Warnstreiks der angestellten Lehrer:Gewerkschaft wehrt sich gegen "Provokation" der Arbeitgeber

Warnstreik im Öffentlichen Dienst

Warnstreik der Lehrer in Berlin im Jahr 2013

(Foto: picture alliance / dpa)
  • Eine weitere Verhandlungsrunde im Tarifkonflikt für den öffentlichen Dienst ist ohne Einigung zu Ende gegangen
  • Angestellte Lehrer sind ab Dienstag deutschlandweit zu Warnstreiks aufgerufen.
  • Die Kernforderung der Gewerkschaften Verdi und GEW lautet 5,5 Prozent mehr Geld für die Betroffenen, mindestens aber 175 Euro mehr.

Angestellte Lehrer streiken

Nach den vorerst ergebnislosen Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder gibt es ab Dienstag bundesweite Warnstreiks der Lehrer an den Schulen. In einer ersten Ankündigung der Gewerkschaften hatte es noch geheißen, es sei bereits ab Montag mit Streiks zu rechnen. Allerdings können nur die bundesweit etwa 200 000 angestellte Lehrer in den Ausstand gehen. Verbeamtete Lehrer - laut Statistischem Bundesamt waren es im Jahr 2012 etwa 700.000 - dürfen nicht streiken.

Von den Verhandlungen betroffen sind auch Unikliniken, der Küstenschutz, Straßenwärter und die Landesverwaltungen insgesamt, wie die Gewerkschaften Verdi und GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) mitteilten. Sie kämpfen seit Jahren für einen Tarifvertrag für die angestellten Lehrer.

Das sagen die Gewerkschaften

Als "Provokation" bezeichnete GEW-Verhandlungsführer Andreas Gehrke den Vorstoß der Arbeitgeber, den "angestellten Lehrkräften einen Tarifvertrag zu diktieren". "Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) vergibt die Chance, mit der GEW gemeinsam einen Tarifvertrag zu gestalten und damit einen historischen Schritt zu gehen. Die Arbeitgeber wollen bisher nichts anderes, als die Besoldungsgesetze der Bundesländer zu nehmen und das Wort 'Tarifvertrag' darüber zu schreiben. Einen Tarifvertrag um jeden Preis wird es mit der GEW aber nicht geben", sagte Gehrke.

Ein Tarifvertrag müsse für die Lehrkräfte Verbesserungen bringen - auch mit Blick auf die Bezahlung, betonte Gehrke. In dem Arbeitgeberpapier könne wegen der unterschiedlichen Besoldungsgesetze der Länder auch von einer Angleichung Ost an West keine Rede sein.

Die GEW erwartet zwar eine hohe Streikbeteiligung. "Aber ich glaube nicht, dass irgendeine Schule völlig bestreikt wird", sagte GEW-Sprecher Berthold Paschert. Betroffen wären weniger die Grundschulen als vielmehr Gymnasien und Berufskollegien.

"Die Arbeitgeber haben kein Lohnangebot vorgelegt und verlangen stattdessen Einschnitte bei der betrieblichen Altersvorsorge", sagte der Verdi-Vorsitzende Frank Bsirske. Jetzt seien die Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben und Dienststellen gefordert, "mit Warnstreiks ein deutliches Signal für ihre berechtigten Forderungen zu setzen".

Wer vom Streik betroffen ist

In den einzelnen Ländern wird an unterschiedlichen Tagen gestreikt, in Berlin etwa ab Dienstag, in Nordrhein-Westfalen von Dienstag bis Donnerstag. Besonders betroffen sind laut GEW auch Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

An vielen Berliner Grundschulen dürfte am kommenden Dienstag Unterricht ausfallen. Betroffen von den Arbeitsniederlegungen sind neben den Berliner Grundschulen auch die zentral verwalteten berufsbildenden Schulen und Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt.

In Nordrhein-Westfalen ist laut GEW geplant, zunächst am Dienstag (3. März) an Schulen im Regierungsbezirk Düsseldorf die Arbeit niederzulegen. Schwerpunkte seien dort Duisburg und die Landeshauptstadt sowie Essen und Wuppertal. Am Tag darauf darauf sollen auch Lehrer in den Bezirken Detmold und Köln in den Warnstreik treten, dann seien die Standorte in Bielefeld und Minden, Herford, Aachen, Bonn und Köln dran. Am Donnerstag endet die Runde in den Bezirken Münster und Arnsberg.

Wenn am Dienstag erste Warnstreiks stattfinden, wird Schleswig-Holstein noch nicht betroffen sein. Dies sagte ein Sprecher der Lehrergewerkschaft GEW Deutschen Presse-Agentur. Im Norden sind von etwa 25 000 Lehrern etwa 2500 im Angestelltenverhältnis und damit streikberechtigt.

Angestellte Lehrer in Niedersachsen und Bremen wollen am Dienstag in einen landesweiten Warnstreik treten. "In Niedersachsen betrifft das rund 19 000 Beschäftigte, neben Lehrern sind dies pädagogische Mitarbeiter und Schulsozialarbeiter", sagte ein GEW-Sprecher. In Hannover soll es in der Innenstadt am Dienstagnachmittag eine zentrale Kundgebung geben.

In Bayern sind in der kommenden Woche noch keine Streiks geplant, wie GEW-Sprecherin Elke Hahn erklärte. Für die darauffolgende Woche seien die Planungen bezüglich Warnstreiks noch nicht abgeschlossen. Auch in Brandeburg sind vorerst keine Warnstreiks geplant.

Forderung nach 5,5 Prozent mehr Gehalt

Worum es bei den Tarifverhandlungen geht

Die Kernforderung der Gewerkschaften lautet 5,5 Prozent mehr Geld, mindestens aber um 175 Euro monatlich bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Hauptgründe für das vorläufige Scheitern sind starke Differenzen über die betriebliche Altersvorsorge und über die tarifliche Eingruppierung der angestellten Lehrer. Die Altersvorsorge ist im öffentlichen Dienst Standard, soll aber wegen hoher Kosten reformiert werden. Die bundesweit 200 000 angestellten Lehrer sollen besser tarifvertraglich abgesichert werden - uneins sind sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Höhe.

Die nächste Runde ist für Mitte März angesetzt. Verhandelt wird für die etwa 800 000 Tarifbeschäftigten der Länder. Die Gewerkschaften fordern zudem eine Übertragung des Ergebnisses auf die etwa zwei Millionen Beamten und Pensionäre.

Was angestellte Lehrer von Beamten unterscheidet

Das Gros der deuschen Lehrer genießt den Beamtenstatus und damit einige Privilegien gegenüber ihren angestellten Kollegen, obwohl sie an derselben Schule arbeiten, den gleichen Arbeitsaufwand und die gleiche Qualifikation haben. So sind Beamte unkündbar, sie werden zum Beispiel im Krankheitsfall länger weiter bezahlt und sind privat krankenversichert. Die Entscheidung über den Beamtenstatus liegt in der Hand der Bundesländer.

Früher war die Einstellung an einer Schule gleichbedeutend mit einer Verbeamtung. Zunehmend suchen Bundesländer allerdings Alternativen. Berlin hat zum Beispiel 2003 beschlossen, künftige Lehrer nicht mehr zu verbeamten, auch Sachsen geht diesen Weg, um zu sparen. Ohne Beamtenstatus sind zudem viele Lehrer, die in den 1980er Jahren zunächst nicht eingestellt wurden, sowie Lehrer, die zunächst an Privatschulen gearbeitet haben, Seiteneinsteiger oder Lehrkräfte, die nur befristet beschäftigt sind.

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