Am letzten Tag war es schwer zu sagen, was mehr schmerzte: die Füße, die zu lang in den Pumps eingesperrt waren, oder die Gesichtsmuskeln, längst zur dauerlächelnden Grimasse erstarrt. Beides lange auszuhalten, ohne jemanden unkontrolliert anzuschreien, schien die entscheidende Tugend für diesen Job. Ein Tag als Messehostess, das waren 250 Euro - auf den ersten Blick leicht umzurechnen in zehn Stunden gut bezahltes Herumstehen: Vier Tage an einem Stand, beim Ausfüllen von Formularen helfen und immer recht freundlich sein. Dass die 250 Euro anders umzurechnen waren, wurde aber schon nach zwei Stunden klar: in fünf schlechte Witze pro Stunde, 20 anzügliche Sprüche am Tag und gefühlte 14 000 überreichte Kugelschreiber in vier Tagen. Eigentlich war es keine gute Bezahlung, sondern Schmerzensgeld. Dafür, dass das eigene Gehirn tagsüber mit dem Mantel an der Garderobe am Messeeingang blieb: "Ja, das endet automatisch", "Ja, einen zweiten Kugelschreiber bekommen Sie gern", "Nein, ich studiere noch", "Ja, ich habe einen Freund" lauteten die zentralen Sätze. Und: "Toiletten? Hinten rechts", natürlich. Die Stimme im Hinterkopf flüsterte deshalb immer wieder: "250 Euro, die halbe Miete." Doch das, was vom Gehirn übrig war, schweifte zum Aushang an der Kneipe neben der Uni: "Bedienung gesucht". Gab zwar keine 250 Euro pro Tag. Aber als Kellnerin - da konnte man wenigstens weglaufen. Lea Hampel