegriffen haben, um die Reihen zu schließen. Zuletzt hatten ihm Kollegen vorgeworfen, mit dem Lager der TU9, aus dem Hippler stammt, und auch mit U15 offen zu sympathisieren - und die Konflikte in der HRK nicht auszuräumen.

Taktik und Töpfe: Wer erhält künftig viel Geld für Forschung, und wer hat das Nachsehen?

"Er will nicht, dass die HRK während seiner Amtszeit explodiert", sagt ein Rektor über den obersten Rektor. Fragt man Hippler selbst, weist er auf seine "Moderatorenrolle" hin. So versuche er, "die verschiedenen Strömungen und Interessenlagen zu sammeln und Diskussionsprozesse zu organisieren und zu steuern". Doch bleibt ein Problem trotz aller Debatten: dass nämlich keine Hochschule der anderen gleicht und eine gemeinsame Linie für alle schwieriger wird. Spätestens die Exzellenzinitiative, der milliardenschwere Wettbewerb für Forschung, hat gezeigt, dass es verschiedene Ligen von Hochschulen gibt. Der Kampf um Status innerhalb der Universitätsszene übertrifft sogar die traditionellen Reibereien zwischen Unis und Fachhochschulen.

Einer, der von Kritikern als Teil der U15- "Beutegemeinschaft" gesehen wurde, ist Jan-Hendrik Olbertz, Präsident der Humboldt-Universität in Berlin. Angesprochen auf den neuen Frieden in der HRK sagt er: "Frieden ist nicht ganz das richtige Wort, es gab vorher schließlich keinen Krieg. Aber es gab Anspannung und Ängste. Wir dürfen uns nicht in Einzelinteressen zerfleischen, das wurde jetzt erkannt". Die geänderte Tonlage ändert allerdings nichts an der Existenz von U15: Mit den "starken, sichtbaren Universitäten" könne man Interessen vertreten, die letztlich alle betreffen. Zumindest mache man nicht "Politik gegen die anderen", so Olbertz. Den Umgang mit der Vielfalt der Hochschulen müsse man in der HRK auch noch "üben".

Fraglich ist, wie lange die Freundlichkeit anhält. Derzeit geht es viel um Taktik, um Befindlichkeiten - die Entscheidungen über das große Geld kommen noch. 2017 endet die Exzellenzinitiative, die Politik überlegt sich gerade ein Nachfolgemodell. Der Wissenschaftsrat hat ein Konzept erstellt. Tenor: Nicht jede Hochschule solle künftig alles aufbieten, Rektoren müssten "Profile" auch abseits der Forschung entwickeln. Heißt im Umkehrschluss: Von den großen Forschungstöpfen wird nur eine kleine Gruppe profitieren. Zudem könnte es wieder Mittel für ganze Standorte geben, wie die sogenannten Elite-Universitäten. Wer förderungswürdig ist und wer nicht, muss irgendwann feststehen - und dann könnte die Harmonie in der HRK schnell vergessen sein.

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